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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Neues Angebot Gratis-Rikschas sorgen für Konkurrenzkampf
München testet ein neues Verkehrskonzept für die Innenstadt mit E-Rikschas und Mikrobussen. Es gibt nicht nur Lob, sondern auch Kritik an dem Pilotprojekt.
Der Fahrtwind bläst Gabriele Katterloher sanft ins Gesicht, von oben scheint die Sonne herab, und zu ihrer Linken spitzt vom Odeonsplatz die leuchtend gelbe Theatinerkirche herüber. "Das ist wirklich angenehm. Man ist schneller als zu Fuß, aber langsamer als mit dem Fahrrad – ein gutes Tempo, um sich umzuschauen", sagt die Münchnerin und lehnt sich zurück in die Polster der Rikscha, in der sie heute erstmals in ihrem Leben Platz genommen hat.
Über ihrem Kopf prangt auf dem Dach des Gefährts der Schriftzug "AltstadtMobil". Und darunter: "Jetzt gratis testen." Tatsächlich ist die Fahrt mit der E-Rikscha vom Stachus zum Marienplatz für Gabriele Katterloher kostenlos. Denn als eine der ersten Kundinnen überhaupt nutzt sie an diesem Tag ein neues Angebot der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) speziell fürs Stadtzentrum.
Genauer gesagt sind es sogar zwei Angebote: Zum einen jene E-Rikschas, von denen fünf Stück täglich von 7 bis 24 Uhr innerhalb des Altstadtrings unterwegs sind und dort wahlweise über eine Webseite gebucht, wie ein Taxi herangewunken oder an zwei Standplätzen am Odeonsplatz und am Stachus bestiegen werden können.
Auch elektrisch betriebene Sechssitzer
Zum anderen umfasst das Pilotprojekt eine Mikrobus-Ringlinie: Von Mittwoch bis Samstag zwischen 8 und 22 Uhr drehen elektrisch betriebene Sechssitzer ihre Runden in der Innenstadt – entlang von 21 Haltestellen, teils sogar durch die Fußgängerzone, vorbei an Marienplatz, Frauenkirche, Viktualienmarkt, Isartor und Sendlinger Tor. "Mit dem 'AltstadtMobil' ermöglichen wir noch mehr Menschen den Besuch im Herzen unserer Stadt", sagt Bürgermeister Dominik Krause (Grüne). Damit schaffe man nicht nur mehr Teilhabe für Menschen, die nicht so gut zu Fuß sind, sondern unterstütze auch den Einzelhandel.
Vorerst läuft das neue Angebot freilich nur im Testbetrieb: Die E-Rikschas kutschieren ihre Kundschaft bis zum 18. September durch die Innenstadt; genau einen Monat länger sind die Mikrobusse unterwegs. Während des Probelaufs werde man untersuchen, "wie viele Menschen das Angebot in Anspruch nehmen, wie sich die Fahrzeuge, Routen und Haltestellen eignen und vieles mehr", heißt es von der MVG. "Auf dieser Basis kann über einen möglichen Dauerbetrieb in der Zukunft entschieden werden."
Rickschafahrer fürchten die kostenlose Konkurrenz
"Ich freue mich sehr, dass wir nun ein völlig neues und innovatives Angebot auf die Straße bringen", sagt der städtische Mobilitätsreferent Georg Dunkel über die E-Rikschas und E-Busse. Sein Kollege im Rathaus, Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner, blickt auf die Hoffnungen, die viele Geschäftsleute mit dem neuen Service verbinden: Gute Erreichbarkeit sei ein wesentliches Kriterium für den Besuch von Praxen, Gaststätten oder kulturellen Einrichtungen im Zentrum.
Bei so viel Begeisterung über das Pilotprojekt, das im Testzeitraum mit 650.000 Euro zu Buche schlägt, gibt es aber auch Kritik an den neuen Angeboten. So hält, kaum hat man als Fahrgast in der E-Rikscha Platz genommen, eine weitere Rikscha direkt neben dem Gefährt – und zwar von einem der vielen privaten Anbieter. "Ganz super!", ruft er sarkastisch herüber und reckt den Daumen. "Dass es das jetzt von der MVG gratis gibt."
Rickschafahrer fürchten die kostenlose Konkurrenz
Tatsächlich fürchten viele Rikschafahrer in München die kostenlose Konkurrenz. Und diese Sorgen könne er auch verstehen, sagt Michael Stilz von Rikschaguide – jener Firma, die den neuen Fahrdienst im Auftrag der MVG anbietet. Allerdings sei dieser nur für Kurzfahrten von A nach B gedacht, betont Stilz. "Wenn jemand einsteigt und sagt, 'Zeig mir mal München', dann verweisen wir ihn an die privaten Rikschafahrer."
Diese könnten durch das neue Angebot sogar profitieren, glaubt Michael Stilz. "Wenn wir jemanden ins Café fahren, und er erlebt dabei das Feeling in der Rikscha, dann bucht er später womöglich eine Sightseeing-Tour bei einem privaten Anbieter."
Gabriele Katterloher jedenfalls ist von ihrer Premierenfahrt in der Rikscha angetan. "Ich fand's richtig gut", sagt die Münchnerin, nachdem sie kurz vorm Marienplatz ausgestiegen ist. "Ich denke, ich werde das demnächst wieder nutzen."
- Reporter vor Ort
- Pressemitteilung der MVG