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München

München: Schüler demonstrieren für Ende von Exen und Abfragen


Online-Petition wird zur Bewegung
Hunderte Schüler protestieren gegen Exen und Abfragen


06.04.2025 - 19:05 UhrLesedauer: 3 Min.
Unangekündigte Tests heißen in Bayerns Bildungswesen "Exen". Eine 17-Jährige hat dazu eine Protestkampagne gestartet. Am Sonntag gab es eine Kundgebung in München.Vergrößern des Bildes
Unangekündigte Tests heißen in Bayerns Bildungswesen "Exen". Eine 17-Jährige hat dazu eine Protestkampagne gestartet. Am Sonntag gab es eine Kundgebung in München. (Quelle: Patrik Stäbler)
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Aus der Online-Petition einer einzelnen Gymnasiastin ist inzwischen eine Bewegung tausender junger Menschen geworden, die Exen und Abfragen im bayerischen Schulsystem abschaffen wollen. Nun sind Hunderte von ihnen in München für ihre Forderung auf die Straße gegangen.

Erst vor zwei Wochen habe es ihn wieder mal erwischt, erzählt Luis. Er sei ausgefragt worden, in Informatik – "und es war schrecklich", sagt der 18-Jährige, der die zehnte Klasse eines Nürnberger Gymnasiums besucht. Zwar habe er am Ende eine Zwei bekommen, doch diese Note sei einhergegangen mit "Angst und Stress" – mithin jene Gefühle, die Luis so oft empfindet, wenn es ums unangekündigte Abfragen und um Stegreifaufgaben geht, die sogenannten Exen.

Aus diesem Grund ist der 18-Jährige heute extra nach München gekommen, um am Wittelsbacherplatz zwischen dem bayerischen Innenministerium und der Siemens-Zentrale zu demonstrieren. Dort haben sich an diesem Tag mehrere Hundert Menschen versammelt, allen voran Schülerinnen und Schüler. Viele tragen Plakate und Fahnen, auf denen der Slogan des Protests prangt: "Bayern legt los. Schluss mit Abfragen und Exen."

Die Kundgebung ist der jüngste Höhepunkt einer Bewegung, die eine Schülerin aus München angestoßen hat – die 17-jährige Amelie, die ihren Nachnamen aus der Berichterstattung heraushalten will. Sie hat vergangenes Jahr eine Petition zur Abschaffung unangekündigter Leistungsnachweise in Bayern gestartet, die seither 53.000 Menschen unterzeichnet haben. Auch Lehrergewerkschaften, der Landesschülerrat und der bayerische Elternverband unterstützen mittlerweile die Aktion.

"Unter Angst lässt sich nicht lernen"

"Abfragen und Exen erzeugen Angst. Und unter Angst lässt sich nicht lernen", sagt Martin Löwe. Der Landesvorsitzende des bayerischen Elternverbands ist heute ebenfalls zum Wittelsbacherplatz gekommen, "weil wir Amelie unterstützen wollen", wie er betont. Die 17-Jährige steigt kurz darauf auf die Bühne, um die Eröffnungsansprache bei dieser Kundgebung zu halten – vor circa 300 Demonstrierenden, was dann doch deutlich unter der ursprünglich erwarteten Teilnehmerzahl von 1.000 Personen liegt.

Sie könne sich noch gut erinnern, sagt Amelie, als sie in der fünften Klasse erstmals ausgefragt wurde. "Mein Herz raste, mein Kopf war leer, und ich fühlte mich völlig ausgeliefert – obwohl ich den Stoff eigentlich konnte." Dieses Gefühl ist auch Marley nur allzu vertraut, der bis vor Kurzem eine Realschule in Dachau besucht hat. Dort habe der Zehntklässler unter dem psychischen Stress durch Exen und Abfragen gelitten, wie er sagt. "Man hatte jeden Morgen Panik, dass es einen heute erwischen kann." Mittlerweile besucht Marley eine Montessori-Schule, die auf unangekündigte Leistungsnachweise verzichtet. "Jetzt sitze ich nicht mehr mit Angst in der Schule", sagt er. "Und meine Noten sind viel besser geworden."

Auch Marley plädiert für eine Abschaffung von Exen und Ausfragen – so wie die meisten jungen Menschen, die sich am Wittelsbacherplatz versammelt haben. Wobei es durchaus auch einzelne Gegenstimmen gibt, etwa von einem Mann, der auf seinem Plakat vor "Kuschelpädagogik" warnt. Und dann ist da ja auch noch jener Politiker, gegen den sich viele der emporgereckten Schilder richten – nämlich Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Schließlich hat er zu Beginn dieses Schuljahrs klargestellt: "Exen und Abfragen werden natürlich bleiben."

Demonstrierende haben genug von Druck im Schulsystem

Damit bremste Söder nicht nur Bayerns Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) aus, die sich kurz zuvor offen für Reformen bei dem Thema gezeigt hatte. Sondern sein Machtwort fiel auch just in jene Zeit, in der Amelies Petition im Netz gerade immer weitere Kreise zog. Und spätestens mit dem kategorischen Nein des Ministerpräsidenten nahm der Protest aus der Schülerschaft dann endgültig Fahrt auf.

"Wir sind wütend, und wir haben auch jedes Recht dazu", betont die 17-jährige Amelie in ihrer Ansprache. Man habe genug von einem Schulsystem, "das uns mit Mitteln aus dem 19. Jahrhundert permanent unter Druck setzt". An diesem Dienstag werde die Petition mitsamt der Unterschriften dem Bildungsausschuss des Landtags übergeben, kündigt Amelie an. Doch auch danach werde der Protest weitergehen. "Was wollen wir?", ruft die 17-Jährige zum Abschluss ihrer Rede den Demonstrierenden zu, die daraufhin im Chor antworten: "Schluss mit Abfragen und Exen!" Und auch auf die Nachfrage, wann dies geschehen solle, ist sich die Menge einig: "Jetzt!"

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort bei der Demonstration
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