Mitarbeiter kämpfen für Erhalt EU entscheidet über das Ende eines Münchner Traditionsgeschäfts
Aus für ein Traditionsgeschäft? Der Bernsteinladen im Rathaus steht vor dem Aus – sollte das Europaparlament grünes Licht für eine Ausstellung in München geben.
Seit Monaten ist ungewiss, wie es für den "Bernsteinladen im Rathaus" am Münchner Marienplatz weitergeht. Seit 1919 gibt es das Geschäft am Marienplatz, seit 1956 ist es fester Bestandteil der Ladenzeile im Rathaus. Der Laden lebt von Stammkunden, aber vor allem auch von der Laufkundschaft, den Touristenströmen, die der Marienplatz täglich über die Türschwelle des kleinen Ladens spült. Müsste der Laden an einen anderen Ort ziehen, drohen Umsatzeinbußen, sagt Susanne Lutz, eine langjährige Mitarbeiterin.
Beinahe täglich steht sie hinter der gläsernen Ladentheke und setzt sich dafür ein, dass der Laden im Rathaus bleiben kann. Auf der Theke liegt ein Klemmbrett. Lutz sammelt Unterschriften für den Erhalt des Geschäfts. Doch über die Zukunft wird wohl nicht in München entschieden, sondern in Straßburg, im EU-Parlament.
Ein Stück Europa in der Münchner Innenstadt?
Denn dort fällt die Entscheidung für oder gegen das sogenannte "Europäische Haus", das der Münchner Stadtrat in die Innenstadt will. Ein solches gibt es bereits in Berlin. Es soll ein Stück Europa in die Innenstadt bringen, die EU sichtbarer und nahbarer machen, beispielsweise mit einem 360-Grad-Kino, das eine Sitzung im Europäischen Parlament simuliert.
Der Anstoß dazu kam 2020, nachdem mit dem Auszug des Sport Münziger der prominente Standort am Rathauseck frei wurde. Darauf folgte ein Initialbeschluss für das "Europäische Haus" im Rathauseck.
Im Rathaus ist auch die München-Information. Die soll modernisiert und vergrößert werden. Das Rathauseck wäre dafür der perfekte Standort. Wenn aber nun das "Europäische Haus" dort einzieht, muss sich die München Information dort vergrößern, wo sie jetzt ist - zum Nachteil der benachbarten Ladengeschäfte. Denn die müssten weichen.
Hängepartie für den Bernsteinladen
Laut eines Berichts der "Süddeutschen Zeitung" ist die Frequenz in der Anlaufstelle für Münchner und Touristen zwischen 2005 und 2019 von 800 000 auf mehr als eine Million Besucher pro Jahr gestiegen. Eine Vergrößerung ist aus Sicht der Stadt unausweichlich. Doch diese würde das Aus für den rechterhand gelegenen Bernsteinladen bedeuten.
Die Stadt hat dem Bernsteinladen zunächst eine Ausweichmöglichkeit im Ruffinihaus angeboten. Doch dort würde die Laufkundschaft ausbleiben. Zudem, so sagt Susanne Lutz, sei die angebotene Ladenfläche aufwendig und teuer zu renovieren gewesen. Also hat der Bernsteinladen das Angebot der Stadt ausgeschlagen.
Eine offizielle Kündigung der Stadt sei bisher nicht eingegangen, sagt Susanne Lutz. Sie geht davon aus, dass die Stadt aktuell abwartet, wie die Entscheidung des EU-Parlaments ausfällt, also ob das "Europäische Haus" kommt, oder nicht. "Gerade hängen wir in der Luft", sagt Lutz.
- Gespräch mit Susanne Lutz
- sz.de: "Umzugspläne hinter der Rathausfassade"