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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Bürgermeister Dominik Krause im Interview "Olympische Spiele würden der Stadt guttun"
Ein Großereignis folgt derzeit in München auf das nächste: Noch größere Pläne hat Bürgermeister Dominik Krause. Er will Olympia in die Stadt holen.
Seit Oktober 2023 ist Dominik Krause Zweiter Bürgermeister Münchens und einer der jüngsten Amtsinhaber in der Geschichte der Stadt. Der 33-jährige Grünen-Politiker blickt auf zehn Jahre Erfahrung in der Kommunalpolitik zurück, seine größten Anliegen sind der Klimaschutz und bezahlbares Wohnen. Vergangenen Herbst sorgte der Münchner für Schlagzeilen, weil er das Oktoberfest als "weltweit größte offene Drogenszene" bezeichnete.
Mit t-online hat er unter anderem über München als mögliche Gaststadt für die Olympischen Sommerspiele im Jahr 2040, über eine Kandidatur bei der nächsten Oberbürgermeisterwahl und über sein Verhältnis zu den Wiesn-Wirten gesprochen.
t-online: Herr Krause, in Paris fanden in den vergangenen Wochen die Olympischen Spiele statt. München schielt ebenfalls auf den Posten als Gaststadt. Was halten Sie von der Idee, die Spiele nach München zu holen?
Dominik Krause: Ich spreche mich klar für Sommerspiele in München aus. Wir hatten hier zuletzt ähnliche Events, die European Championships und die Fußball-Europameisterschaft. Die haben eine tolle Stimmung in die Stadt gebracht. Deshalb glaube ich, dass Olympische Sommerspiele in München sehr gut aufgehoben wären, natürlich auch aus historischer Erfahrung: Die letzten Olympischen Spiele in München 1972 haben die Stadt enorm vorangebracht, damals wurde beispielsweise die U-Bahn gebaut. Eine Aufbruchsstimmung wie damals würde der Stadt auch heute guttun – und würde einen Schub geben für unsere aktuellen Verkehrsprojekte, bei denen wir auf Finanzierungszusagen vom Bund warten. Ich denke da insbesondere an die geplante U- Bahnlinie U9. Allerdings hängt die Entscheidung an zwei Bedingungen.
Und die wären?
Zum einen finde ich es wichtig, dass die Spiele nachhaltig sind. Also dass man nicht komplett neue Sport-Infrastruktur baut, die danach verfällt. Wir müssen bestehende Infrastruktur nutzen, und auch dafür ist München prädestiniert. Wir haben schließlich den Olympiapark, den wir jetzt für über eine halbe Milliarde Euro sanieren und dessen Architektur immer noch grandios ist.
Und die zweite Bedingung?
Die Münchnerinnen und Münchner müssen dazu befragt werden.
Eine solche Umfrage gab es bereits für die Olympischen Winterspiele, die Münchner lehnten die Spiele ab.
Auch ich war gegen die Olympischen Winterspiele, genau wie meine Partei. Aber es gibt einen großen Unterschied zwischen Winter- und Sommerspielen. Winterspiele in den bayerischen Alpen wären mit massiven Eingriffen in die Natur verbunden gewesen, man hätte außerdem neue Anlagen schaffen müssen und angesichts des Klimawandels unzählige Schneekanonen. Bei Sommerspielen können wir auf bestehende Infrastruktur zurückgreifen, deshalb ist das aus meiner Sicht etwas gänzlich anderes.
Dominik Krause
Dominik Krause wurde 1990 in München geboren. Er studierte Physik an der Technischen Universität (TU) München und sitzt seit 2014 im Stadtrat. Von 2019 bis 2020 war er Vorsitzender der Münchner Grünen, seit Oktober 2023 ist Krause Zweiter Bürgermeister in München. Mit seinen 33 Jahren zählt er zu den jüngsten Bürgermeistern in der Geschichte der Stadt.
Im Frühling 2026 wählt München einen neuen Oberbürgermeister. Werden Sie kandidieren?
Wir haben die Frage der Spitzenkandidatur parteiintern noch nicht geklärt, das steht im Herbst an.
Als Zweiter Bürgermeister haben Sie ein gewisses Renommee, das Ihnen bei einer möglichen Kandidatur helfen würde. Das sehen in Ihrer Partei sicherlich auch viele so. Wollen Sie sich aufstellen lassen?
Als meine Vorgängerin Katrin Habenschaden aufgehört hat, war der Wunsch der Fraktion, dass ihr Nachfolger grundsätzlich bereit ist für eine OB-Kandidatur. Das gilt auch weiterhin. Als Bürger- oder Oberbürgermeister für die Stadt, in der man geboren und aufgewachsen ist, Politik machen zu dürfen, ist ein absoluter Traumjob.
Bei der Europawahl im Juni haben die Grünen besonders schlecht abgeschnitten, keine Partei verzeichnet zudem so viele Angriffe gegen Politiker wie Ihre. Wie schätzen Sie die Chancen der Grünen bei der Wahl ein?
Wir waren jetzt über einen langen Zeitraum bei den verschiedenen Wahlen stärkste Kraft in München, bei der Europawahl hat uns die CSU auf Platz zwei verwiesen. Das liegt aus meiner Sicht unter anderem daran, dass angesichts der vielen anderen Krisen das Thema Klimaschutz bei vielen Menschen weiter in den Hintergrund gerückt ist. Wir müssen darum künftig besser rüberbringen, dass wir natürlich eine Klimaschutzpartei sind, aber eben nicht nur.
Welche Themen sind Ihnen noch wichtig?
