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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Prozess vor dem Landgericht Münchner wegen Erpressung und Kinderpornografie vor Gericht
Ein 39-jähriger Münchner soll vier Frauen genötigt haben, ihm Nacktbilder zu schicken. Später erpresste er sie mit diesen. Außerdem hatte er Kinderpornos auf seinem Computer.
Am ersten Verhandlungstag war das Gericht auf der Suche nach Motiven für die Taten des Angeklagten. Dieser begründete sie damit, dass er ein wenig erfüllendes Leben habe, keine Freunde und keine erfüllende Freizeit. So sei ihm nur das Leben vor dem Computer geblieben. Dort lud er sich mehrere Kinderpornos herunter und schrieb Frauen auf Datingplattformen an, von denen er sich Nacktbilder schicken ließ, die er später ins Netz stellte, um sie damit zu erpressen. Am Montag musste sich der 39-Jährige deshalb vor dem Landgericht München I unter anderem wegen Nötigung, Erpressung und dem Besitz von Kinderpornografie verantworten.
Zum Zeitpunkt seiner Taten hätte er bereits mehrere Jahre unter dem Einfluss von Medikamenten gestanden, wie er vor Gericht erzählte. Diese hätten seinen "sexuellen Druck" stark erhöht. Der Bürgergeldempfänger, der aktuell in einer Behindertenwerkstatt arbeitet, verbrachte den Großteil seiner Freizeit vor dem Rechner. "Ich bin dann ins Internet und hab' nach allem gesucht", erzählte er. Dabei sei er auf die Links mit den Kinderpornos gestoßen. Er betonte vor Gericht allerdings: "Mir gefallen Frauen. Ich stehe nicht auf Kinder."
Angeklagter gibt sich als Frau aus
Er sei unzufrieden mit seinem Leben gewesen. Mit der Zeit habe er stark zugenommen, nun wiege er um die 150 Kilogramm. Er habe keinen Job, der ihn erfülle, noch dazu sei er nicht finanziell unabhängig. Eine feste Partnerschaft habe er schon lange nicht mehr geführt, sein Aussehen sei dabei auch keine Hilfe. "150 Kilogramm sehen nicht gut aus."
Deshalb konsumierte er im Netz nicht nur Kinderpornos, sondern war auch auf diversen Dating-Apps unterwegs. Unter anderem auf Tinder lernte er Frauen kennen, die er mit Bildern, auf denen er noch deutlich jünger war oder sich als Frau ausgab, austrickste. Er ließ sich Nacktbilder von ihnen schicken – und erpresste sie anschließend damit.
Angeklagter erpresste Frauen mit ihren Nacktbildern
Erstmals drohte er einer der Frauen im Januar 2019, ihre Nacktbilder online zu stellen, wenn sie ihm nicht noch mehr Bilder schicken sollte. Um seiner Drohung Taten folgen zu lassen, erstellte der Angeklagte ein Profil, auf dem das Gesicht der Frau sowie Fotos von ihr in Unterwäsche zu sehen waren.
Zehn Monate später, im November 2019, gab sich der Angeklagte auf seinem Profil als Frau aus und ließ sich von einer anderen Frau erneut Nacktbilder schicken. Anschließend drohte er auch ihr damit, die Fotos zu veröffentlichen, wenn sie ihm keine weiteren Nacktbilder schicken sowie ihm noch zusätzlich 100 Euro zahlen würde.
"Finden Sie das okay, die Bilder einer Frau online zu stellen und dafür Geld zu verlangen?", fragte ihn die Staatsanwältin. Der Angeklagte entgegnete, dass es sowieso schon so viele Nacktbilder im Netz gebe und die Frauen ihm die Bilder freiwillig geschickt hätten. "Man kann jemanden ja auch melden, sperren oder blockieren. Das haben die Frauen nicht gemacht."
Münchner erpresst Frau mit Fake-Profil
Ähnlich ging der Angeklagte auch bei seinem dritten Opfer vor. Im Februar 2020 gab sich der 39-Jährige auf einer Datingplattform erneut als Frau aus. Dabei nutzte er die schwache psychische Verfassung der Geschädigten aus und brachte auch sie laut Anklage dazu, ihm Nacktbilder zu schicken. Drei Tage später schickte er ihr dann mit einem Fake-Profil eine Freundschaftsanfrage auf Facebook, um an ihre Kontakte zu gelangen.
Kurz darauf drohte er der Frau damit, die Nacktbilder an ihre Freunde zu verschicken, wenn sie keinen Geschlechtsverkehr mit ihm haben würde. Die Frau willigte ein. Zu einem Treffen kam es jedoch nicht, weil der Angeklagte wusste, dass sie kein Interesse an Männern hatte. Er sagte ihr deshalb ab. Der vierten Frau schickte der Angeklagte im Juli 2020 ein Video von sich beim Masturbieren.
Urteil noch im Dezember erwartet
Die Staatsanwältin hakte nach und fragte, ob er wisse, dass sein Verhalten falsch war. "Ich habe niemanden verletzt. Es kam ja keine Faust aus einem Computer raus, die jemanden geschlagen hat", lautete seine Antwort. Und: "Ich habe keinem etwas angetan und auch keine Kinder vergewaltigt." Auf Nachfrage des Richters gab er an, immer noch täglich Pornos zu konsumieren und einmal die Woche zu einer Prostituierten zu gehen.
Am Mittwoch findet der zweite Prozesstag am Landgericht München I statt. Insgesamt sind vier Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil soll am 12. Dezember fallen.
- Reporterin vor Ort