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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Obdachlos oder Bettel-Mafia? So erkennen Sie, wem Sie auf der Straße helfen sollten
Das Problem mit Bettlern im Münchner Stadtgebiet spitzt sich zu. Eine Expertin weiß, was Menschen auf der Straße wirklich hilft – und womit man ihnen schadet.
Der Winter wird kälter und die Weihnachtszeit rückt näher. Kurz vor den Feiertagen steigt in jedem Jahr die Bereitschaft vieler Münchner, anderen etwas Gutes zu tun. Wer würde sich da besser eignen, als die Menschen, die direkt vor der eigenen Haustüre auf der Straße leben? "Hier muss man aufpassen", weiß Anja Sauer. Sie ist die Initiatorin der Münchner Obdachlosen-Hilfe "Aktion Brücke e.V."
Denn: auf den Bürgersteigen und vor den Supermärkten sitzen in München immer häufiger nicht "normale" Obdachlose, sondern Mitglieder einer Bettel-Bande. Die Spenden, die sie einsammeln, dürften die Bettler laut Sauer nicht behalten. Das Geld würde häufig direkt einkassiert und für kriminelle Zwecke verwendet. Im Gespräch mit t-online erklärt die Expertin, woran man erkennen kann, wem man Geld geben sollte – und wem nicht.
Sauer: "Obdachlose meiden belebte Orte"
Einer der Brennpunkte, an denen Händler und Anwohner gehäuft bettelnden Personen begegnen, sind die Straßen rund um den Hauptbahnhof, aber auch am Laimer Platz. Dass sich Münchner Wohnungslose an diesen Orten aufhalten, sei eher unüblich, weiß Anja Sauer: "Die Mitglieder der Bettel-Banden sitzen immer an sehr belebten Plätzen, mitten in der Stadt. Obdachlose hingegen meiden lebhafte Orte und leben lieber zurückgezogen", erklärt sie. "Sie sind froh, wenn sie ihre Ruhe haben und ein paar Stündchen schlafen können".
Außerdem hätte keiner der rund 550 Obdachlosen, die Sauer mit der "Aktion Brücke" regelmäßig auf der Straße betreut, ein "Ich habe Hunger"-Schild vor sich stehen. Dies sei nur unter Mitgliedern von Bettel-Banden üblich. Der Wortlaut auf den Schildern sei hier beinahe immer identisch. Auch das sehr forsche Ansprechen und das verbale Erbetteln von Geld sei für Obdachlose untypisch.
"Spätestens, wenn man die Menschen fragt, ob sie etwas zu Essen möchten und sie stattdessen vehement Geld einfordern, ist das ein klares Zeichen für Bandenkriminalität", weiß die Expertin.
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"Bettler sind die Ärmsten der Armen"
Natürlich hätten auch die Bettler, die den vorwiegend rumänischen Banden in München angehören würden, ein trauriges Schicksal: "Die Menschen, die zum Betteln auf der Straße ausgesetzt werden, sind wirklich die Ärmsten der Armen. Dahinter steht eine riesengroße Organisation", berichtet Anja Sauer. Diese Leute würden zum Betteln gezwungen werden und dürfen nichts von den "erwirtschafteten" Spenden für sich behalten. Auch Essen oder Sachspenden dürften sie nicht entgegennehmen.
"Meist sind sie beauftragt, ausschließlich Geld anzunehmen. Wir haben oft erlebt, wie um die Ecke ein dickes Auto parkt und die Insassen ihre Bettler fest im Blick haben. Sobald etwas gegeben wird, steigen die Hintermänner aus und kassieren ein", berichtet die Initiatorin der Obdachlosenhilfe "Aktion Brücke". Wirklich helfen könne diesen Menschen weder die Initiative noch die Münchner Bevölkerung, so Sauer. "Das ist Aufgabe der Polizei und der Stadt", sagt sie.
So können Sie den Obdachlosen Gutes tun
Wer im Stadtgebiet den heimischen Obdachlosen helfen möchte, solle laut der Expertin am besten "zunächst einmal ein freundliches Gespräch mit ihnen führen" und sie fragen, ob und was sie benötigen. Einfach irgendetwas zu Essen zu kaufen, das sei der falsche Weg.
Wer nicht in den persönlichen Kontakt treten kann oder möchte, hat die Möglichkeit, der "Aktion Brücke" Sachspenden vorbeizubringen. Diese versorgt die Obdachlosen nicht nur jeden Sonntag mit warmen Speisen, sondern stattet sie auch mit Kleidung und Camping-Ausrüstung aus. Am meisten benötigt werden würden wegen der kalten Wintermonate derzeit Schlafsäcke, Jacken und Schuhe. Wer helfen möchte, kann als Ehrenamtler auch jederzeit selbst mitanpacken.
- Gespräch mit Anja Sauer