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München

Landtagswahl | Susanne Seehofer: "Was mich an Söder stört, ist der Populismus"


Interview
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Seehofer-Tochter übt Kritik
"Was mich an Söder wie an Aiwanger stört, ist der Populismus"

InterviewVon Alexander Spöri

Aktualisiert am 07.10.2023Lesedauer: 6 Min.
imago images 0303222319Vergrößern des Bildes
Susanne Seehofer: Sie ist überzeugt vom Wiedereinzug der FDP in den bayerischen Landtag. (Quelle: IMAGO/B. Lindenthaler)

Susanne Seehofer will für die FDP in den Bayerischen Landtag einziehen. Was die Tochter von Ex-CSU-Chef Horst Seehofer vorhat – und was sie von Markus Söder hält.

Susanne Seehofer ist die Tochter des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chefs Horst Seehofer. Im Herbst tritt die stellvertretende Münchner Stadtvorsitzende der FDP als Kandidatin für den Landtag an. Ob sie den Einzug ins Parlament am 8. Oktober schafft, ist noch völlig unklar: Nach den neuesten Umfragen kommt die FDP auf gerade einmal drei bis vier Prozent. Im Gespräch mit t-online erklärt die 31-jährige Mutter, wie sie es in den Landtag schaffen will und kritisiert – wie damals schon ihr Vater – den Charakter Söders.

t-online: Frau Seehofer, verraten Sie uns doch, warum Sie in die Politik gegangen sind.

Susanne Seehofer: Mir reicht es nicht, mich nur von der Seitenlinie über die Politik zu beschweren. Ich meine, man sollte besser selber anpacken, mitmischen und Dinge verändern, die einen stören. Ich bin politische Quereinsteigerin, aber empfinde das als Wahnsinnsvorteil, weil ich Berufserfahrung habe und was von Wirtschaft verstehe. Als junge Mutter kenne ich aber auch die Alltagssorgen der Menschen. Das ist in der Politik ganz wichtig.

Ihr Vater Horst Seehofer ist bekanntlich ehemaliger CSU-Chef. Warum haben Sie sich für die FDP entschieden?

Ich war schon immer ein politischer Mensch. Den letztendlichen Anstoß, der FDP beizutreten, gab es schon in der Schulzeit. Da ist mir bewusst geworden, dass die FDP meine politische Heimat ist, weil es da wie bei keiner anderen Partei darauf ankommt, wo jemand im Leben hinwill und nicht, wo jemand herkommt.

Wie kam das bei Ihrem Vater an?

Er hat gefragt, ob ich mir das wirklich antun will. Er freut sich allerdings, dass seine Tochter politisch aktiv ist und für ihre Ideale einsteht. Ich glaube, was uns eint, ist, dass wir beide das Beste für Bayern wollen – auch wenn wir politisch oft verschiedener Meinung sind.

Nerven Sie die Vergleiche mit Ihrem Vater eigentlich?

Ich bin die Tochter von Horst Seehofer, aber nicht sein politisches Ziehkind. Ich möchte mit meinen Ideen und Inhalten überzeugen und bin optimistisch, dass ich das den Bürgerinnen und Bürgern in München und in ganz Oberbayern vermitteln kann. Deshalb bin ich mit mir total im Reinen.

Auf Bildern sieht man sie zusammen mit FDP-Chef Christian Lindner und anderen prominenten Politikern. Ganz ehrlich: Wären Sie in derselben Position ohne den Nachnamen Seehofer?

Ich halte nicht viel von Konjunktiven. Ich habe mein Leben selbst in die Hand genommen, mich angestrengt, an der Uni wie auch später im Beruf. Sie können mir glauben: Ich habe im Leben nichts geschenkt bekommen. Man muss im Übrigen nicht Seehofer heißen für ein Foto mit Christian Lindner.

Männer sind immer noch in der Überzahl in wichtigen politischen Ämtern. Ist die Zeit für die erste Ministerpräsidentin in Bayern gekommen?

Für mich kommt es darauf an, wer es am besten kann. Ob die Person weiblich oder männlich ist, ist mir egal.

Aber auf Ihrem T-Shirt, das Sie gerade tragen, ist zu lesen: "The Future is Female" – also "Die Zukunft ist weiblich". Das hat doch eine gewisse Aussagekraft.

Ich finde es wichtig, darauf aufmerksam zu machen: Wir brauchen Frauen in Führungspositionen, in der Politik, aber auch im Handwerk. Wir werden als Freie Demokraten in Bayern ab dem Herbst eine Doppelspitze haben – eine Frau und einen Mann. In München haben wir in den neun Stimmkreisen fünf Kandidatinnen, also mehr als die Hälfte. Und wir kriegen das ganz ohne Quote hin!

Vor einer Landtagswahl sind viele Termine zu absolvieren. Wer kümmert sich im Wahlkampf um Ihr Kind?

Würden Sie diese Frage auch einem Mann stellen? Es geht leider nicht nur über die öffentlichen Betreuungsangebote – wir haben einen eklatanten Mangel an Erzieherinnen und Erziehern. Deshalb brauche ich zusätzliche Unterstützung, zumal Politik häufig am Abend und am Wochenende stattfindet. Ich habe das Glück, dass mein Mann und ich ein sehr modernes Familienbild leben und er mich da auch wahnsinnig unterstützt. Und dann hab ich ja noch meine Eltern.

