Jamila Schäfer Ihr Grünen-Sieg in München ist ein Debakel für die CSU
Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Die erst 28-jährige Studentin Jamila Schäfer gewinnt das erste Münchner Direktmandat in der Geschichte der Grünen. Ihr Erfolg bei der Bundestagswahl spiegelt die Schlappe der CSU wider.
Es ist ein winziger grüner Punkt. Wer sich die Direktmandate aus den Wahlkreisen nach der Bundestagswahl 2021 auf einer Deutschland-Karte anschaut, sieht ein in tiefes Schwarz getauchtes Bayern. Bis auf diesen kleinen grünen Punkt aus München.
Hier, in der Isarmetropole, hat sich im Süden die erst 28-jährige Studentin Jamila Schäfer für die Grünen gegen den 49-jährigen Rechtsanwalt Michael Kuffer von der CSU durchgesetzt. Das Ergebnis zwischen Giesing, Sendling und Thalkirchen hat eine enorme Signalwirkung: Die CSU hat in der Landeshauptstadt ihre Vormachtstellung endgültig verloren. Es hatte sich schon mit dem desaströsen Ergebnis bei der bayerischen Landtagswahl 2018 im Wahlkreis Mitte (nur 15,7 Prozent) angedeutet.
Erstes Direktmandat für die Grünen in München
Warum? Weil die Partei den drängenden Themen der Großstadt mit ihren fast 1,6 Millionen Einwohnern nicht mehr gerecht wird. Wohnungsbau, bezahlbare Mieten, ausreichend Kita-Plätze – die Fragen, die Hunderttausende Einwohner direkt betreffen, bespielen in München die Grünen und die SPD. Die CSU tut das nicht. Sie hat sich ausgeruht auf den Erzählungen über Franz Josef Strauß und auf ihrem Selbstverständnis als bayerische Volkspartei. Frei nach dem Motto: Wir werden schon irgendwie gewählt! Von wegen!
Jetzt gab es den Denkzettel einer bunten, weltoffenen und klimaorientierten Großstadtgesellschaft. Die Zahlen dazu: Die CSU holte nur 23,8 Prozent der Zweitstimmen, die Grünen zogen mit einem Anteil von 26,0 Prozent vorbei. Das wäre früher undenkbar gewesen. Nur hauchdünn verpasste Grünen-Kandidat Dieter Janecek im Wahlkreis München-Mitte/West ein weiteres Direktmandat. Das von Jamila Schäfer war das erste ihrer Partei im Freistaat überhaupt.
Jamila Schäfer: Grünen-Erfolg setzt CSU in München unter Druck
"Es stimmt nicht, dass München nur reich ist. Wir haben hier viele Menschen, die sich ihre Wohnungen nicht mehr leisten können. Das ist ein großes soziales Problem", sagte Schäfer wenige Tage vor der Bundestagswahl im Interview mit t-online: "Wir müssen als Stadtgemeinschaft diese Herausforderungen zusammen angehen, mit unserem Münchner Selbstbewusstsein."
Sie hat jetzt die Chance, wichtige Ziele in Berlin voranzutreiben. Zum Beispiel Subventionen des Bundes für den sozialen Wohnungsbau. Für die Menschen in München. Die CSU muss dagegen tunlichst zusehen, dass sie die Großstädter an der Isar nicht komplett verliert.