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Landgericht München verhandelt Tötungsdelikt von vor 25 Jahren


Mord oder Totschlag?
Landgericht verhandelt Tötungsdelikt von vor 25 Jahren


21.01.2025 - 15:32 UhrLesedauer: 3 Min.
Der Angeklagte vor dem Landgericht mit seinem Anwalt Ahmed Adam.Vergrößern des Bildes
Der Angeklagte vor dem Landgericht mit seinem Anwalt Ahmed Adam. (Quelle: Patrik Stäbler )
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Er soll seine Frau getötet und ihren Suizid vorgetäuscht haben. 25 Jahre nach der mutmaßlichen Tat beginnt nun der Prozess gegen den Mann.

Bis hierhin hat der Angeklagte durchgängig die Dolmetscherin angeblickt, die neben ihm auf der Anklagebank im Münchner Strafjustizzentrum sitzt. Doch nun dreht sich der 57-Jährige erstmals zum Vorsitzenden Richter um, der ihn soeben nach seinem Familienstand gefragt hat, und antwortet auf Deutsch: "Witwer."

Vor fast 25 Jahren ist seine damals von ihm getrennt lebende Ehefrau in ihrer Wohnung gestorben. Was anfangs wie ein Suizid aussah, war tatsächlich Mord – davon ist zumindest die Staatsanwaltschaft München I überzeugt. Ihr zufolge ist die damals 28-Jährige von ihrem Ehemann erdrosselt worden. Deshalb muss sich der 57-Jährige jetzt vor dem Landgericht München I verantworten – ein Vierteljahrhundert nach der Tat.

Er war damals 20, sie gerade einmal 15 Jahre alt

Der Angeklagte lauscht regungslos, sein Gesicht auf die rechte Hand gestützt, der Staatsanwältin. Sie verliest die Anklageschrift, die detailliert die Leidensgeschichte des Opfers beschreibt. Laut Staatsanwaltschaft wurden die beiden 1987 in ihrer türkischen Heimat verheiratet – "von ihren sehr konservativen und traditionsverhafteten Familien".

Er war damals 20, sie gerade einmal 15 Jahre alt. Wenig später musste das Mädchen nach Deutschland ziehen, wo sie mit ihrem Mann bei dessen Familie lebte, zusammen mit vier Töchtern, die sie ab 1991 kurz hintereinander gebar. Ihre Schwiegerfamilie habe die Mutter "als eine Art Sklavin" gehalten und sie "gedemütigt, beleidigt und geschlagen", so die Staatsanwältin. "Die schlimmsten Misshandlungen" seien jedoch von ihrem Ehemann ausgegangen, der Drogen nahm, mit ihnen dealte und zahlreiche Affären unterhielt.

Der Angeklagte habe die Frau über Jahre hinweg verprügelt, gedemütigt und vergewaltigt – bis sie 1997 mit dreien ihrer Kinder in ein Frauenhaus floh. Ein Jahr später sei die Mutter in eine Sozialwohnung gezogen, wo sie ein zunehmend selbstbestimmtes Leben führte – ohne Kopftuch, mit einem Job und bald auch mit einem neuen Partner.

Anfang 2000 sollte die Scheidung vollzogen werden

Anfang 2000 habe die Frau beschlossen, die bereits eingereichte Scheidung zu vollziehen – und teilte dies ihrem Noch-Ehemann mit. Dieser war der Staatsanwältin zufolge jedoch "aufgrund seines Besitzdenkens nicht bereit, den gefassten Entschluss zur endgültigen Trennung zu akzeptieren". Daher habe er beschlossen, "seine Ehefrau zu töten und sich auf diesem Weg für ihre Trennung von ihm zu rächen und sie zugleich für die Beziehungsaufnahme zu einem anderen Mann zu bestrafen".

Am 18. Februar 2000 soll der Mann laut Anklageschrift mit einem unbekannten Komplizen in die Wohnung der Frau eingedrungen sein und sie dort erdrosselt haben. Danach habe er eine Schlinge um ihren Hals gelegt, die er an einem Schrankknauf befestigte, um einen Suizid vorzutäuschen. Allerdings geriet der Mann unter Verdacht und wurde festgenommen. Doch aus Mangel an Beweisen kam er wieder auf freien Fuß. Genau daran erinnert der Verteidiger des Angeklagten, der eine Erklärung für seinen Mandanten verliest.

Vorwurf lautete einst auf Totschlag

Demnach lautete der Vorwurf der Staatsanwaltschaft damals auf Totschlag – eine Tat, die mittlerweile verjährt wäre. Nunmehr jedoch gehe die Anklage von Mord aus, so der Verteidiger. "Es bedarf nur wenig Fantasie, um den Grund für diese rechtliche Bewertung zu durchschauen." Schließlich verjährt Mord nie. Dabei seien im Vergleich zu den damaligen Ermittlungen kaum neue Erkenntnisse hinzugekommen, sagt der Verteidiger, dessen Mandant weder Angaben zur Person noch zu den Vorwürfen machen will.

Das einzig Neue ist dem Anwalt zufolge die Aussage eines Bekannten des Mannes, der sich wegen seines schlechten Gewissens bei der Polizei gemeldet habe. Dort teilte er den Ermittlern mit, dass der 57-Jährige ihm gegenüber die Tat gestanden habe mit den Worten: "Ich habe sie getötet. Sie ist tot. Es ist vorbei." Nach dieser Aussage sind die Ermittlungen offenbar wieder aufgenommen worden, die nun also zum Prozess geführt haben.

Das Gericht steht jetzt vor der Aufgabe zu klären, ob die Hinweise auf eine Täterschaft des Mannes eine Verurteilung wegen Mordes rechtfertigen. Für den Prozess sind 13 Verhandlungstage angesetzt; ein Urteil könnte Ende April fallen.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
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