Das heißt, Ihr Vater Horst Seehofer kümmert sich auch um Ihr Kind, wenn Sie mal wieder unterwegs sind?

Ja, das kommt vor.

In den aktuellen Umfragen steht die FDP bei drei bis vier Prozent in Bayern. Wie sehen Sie Ihre Chancen bei der Wahl?

Umfragen sind nur Momentaufnahmen. Die FDP hat sehr gute Chancen, im Oktober wieder in den Bayerischen Landtag einzuziehen. Das ist mein erstes großes Ziel. Mein zweites großes Ziel ist, dass die FDP ab Herbst in Bayern mitregiert.

Zu Ihren Wahlkampfthemen: Wie wollen Sie Wohnen bezahlbarer machen?

Bauen muss bezahlbarer werden, und Wohnen darf auf keinen Fall zum Luxus werden. Wir kennen alle das Projekt von Markus Söder. 10.000 Wohnungen hat er versprochen. Laut einer BR-Recherche werden es bis Ende 2024 weniger als 700 sein. Besser als der Hashtag "Söder isst", mit dem der Ministerpräsident die Menschheit auf Instagram beglückt, wäre mal der Hashtag "Söder liefert". Die einzig richtige Antwort auf den Wohnungsmangel ist: Bauen, bauen, bauen.

Sie arbeiten bei BMW und setzen sich dort für Nachhaltigkeit ein. Klimaschutz und ein Automobilkonzern, wie passt das zusammen?

ÖPNV, Schiene und Fahrrad sind sicher wichtig. Ein ganz zentraler Verkehrsträger ist und bleibt aber die Straße. Die Menschen wollen die individuelle Mobilität – auch mit dem Auto. Wir können doch nicht den Tausenden Pendlerinnen und Pendlern die Mobilität wegnehmen. Wir dürfen keinen Kulturkampf gegen das Auto führen, sondern wir müssen das Auto so nachhaltig wie möglich machen – das ist der richtige Ansatz.

Was halten Sie vom Dieselverbot in München?

Ein Dieselfahrverbot in der Stadt München bringt rein gar nichts. Das gängelt nur die arbeitende Bevölkerung. Das darf nicht sein. Aufwand und Ertrag stehen beim Dieselverbot in keinem Verhältnis.

Wie stehen Sie zum geforderten Tempolimit?

Die Auswirkungen eines Tempolimits auf den Klimawandel wären marginal. Die meisten Autofahrer fahren ohnehin nicht schneller als 130, auch weil es Spritkosten spart. Wir sollten da unseren mündigen Bürgerinnen und Bürgern vertrauen, statt immer nur mehr Verbote zu fordern.

Sind Sie nach der Cannabis-Legalisierung offen dafür, weitere Drogen freizugeben?

Nein, für die Legalisierung weiterer, härterer Drogen bin ich nicht offen. Ich konsumiere kein Cannabis und werde das auch in Zukunft nicht tun. Zur Wahrheit gehört aber, dass Cannabis Teil unserer Gesellschaft ist wie Nikotin und Alkohol. Das Verbot allein bringt nichts. Mir ist es viel lieber, wenn Cannabis-Konsumenten künftig nicht mehr bei einem zwielichtigen Dealer auf dem Schwarzmarkt einkaufen müssen, der ihnen dann noch viel gefährlichere Drogen andreht. Darum geht es mir.

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Wenn Sie es doch nicht in den Landtag schaffen, was machen Sie dann?

Wenn man Mitglied bei der FDP ist, dann liebt man das Abenteuer. Ich mache mein Engagement nicht davon abhängig, ob wir mal eine Wahl gewinnen oder nicht. Mein Herz schlägt auch dann für die liberale Sache.

Laut aktueller Umfragen stehen die Zeichen auf eine Fortsetzung der Koalition zwischen der CSU und den Freien Wählern. Was halten Sie eigentlich von Söder und seinem Koalitionspartner?

CSU und Freien Wählern geht es nur noch um ein Wirken in Bildern, auf dem Instagram-Kanal präsent zu sein, immer einen Fotografen dabei zu haben, in vollen Sälen fotografiert zu werden. Aber das reicht doch nicht. Wo sind die eigenen Lösungen? Meine Schule in Ingolstadt sieht immer noch aus wie vor 15 Jahren, als ich dort Abitur gemacht habe. Das WLAN funktioniert nicht, der Chemiesaal ist gesperrt, weil es von der Decke tropft. Michael Piazolo hat auf ganzer Linie versagt, nicht nur, als er die Schulen im Corona-Lockdown im Stich gelassen hat. Was mich an Söder wie an Aiwanger stört, ist der Populismus. Die Tendenz, nicht das Richtige zu tun, sondern zuerst die öffentliche Meinung abzuklopfen und dann das Populäre zu tun. Das entspricht nicht den Anforderungen an gute, charakterlich starke Politiker.

Frau Seehofer, vielen Dank für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Susanne Seehofer
  • Eigene Recherchen
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