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München

80 Drogentote in München: Hilfsorganisationen fordern Konsumräume


Konsumräume gefordert
80 Drogentote in München: Hilferuf vom Marienplatz


21.07.2025 - 18:25 UhrLesedauer: 3 Min.
Olaf Ostermann vom Verein Condrob.Vergrößern des Bildes
Olaf Ostermann vom Verein Condrob auf dem Marienplatz: Er ist davon überzeugt, dass offene Drogenkonsumräume helfen würden. (Quelle: Patrik Stäbler )
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80 drogenbedingte Todesfälle in München im vergangenen Jahr – sie hätten verhindert werden können. Davon ist ein Bündnis aus Hilfsorganisationen überzeugt.

Es ist ein abstoßender Anblick – und das soll es auch sein: Die früher mal weiße Toilettenschüssel ist mit Kot beschmiert, auf dem verdreckten Boden liegen gebrauchte Spritzen und Fixerbesteck. In solch einer Umgebung, etwa auf einer Bahnhofstoilette, müssten Drogensüchtige in München mitunter ihrem Konsum nachgehen, sagt Olaf Ostermann von der Hilfsorganisation Condrobs. Und er fügt hinzu: "Wenn dort eine Falschdosierung stattfindet, ist oft niemand da, der helfen kann." Und das hat bisweilen fatale Folgen.

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In den vergangenen zwölf Monaten sind in München 80 Menschen infolge des Drogenkonsums verstorben. Um an sie zu erinnern, hat ein Bündnis aus Hilfsorganisationen und Anlaufstellen an diesem Montagvormittag auf den Marienplatz geladen – am Internationalen Gedenktag für verstorbene drogenkonsumierende Menschen.

Die Namen sämtlicher Drogentoter

Auf einem großen Plakat sind die Vornamen sämtlicher Drogentoter in München aufgelistet. Darunter Pia, Reiner, Nicolaos, Holger, Katja und viele mehr. Neben dem Plakat steht ein zerteilter Maibaum, dessen weiß-blaue Stangen mit Stacheldraht verbunden sind, an denen 80 schwarze Schleifen hängen – eine für jeden Verstorbenen. Diese Zahl haben die Veranstalter selbst ermittelt, anhand von Abfragen bei Hilfseinrichtungen und Praxen, die Ersatzdrogen verabreichen.

Sie liegt deutlich über der offiziellen Statistik. Das habe damit zu tun, dass diese sich auf Menschen fokussiere, die direkt beim Drogenkonsum versterben, etwa durch eine Überdosis, sagt Ostermann. Unberücksichtigt blieben dabei jedoch etliche Süchtige, die an den Langzeitfolgen ihres Konsums sterben.

In Notfällen schnell eingreifen

Ostermann ist überzeugt, dass einige dieser Sterbefälle hätten verhindert werden können. Etwa durch Angebote wie Drogenkonsumräume, die in anderen Bundesländern erlaubt sind, gegen die sich die Bayerische Staatsregierung jedoch seit Jahrzehnten sperrt. Was einen zurück zur verdreckten Toilette bringt, die an diesem Tag zu Anschauungszwecken auf dem Marienplatz aufgebaut ist.

Direkt daneben hängen Fotos aus einem Drogenkonsumraum in Berlin, die das krasse Gegenteil zeigen: ein sauberes, helles und warmes Zimmer mit Tischen und Stühlen. Und vor allem: mit einer medizinischen Aufsicht, die in Notfällen schnell eingreifen kann. Ostermann ist überzeugt: "Solche Konsumräume würden sicher dazu beitragen, die Zahl der verstorbenen Menschen zu senken."

"80 Tote sind zu viel"

Ganz ähnlich sieht das Münchens 3. Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD). Sie spricht bei der Gedenkaktion in Vertretung von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), dem Schirmherrn der Veranstaltung. Sie steht dabei auf einer kleinen Bühne, vor der ein schwarzer Sarg aufgestellt wurde – als Symbol für die Verstorbenen. Dietl betont: "80 Tote sind zu viel. Das macht mich traurig – auch, weil es nicht so viele hätten sein müssen."


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Es wäre schön, wenn der Freistaat sich endlich an unsere Seite stellt und den Weg für Drogenkonsumräume freimacht.


Münchens Bürgermeisterin verena dietl (SPD)


Die Bürgermeisterin fordert nicht nur mehr Engagement in der Aufklärung und Prävention. Sondern sie spricht sich auch für Drogenkonsumräume in München aus sowie für das sogenannte Drug-Checking – also die Möglichkeit für Konsumenten, ihre Drogen auf deren Zusammensetzung analysieren zu lassen, um dadurch Vergiftungen und Überdosierungen zu verhindern. "Die Stadt sagt seit Jahren, dass sie sich dafür einsetzt", sagt Dietl. "Und es wäre schön, wenn der Freistaat sich endlich an unsere Seite stellt und den Weg für Drogenkonsumräume freimacht."

Ministerin: Das gefährde die Rechtssicherheit

Wobei die SPD-Politikerin nur zu gut weiß, dass dies in absehbarer Zeit kaum passieren wird. Denn seitens der Staatsregierung werden Konsumräume weiterhin abgelehnt, wie Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) Ende Mai bei der Vorstellung der überarbeiteten Grundsätze zu Sucht und Drogen betonte. Gerlach erläuterte damals: "Hauptargument bleibt der Widerspruch, dass der Besitz und Erwerb von bestimmten Drogen strafrechtlich zu verfolgen ist, deren Konsum aber in solchen Einrichtungen staatlicherseits toleriert würde." Die Duldung derartiger rechtsfreier Räume gefährde die Rechtssicherheit und Rechtsgleichheit.

Diese Argumentation kann Ostermann nicht nachvollziehen. "Drogenkonsumräume sind keine Spaßräume und animieren nicht zum Konsum", betont er. "Sie sind ein medizinisches Hilfsangebot und bieten einen Platz für Menschen, die süchtig sind und deshalb konsumieren müssen."

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
  • stmgp.bayern.de: Pressemitteilung vom 19.5.2025
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