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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Münchner zum Wahlergebnis "Gehen die Leute mit Scheuklappen durch die Welt?"
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Deutschland hat einen neuen Bundestag gewählt. Das sagen Menschen in München zu dem Wahlergebnis.
Einen Tag nach Wahl werden die Ergebnisse diskutiert. Auch draußen auf der Straße. Vor allem das Abschneiden der AfD steht dabei im Mittelpunkt. Während die einen die AfD als zweitstärkste Kraft feiern, sind andere schockiert. t-online hat sich umgehört und Menschen auf dem Marienplatz gefragt, was sie von dem Wahlergebnis halten.
Eine Frau lauscht am Montagvormittag um 11 Uhr dem Glockenspiel des Münchner Rathauses. Die 49-jährige Münchnerin lässt sich nur ungern stören. Doch was sie dann zu sagen hat, übertönt sogar das Glockenspiel. Sie ist überzeugte AfD-Wählerin. Für sie ist das Wahlergebnis eine "Katastrophe". Dass Friedrich Merz (CDU) der neue Kanzler werden soll, ist für sie unverständlich. "Wie kann man so blöd sein?", echauffiert sie sich über das Ergebnis. "Gehen die Leute mit Scheuklappen durch die Welt?"
"Scholz ist eine Witzfigur"
Sie ist enttäuscht, dass die Union eine Koalition mit der AfD von Anfang an ausgeschlossen hat: "Wir haben demokratisch entschieden. Also wieso entscheidet dann am Ende nicht auch das Volk, sondern die Politik? Ein Grund, warum sie die AfD gewählt hat: Sie habe schon die ein oder andere schlechte Erfahrung mit Migranten gemacht und fühle sich als Frau alleine nicht mehr sicher.
In Bezug auf die Ampelregierung sagt sie: "So schlimm wie jetzt war es noch nie. Der Scholz ist eine Witzfigur."
"Einige Punkte der AfD sind unvertretbar"
Ein paar Meter entfernt stehen zwei junge Männer vor dem Münchner Rathaus. Ihre Erststimme haben die beiden der CDU gegeben, ihre Zweitstimme der FDP. Dass die AfD an Stimmen zugelegt hat, während die SPD gleichzeitig einen historischen Tiefstand erreicht hat, ist für die beiden nicht überraschend. Sie sind sich einig: "Das Ergebnis war absehbar."
Angesichts des schlechten Wahlergebnisses der SPD glauben die beiden, dass Verteidigungsminister Boris Pistorius bessere Chancen gehabt hätte. Gegenüber dem voraussichtlichen Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sind die beiden Männer positiv eingestellt. Sie hoffen darauf, dass er Themen so umsetzen kann, dass die AfD bei der nächsten Wahl in vier Jahren nicht noch mehr an Stimmen gewinnt.
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"Die SPD stürzt dieses Land ins Chaos"
"Das finde ich gut", sagt ein 57-Jähriger aus Gräfelfing zum Abschneiden der Sozialdemokraten. "Die SPD stürzt dieses Land ins Chaos, weil sie es mit ihren Ideen herunterwirtschaftet", ist seine Einschätzung. Er ist überzeugt, dass auch ein anderer Kanzlerkandidat der Partei keinen Vorteil verschafft hätte.
Dass die Union eine Koalition mit der AfD im Vorfeld ausgeschlossen hat, sieht auch der 57-jährige Münchner kritisch. "Ich finde die Brandmauer schlecht. Die Wähler haben Mitte-Rechts gewählt und das sollten sie auch als Regierung bekommen."
Viel AfD im Osten: "Unzufriedenheit nach der Wende"
Auch ein Tourist aus Thüringen ist am Montagvormittag in München unterwegs. Dass der Großteil der Menschen in Thüringen ihre Stimme der AfD gegeben hat, ist für ihn unverständlich. Was glaubt er, ist der Grund? "Frust. Und die Unzufriedenheit nach der Wende." Viele Menschen dort hätten keine Ahnung von Politik, seien Mitläufer. Die Situation macht ihn ratlos: "Ich weiß nicht, was da in den Köpfen vorgeht. Die Geschichte unseres Landes war schlimm genug."
- Reporterin vor Ort