Bundestagswahl in Bayern CSU gewinnt vor AfD – Freie Wähler gescheitert
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Die CSU wird mit einem stark verbesserten Ergebnis erwartungsgemäß stärkste Kraft in Bayern. Am rechten Rand kann die AfD ihren Stimmanteil mehr als verdoppeln.
Die CSU ist bei der Bundestagswahl in Bayern mit großen Stimmengewinnen stärkste Kraft geworden und hat damit ihren jahrelangen Abwärtstrend beenden können. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis liegen die Christsozialen in den 47 Wahlkreisen nach Angaben des Landeswahlleiters bei 37,2 Prozent – das sind mehr als fünf Prozentpunkte mehr als vor vier Jahren. Aber: Die CSU ist nur mit 44 Abgeordneten im neuen Bundestag vertreten, obwohl ihre Kandidaten bei der Wahl am Sonntag alle 47 bayerischen Wahlkreise gewonnen haben.
Wegen des neuen Wahlrechts kommen drei Direktkandidaten nicht zum Zug, die zwar in ihren Wahlkreisen die meisten Erststimmen holten, dabei im landesweiten Vergleich aber am schlechtesten abschnitten. Dabei handelt es sich um Sebastian Brehm (Wahlkreis Nürnberg Nord), Claudia Küng (München Süd) und Volker Ullrich (Augsburg Stadt).
101 Abgeordnete aus Bayern
Am rechten Rand konnte die AfD ihren Stimmanteil auf 19,0 Prozent mehr als verdoppeln. Einmal mehr enttäuscht in seinem bundespolitischen Ehrgeiz wurde Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger: Laut Landeswahlleiter verloren die Freien Wähler deutlich, der Versuch, über drei Direktmandate in den Bundestag einzuziehen, scheiterte klar.
Insgesamt werden aus Bayern 101 Abgeordnete in den neuen Bundestag entsandt. Das entspricht 16 Prozent der Sitze. Der Freistaat ist damit minimal besser repräsentiert, als es sich rein rechnerisch aus seinem Anteil an den Wahlberechtigten ergeben würde. Ein Grund dafür dürfte die überdurchschnittliche Wahlbeteiligung sein. Der Landeswahlleiter gibt für Bayern 84,5 Prozent an, die Bundeswahlleiterin für Deutschland 82,5 Prozent.
Söder wackelt bei Grünen-Zusammenarbeit
Ungetrübt war die Freude auf der Wahlparty am Sonntagabend in der Münchner CSU-Zentrale dennoch nicht: Die Partei blieb klar unter den eigenen Erwartungen, etliche CSU-Politiker hatten auf ein Ergebnis von an die 40 Prozent gehofft, die letzten Umfragen hatten sogar 42 Prozent erwarten lassen.
CSU-Chef Söder sagte im Bayerischen Rundfunk: "Es dürfte das beste Ergebnis aller Parteien in Deutschland sein." Der Ministerpräsident lehnte wie zuvor im Wahlkampf eine Koalition der Union mit den Grünen ab. Söder sicherte dem CDU-Chef Friedrich Merz zu, dass er und der voraussichtliche nächste Bundeskanzler so eng zusammenarbeiten würden "wie noch nie zuvor, und wir werden alles gemeinsam besprechen".
In der Berliner Runde formulierte Söder dann weicher: "Wir glauben einfach nicht, dass mit den Grünen ein Richtungswechsel zu organisieren ist", sagte er. Auf die Frage, ob es beim kategorischen Nein der CSU zu einer Zusammenarbeit mit den Grünen bleibe, schränkte der Parteichef ein: "Wenn es irgendwie geht, bleiben wir ganz klar dabei." Er wolle dem Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz nicht irgendetwas vorgeben.
AfD feiert sich
Bei der AfD herrschte nach dem großen Erfolg Euphorie: Bei dem "ganzen Widerstand", der der Partei entgegengesetzt worden sei, sei das ein "hervorragendes Ergebnis", sagte der Landesvorsitzende Stephan Protschka im Bayerischen Rundfunk.
