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München

München keine Intensivbetten: Sanitäter sehen Corona-Kollaps mit Ansage


Krankenhäuser am Limit
Münchner Sanitäter: Corona-Kollaps kam mit Ansage


23.11.2021Lesedauer: 4 Min.
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Pflegekräfte in Agatharied behandeln einen Covid-Patienten auf der Intensivstation (Archivbild): Die Lage in Bayern spitzt sich zu.Vergrößern des Bildes
Pflegekräfte in Agatharied behandeln einen Covid-Patienten auf der Intensivstation (Archivbild): Die Lage in Bayern spitzt sich zu. (Quelle: Imagebroker/imago-images-bilder)

In München laufen die Intensivstationen mit Corona-Patienten voll. Das trifft auch Rettungssanitäter, die mit Erkrankten weite Umwege fahren müssen. Interne Chats zeigen, dass es das Problem der Überlastung in der Isarmetropole schon seit Jahren gibt.

Samstagabend im oberfränkischen Hof: Ein Intensivtransportwagen steht im Dunkeln auf einer Straße mitten in der Stadt. Das Spezialfahrzeug mit einem Corona-Patienten an Bord, der beatmet werden muss, war kurz zuvor mit einem entgegenkommenden Auto kollidiert. Rettungskräfte in Schutzanzügen müssen den Patienten in einen großen Feuerwehr-Lkw umladen, um ihn ins Klinikum Hof zu bringen.

Nicht nur in Hof, in ganz Bayern müssen intensivpflichtige Corona-Patienten immer öfter in andere Krankenhäuser gebracht werden, weil es nicht mehr genügend freie Betten gibt. Einsatzkräfte bringt das mehr und mehr an ihre Grenzen. Dabei besteht das Problem der Überlastung der Sanitäter nicht erst seit Corona.

Münchner Rettungssanitäter: Krankenhausbettsituation schon vor Corona angespannt

t-online liegt das Chatprotokoll von Münchner Rettungssanitätern vor. Es sind Zeilen, die Zündstoff bergen und das nicht zuletzt in der vierten Welle der Coronavirus-Pandemie. Darin geht es unter anderem um die Reanimation eines Patienten. "Anmeldung internistischer Schockraum plus Intensivstation gestaltete sich wohl aufgrund der in München insgesamt angespannten Krankenhausbettsituation schwierig", heißt es darin. Und weiter: "Deshalb Fahrt von Feldmoching-Hasenbergl nach Pasing."

Feldmoching, im Norden der Isarmetropole gelegen, und Pasing, der westlichste Stadtteil, liegen knapp 16 Kilometer auseinander. Die Viertel sind getrennt durch zwei Autobahnen (A99 und A8) sowie den dichten Stadtverkehr, die Strecke ist gespickt mit mehreren Baustellen. Diese Zitate stammen vom 9. März 2018, "also lange vor Corona", wie einer der Rettungssanitäter schreibt.

Corona in München: Intensivstationen laufen mit Patienten voll

Ein zweiter Sanitäter erwidert in dem Chat: "Man darf nicht vergessen, dass Schwabing bereits vor Corona acht Intensivbetten mangels Fachpersonal" aufgegeben habe. Mit Schwabing ist das gleichnamige Krankenhaus ebenfalls im Norden der Stadt gemeint – das wesentlich näher an Feldmoching liegt.

Es dürfte eine Reanimation am Limit gewesen sein, die sich an jenem Märztag auf den vollgestopften Straßen der bayerischen Landeshauptstadt zutrug. Heute, mehr als zweieinhalb Jahre später, ist ganz München am Limit.

Münchner Intensivmediziner warnen nun wegen rasant steigender Corona-Zahlen eindringlich vor einem Kollaps des Gesundheitssystems. Um weitere Intensivbetten für Covid-Patienten zu blocken, müssen planbare Operationen bis in den April hinein verschoben werden.

So soll laut einer Prognose der Uni Freiburg im Auftrag des Robert Koch-Instituts (RKI) die Zahl der Corona-Intensivpatienten in Bayern bis zum 4. Dezember auf geschätzt 1.750 anwachsen. Es wären doppelt so viele wie noch Mitte November.

Zum Vergleich: Laut Intensivregister der "Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin" (DIVI) lagen am 22. November bundesweit 1.971 Corona-Patienten auf Intensivstationen.

"Unter laufender Reanimation auf der Suche nach Krankenhaus"

Dass die Lage besonders in München so dramatisch ist, trotz riesiger Krankenhäuser in Großhadern oder des Klinikums rechts der Isar, überrascht einen weiteren Rettungssanitäter nicht. Der 29-Jährige, der namentlich nicht genannt werden will, erzählt t-online von prägenden Einsätzen.

Wie er und seine Kollegen "unter laufender Reanimation auf der Suche nach einem Krankenhaus mit freiem Platz durch die halbe Stadt gefahren sind. Das ist in München ein Normalzustand, nicht erst seit Corona", sagt er. Die Pandemie habe die Situation jedoch drastisch verschärft.

Als Beispiel nennt er einen Einsatz im Herbst 2020 in einem Pflegeheim für Senioren in München-Schwabing. Er und seine Kollegen hätten in "Vollmontur mehrere Patienten aus der Demenzstation geholt, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben", erzählt er. Und weiter: "Eine über 90-jährige Frau hat noch im Rettungswagen so schnell hochgefiebert, so was habe ich noch nie gesehen".

Rein in die Schutzkleidung, keinen Zentimeter vergessen, unter Zeitdruck, stark schwitzend, die Patientin stabilisieren, mit Blaulicht und Sirene ins Krankenhaus fahren – es sind Rettungsfahrten an der absoluten Belastungsgrenze. Und teils auch darüber hinaus.

Intensivstationen in München: "Einfach voll" mit Corona-Patienten

Die nächsten Wochen werden in der bayerischen Metropole mit ihren rund 1,6 Millionen Einwohnern neue, traurige Maßstäbe setzen. Daran lassen Lokalpolitiker und Mediziner gleichermaßen keinen Zweifel. "Ganz viele Menschen stecken sich derzeit in München an", hatte Oberbürgermeister Dieter Reiter am Wochenende in der Sendung "Sonntags-Stammtisch" im "Bayerischen Rundfunk" erzählt: "Wir sind einfach voll".

23 der 24 Corona-Patienten, die am Sonntag auf Münchner Intensivstationen lagen, seien ungeimpft, erklärte der SPD-Politiker. Dass die Krankenstationen in der Landeshauptstadt "voll" sind, betrifft auch das oberbayerische Umland.

So musste jüngst ein Covid-Patient aus Freising, rund 40 Kilometer nordöstlich gelegen, unter Beatmung über 350 Kilometer nach Meran in Südtirol transportiert werden, weil im Umkreis kein Intensivbett mehr verfügbar war. In München werden nun endgültig sämtliche Kapazitäten geblockt. In der Hoffnung, dass es ausreicht.

Neben den Betten geht es dabei vor allem um die personelle Umschichtung von Fachpersonal. "Es droht ein Kampf ums Intensivbett", sagte unlängst Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) beim Landesparteitag der Sachsen-CDU in Dresden. Der Kampf hat München erreicht, seinen Regierungssitz. Es ist eine Corona-Katastrophe, die sich offenbar angebahnt hat.

Verwendete Quellen
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