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München

Bayern | Immobilienpreise am Schliersee: Grünen-Politiker Waas fordert Bußgeld


Ansturm auf Tegernsee und Schliersee
Explodierende Preise: "Da muss man im Lotto gewonnen haben"

InterviewVon Patrick Mayer

24.07.2023Lesedauer: 4 Min.
Interview
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Blick über den Schliersee auf die Gemeinde Schliersee mit der Kirche St. Sixtus (Archivbild): Mit dem Zug erreicht man den Ort ohne Zwischenhalt.Vergrößern des Bildes
Blick über den Schliersee (Archivbild): Die Grundstückspreise liegen aktuell zwischen 1.000 und 2.000 Euro pro Quadratmeter. (Quelle: Plusphoto/imago-images-bilder)

Der Tegernsee und der Schliersee werden von Tagestouristen überrannt, Häuser und Wohnungen sind unerschwinglich geworden. Grünen-Landtagskandidat Gerhard Waas spricht bei t-online über Gegenmaßnahmen.

Nicht nur in München, sondern auch im Alpenvorland explodieren die Immobilien- und Mietpreise. Grünen-Politiker Gerhard Waas will was dagegen tun und bewirbt sich deshalb bei der bayerischen Landtagswahl (8. Oktober 2023) für den Landkreis Miesbach um einen Platz im Maximilianeum. Was ihm vorschwebt, wie seine Heimat Schliersee den Ansturm an Tagesgästen besser lenken könnte, und warum er auf eine Regierungsbeteiligung der Grünen im Freistaat hofft, erklärt Waas im Interview mit t-online.

t-online: Herr Waas, was kostet ein Haus am Schliersee?

Gerhard Waas: Wir sind bei Grundstückspreisen zwischen 1.000 und 2.000 Euro auf den Quadratmeter. Dass Einheimische ein Haus abbezahlen können, wie es vor 20 bis 30 Jahren der Fall war, ist vorbei. Wir hatten in den vergangenen zehn Jahren eine Verdoppelung der Immobilienpreise. Häuser, die vor zehn Jahren 600.000 Euro gekostet haben, kosten jetzt 1,2 bis 1,3 Millionen Euro.

Das betrifft nicht nur die Top-Seelagen am Schliersee oder am Tegernsee?

Die eine oder andere Gemeinde ist etwas günstiger. Irschenberg etwa hat zwar einen Autobahn-Anschluss, ist aber nicht über die S-Bahn an München angeschlossen. Es trifft nicht nur unseren Landkreis, sondern auch Bad Tölz, Rosenheim oder Garmisch-Partenkirchen.

Welche Sorgen äußern die Einheimischen?

Die Eltern machen sich Sorgen, dass ihre Kinder nicht mehr in ihrer Heimat bleiben können. Nehmen wir eine Familie mit drei erwachsenen Kindern: Früher hat zum Beispiel ein Kind das Haus genommen, die Geschwister ausbezahlt und die Eltern gepflegt. Jetzt sind die Häuser plötzlich 1,5 Millionen Euro wert. Wer kann denn zwei Geschwister mit zusammen einer Million Euro ausbezahlen? Da muss man im Lotto gewonnen haben.

Grünen-Politiker Gerhard Waas.
Grünen-Politiker Gerhard Waas. (Quelle: Waas)

Zur Person

Gerhard Waas (Die Grünen) fordert bei der bayerischen Landtagswahl 2023 im Stimmkreis Miesbach die prominente CSU-Politikerin Ilse Aigner heraus. Der 59-jährige Förster setzt sich seit Jahren für umweltpolitische Themen, erneuerbare Energien sowie eine Anreise ohne Auto ins Alpenvorland ein. 2020 verlor er die Bürgermeisterwahl in seiner Heimatgemeinde Schliersee gegen Franz Schnitzenbaumer (CSU). Waas ist Gemeinderat in Schliersee und Kreisrat im Landkreis Miesbach.

Was ist mit den Mieten?

Auf den Quadratmeter zahlen Sie geschätzt 15 Euro aufwärts Warmmiete, bei Neuverträgen teilweise noch deutlich mehr, in Holzkirchen zum Beispiel 17 Euro Kaltmiete. Gut, dass viele Vermieter nicht an die Grenzen gehen, sondern auf ihre Mieter schauen. Aber generell muss man sich fragen: Wie soll man sich hier künftig das Wohnen leisten können? Viele beschweren sich bei der Lokalpolitik, wir sollen doch Einheimischen-Projekte machen.

Aber?

Die Gemeinde Schliersee hat nur noch wenig Raum, der bebaut werden kann. Wir sind teilweise Landschaftsschutzgebiet, nach dem See kommen sehr schnell steile Hänge. In Warngau oder Hausham sieht es besser aus. Aber: Selbst dann sind Sie bei Grundstücken bei 500 bis 600 Euro auf den Quadratmeter.