Die jüdische Gemeinde reagierte dagegen bestürzt: "Die Befürchtungen sind wahr geworden: Ein Fünftel der Wähler schickt eine rechtsextreme und antisemitische Partei in den Deutschen Bundestag", sagte Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern.
Der bayerische DGB-Vorsitzende Bernhard Stiedl zielte mit seiner Kritik auf CDU und CSU, ohne die Union beim Namen zu nennen: "Wer Migration zum wichtigsten Wahlkampfthema macht, der hilft damit nur der extremen Rechten."
Grüne überholen SPD: Münchens OB Reiter fordert Konsequenzen
Für die SPD – in Bayern seit Jahrzehnten nahezu kontinuierlich schrumpfende Wahlergebnisse gewohnt – war es einmal mehr ein Schreckensabend: Die Partei von Bundeskanzler Olaf Scholz landete in Bayern mit 11,6 Prozent nur noch auf Rang vier und verlor im Vergleich zu 2021 mehr als sechs Prozentpunkte. Offensichtlich sei der Frust über die Ampelregierung sehr groß gewesen, konstatierte die Landesvorsitzende Ronja Endres im BR.
Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter nannte die Niederlage der Sozialdemokraten "desaströs" und forderte personelle Konsequenzen – ohne zu sagen, wen er damit meinte: "Wir müssen ab sofort und ohne die üblichen Allgemeinplätze nach solchen Ergebnissen intern Klartext reden. Und zwar sowohl was Inhalte als auch was das Personal betrifft." Reiter hatte sich im Wahlkampf gegen eine Spitzenkandidatur von Kanzler Scholz ausgesprochen.
Grüne verlieren einziges Direktmandat
Überholt wurden die Sozialdemokraten von den Grünen, die vergleichsweise geringe Einbußen erlitten und mit 12,0 Prozent knapp vor den Sozialdemokraten drittstärkste Kraft im Freistaat wurden. "Viele hatten größere Sorgen vor dem heutigen Abend", sagte im BR der Grünen-Bundestagsabgeordnete Toni Hofreiter. In den Umfragen vor der Wahl hatten die Grünen zwischenzeitlich noch erheblich tiefer gelegen. Die Grünen verloren jedoch auch ihr einziges Direktmandat im Münchner Süden: Dort unterlag die dort 2021 gewählte Jamila Schäfer der CSU-Kandidatin.
Linke holen mehr Stimmen als erwartet – FDP halbiert
Die Linke liegt mit 5,7 Prozent auch in Bayern überraschend gut, die FDP landete mit 4,2 Prozent im Freistaat unter der Fünf-Prozent-Hürde. Das wäre weniger als halb so viel wie 2021.
Stark verloren haben aber auch die Freien Wähler, die laut Landeswahlleiter 4,3 Prozent holten. "Die AfD hat natürlich die Schlagzeilen beherrscht über Monate hinweg, und dagegen angehen zu können, ist eben sehr schwierig", sagte Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger.
Münch: AfD-Erfolg nicht nur auf Protestwähler zurückzuführen
Der Erfolg der AfD ist nach Einschätzung der Politikwissenschaftlerin Ursula Münch nicht nur auf Protestwähler zurückzuführen. Dennoch geht sie davon aus, dass die weitere Entwicklung der Partei von der Arbeit der voraussichtlich unionsgeführten nächsten Koalition in Berlin abhängt. "Das liegt auch daran, wie es der kommenden Bundesregierung gelingen wird, die Probleme zu lösen."
Im Freistaat waren 9,46 Millionen Wahlberechtigte zur Wahl des neuen Bundestages aufgerufen. Laut Landeswahlleiter traten 737 Kandidatinnen und Kandidaten auf 17 Landeslisten und als Direktkandidaten an. 14.000 Ehrenamtliche hatten nach Angaben des Landeswahlleiters dazu beigetragen, dass die Abstimmung reibungslos über die Bühne gehen konnte.
- Nachrichtenagentur dpa