Bezahlbarer Wohnraum steht für mich an aller oberster Stelle. Das zweite große Thema ist Mobilität, gerade der Ausbau des ÖPNV. Für beides geben wir in München Milliarden aus. Bitter finde ich, dass bei manchen Mobilitätsthemen momentan ein richtiger Kulturkampf ausgebrochen ist. An der Frage, wo und wie ein Radweg verläuft, entscheidet sich wirklich nicht der Weltfrieden. Da könnte man ruhig ein bisschen abrüsten, und zwar auf beiden Seiten.
Sie sprechen die Zusammenarbeit in der Koalition mit der SPD an. Mit dieser beziehungsweise dem Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) kracht es immer wieder.
Klar gibt es auch innerhalb der Koalition immer wieder Streit. Ich würde aber sagen, im Vergleich zu anderen Koalitionen, wie zum Beispiel der auf Bundesebene, läuft es bei uns gut. Die allermeisten Entscheidungen werden ohne Streit getroffen, das kriegt die Öffentlichkeit aber nicht so mit, denn spannender ist natürlich, wenn es kracht. Grundsätzlich sollten wir politischen Streit nicht verteufeln, der gehört in einer Demokratie bis zu einem gewissen Punkt dazu.
Es scheint, als würden grüne Themen auf der Strecke bleiben. Das Dieselfahrverbot hat Reiter beispielsweise im Alleingang entschieden.
Beim Dieselfahrverbot ging es um die Frage, was der richtige Weg ist, um die Grenzwerte zu erreichen. Die SPD hat zusammen mit der CSU das Tempo-30-Limit am Mittleren Ring beschlossen. Eigentlich sind wir als Grüne recht aufgeschlossen, was Tempo 30 angeht, aber am Mittleren Ring finde ich das fragwürdig. Ob die Grenzwerte dadurch eingehalten werden, bezweifle ich, aber wir werden es Ende des Jahres sehen. Wenn nicht, dann wird sich der Stadtrat noch mal damit beschäftigen müssen. Und wenn es doch klappt, sind wir alle froh darüber. Denn was häufig vergessen wird: Es geht um den Gesundheitsschutz der Anwohner.
Vieles hängt aber auch von der angespannten Finanzlage ab. Es sind harte Kompromisse auf allen Ebenen notwendig. Wo wollen Sie sparen?
Investitionen sind nötig, um uns gut für die Zukunft aufstellen zu können. Dennoch würde ich auch als Grüner sagen, dass es etwa Radverkehrsprojekte gibt, die wir uns zwar eigentlich vorgenommen haben, aber nicht umsetzen werden können.
Welche zum Beispiel?
Dort, wo es schon passable Rad-Infrastruktur gibt, auch wenn sie nicht perfekt ist. Die Ungererstraße in Schwabing oder die Werinherstraße in Giesing sind solche Beispiele. Gleichzeitig gibt es aber auch Ecken, bei denen die Situation gefährlich für die Verkehrsteilnehmer ist und wo wir nicht länger warten können, wie an der Lindwurmstraße. Aber auch dort setzen wir auf günstigere Varianten als bisher geplant.
Interessanterweise werden immer nur junge Menschen gefragt, ob sie nicht zu jung sind – die älteren aber nie, ob sie zu alt sind.
Dominik Krause
Diesen Sommer spielen zahlreiche international bekannte Künstler in München, allein die Adele-Shows bringen der Stadt eine halbe Milliarde Euro Umsatz. Für diese musste allerdings eine zusätzliche Arena aufgebaut werden, Fans reisen aus ganz Europa an. Wie passt das mit Klimaschutz zusammen?
Diese Konzerte bringen eine tolle Atmosphäre in die Stadt. Und viele Gäste, was natürlich gut für die Münchner Stadtkasse ist. Natürlich würde ich mir wünschen, dass solche Großveranstaltungen noch nachhaltiger werden. Es ist aber auch nicht so, dass gar nichts gemacht wird. An Konzerttagen fährt die U-Bahn zum Beispiel enger getaktet, damit die Leute nicht mit dem Auto anfahren müssen. Und auch immer mehr Bands achten auf Nachhaltigkeit, zum Beispiel Coldplay.
Waren Sie selbst bei einem Konzert von Taylor Swift, Adele, Coldplay und Co.?
Ich war auf Konzerten, aber von weniger bekannten Künstlern.
Sie sind 33 Jahre alt und Münchens Zweiter Bürgermeister, kaum ein jüngerer Mensch hatte vor Ihnen dieses Amt inne. Nervt es Sie, dass Sie so oft auf Ihr junges Alter angesprochen werden?
Nerven ist zu viel gesagt, aber mich wundert, dass es gerade in München ein Thema ist, wo es mit Hans-Jochen Vogel schon mal einen sehr jungen Oberbürgermeister gab – der enorm viel für diese Stadt erreicht hat. Und interessanterweise werden immer nur junge Menschen gefragt, ob sie nicht zu jung sind – die älteren aber nie, ob sie zu alt sind.
Im letzten Herbst standen Sie in der Kritik, weil Sie öffentlich sagten, dass die Wiesn der größte öffentliche Drogenumschlagsplatz der Welt sei. Haben Sie es sich da mit den Wirten verscherzt?
Das war eine mit Augenzwinkern getätigte Aussage, und dieses Augenzwinkern haben schon auch viele verstanden. Mit den Wirten habe ich mich zu einem kleinen Friedensgipfel getroffen und denke, dass das aus der Welt geräumt ist.
Am 21. September startet das Oktoberfest. Was machen Sie an diesem Tag?
Ich bin wie jedes Jahr beim Anstich dabei und freue mich schon auf die erste Maß Wiesn- Bier.
Vielen Dank für das Gespräch.
- Gespräch mit Bürgermeister Dominik Krause
- gruene-fraktion-muenchen.de: Dominik Krause