Im gesamten Alpenraum gilt als Problem, dass viele Wohnungen als Ferienwohnungen vermietet werden.

Wenn bei uns jemand baut, gibt es eine Erstwohnungspflicht. Diese gilt 15 Jahre. Wenn aber jemand hier seinen Erstwohnsitz anmeldet und die Wohnung doch nur als Ferienwohnung nutzt und die Post an seinen wirklichen Wohnsitz umleiten lässt, bekommen wir das nicht mit. Dann haben wir zwar einen Bürger, der Steuern zahlt, sich aber nicht für das Gemeinwohl einbringt, bei der Freiwilligen Feuerwehr oder in Sportvereinen. Kürzlich wurde in Schliersee ein neues Sportheim gebaut. Tausende freiwillige Arbeitsstunden der Einheimischen sind da reingeflossen.

Was wollen Sie also für diese Einheimischen tun?

Eine Lösung ist der kommunale Wohnungsbau. Dieser wird vom Freistaat mit 30 Prozent der Gesamtkosten inklusive Baugrundstück bezuschusst. Für 60 Prozent erhalten die Gemeinden ein zinsverbilligtes Darlehen. Will die Gemeinde Grund kaufen, liegt die Fördergrenze immerhin bei 1.000 Euro auf den Quadratmeter. Aber: Den Gemeinden fehlt Personal. Hier pfeifen wir aus dem letzten Loch. Dennoch: Der Bau von Mehrfamilienhäusern durch kommunalen Wohnungsbau wäre ein ganz wichtiger Schritt. Noch ein Beispiel: Wir haben etliche ältere Leute im Ort, die in einer 200-Quadratmeter-Villa leben. Die verlieren sich in diesen Häusern. Wie wäre es mit Mehrgenerationenhäusern?

Bürgermeister Franz Schnitzenbaumer (CSU) erklärte im Interview mit t-online, dass Schliersee die Zweitwohnsitzsteuer deutlich anheben will.

In Schliersee haben wir schon eine hohe Zweitwohnsitzsteuer. Die Eigentümer zahlen zwölf Prozent der geschätzten Jahreskaltmiete. Das wird manchen abschrecken, der hier ein paar Wochen im Jahr Urlaub machen will. Aber richtig vermögende Investoren, die irgendwo große Summen parken wollen, nicht. Problematisch wird es, wenn eine Wohnung im Jahr genauso viel Geld bringt, wenn man sie nur drei Monate als Ferienwohnung vermietet, als wenn man sie das ganze Jahr an Einheimische vermietet.

Auch der Ansturm von Tagestouristen ist groß. In Italien werden mancherorts Gästezahlen begrenzt. Ein Modell für den Tegernsee und den Schliersee?

In Deutschland kann ich mir das nicht vorstellen. Wir haben ein freies Betretungsrecht. Was wir aber machen können, ist Besucherlenkung, zum Beispiel, indem wir Parkplätze besser bewirtschaften. Wenn Leute einfach ihr Auto in irgendeine Wiese stellen, muss das spürbare 200 Euro Bußgeld nach sich ziehen. Wir haben im Landkreis 100.000 Einwohner und manchmal 70.000 Tagesgäste. In Miesbach haben wir einen Aldi, einen Rewe und einen Baumarkt, deren Parkplätze am Sonntag leer stehen. Von dort aus könnten wir Shuttle-Busse in die Berge schicken. Dann hätten wir keine Autoschlange mehr von Miesbach bis an den Spitzingsee. Es gab an den Straßen diese Schilder, auf denen stand: 'Wir wollen euch Münchner nicht.' Aber: Der Tourismus hat Wohlstand in diese Gegend gebracht.

Für Sie gilt es, Ihre Pläne in die Landespolitik einzubringen. Wie wollen Sie das konservative Bollwerk aus CSU und Freien Wählern durchbrechen?

Ich bemerke, dass sich bei Herrn Söder (Ministerpräsident Markus Söder, CSU, d. Red.) was tut. Er ändert seine Sprache. Als Förster habe ich mit konservativen Menschen zu tun. Ich bemerke, dass Hubert Aiwanger (bayerischer Wirtschaftsminister) mit seiner Stammtisch-Sprache bei vielen überzogen hat. Wir haben noch drei Monate bis zur Wahl. Wir Grünen können vielleicht noch zwei, drei Prozent besser werden und die CSU sowie die Freien Wähler verlieren je zwei Prozent. Ich bin sehr gespannt auf unsere nächste Regierung.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Gerhard Waas
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