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Künstliche Intelligenz: Debatte an der TU München – Forscher warnen


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Debatte an der TU
Künstliche Intelligenz: "Da ist Deutschland um Jahre zurück"

Von Patrik Stäbler

20.06.2024Lesedauer: 3 Min.
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Tasten einer beleuchteten Tastatur (Symbolbild): An der Technischen Universität München (TUM) befassen sich zahlreiche Spitzenforschende mit dem Thema KI. (Quelle: Sebastian Gollnow/dpa)

Ist Künstliche Intelligenz ein Fluch oder Segen? Forscher an der TU München diskutieren in der Pinakothek der Moderne.

Der Papst und McDonald's, sie haben dieser Tage beide Schlagzeilen gemacht, und zwar mit dem gleichen Thema – nämlich Künstlicher Intelligenz, kurz: KI. So warnte das Oberhaupt der katholischen Kirche beim G7-Gipfel in Italien vor den möglichen Folgen des rasanten technologischen Fortschritts in dem Bereich: "Es scheint, als würden der Wert und die tiefe Bedeutsamkeit einer der grundlegenden Kategorien des Westens verloren gehen: die Kategorie der menschlichen Person."

Nur einen Tag nach Papst Franziskus' Appell an die Staatenlenker, meldete sich auf der anderen Seite des Atlantiks McDonald's ebenfalls zu Wort. So kündigte der Fast-Food-Riese nach einem zweijährigen Testlauf in 100 Schnellrestaurants an, dass man Bestellungen am Drive-thru-Schalter künftig von Chatbots annehmen lassen wolle.

Hier Fehlentwicklungen, in denen Maschinen unser Menschsein infrage stellen; dort eine auf Big Mac und Pommes spezialisierte KI: Zwischen diesen beiden Polen dringt Künstliche Intelligenz zunehmend in unseren Alltag ein – mal leise schleichend, mal krachend laut. Mit welchem Ausgang? Und welchen Folgen? Über diese Fragen haben nun vier KI-Experten der Technischen Universität München (TUM) bei einem "Gesellschafts-Talk" vor 300 Zuhörern in der Pinakothek der Moderne in München diskutiert.

"Schon bald wird jeder seine eigene KI haben"

"Wir stehen am Anfang einer Revolution, die unser aller Leben substanzieller verändern wird als die Dampfmaschine, der Strom oder das Internet", konstatierte der Verleger und Autor Florian Langenscheidt als Moderator der Veranstaltung. Er prognostizierte, "dass schon bald jeder von uns seine eigene KI haben wird, die uns rund um die Uhr zur Verfügung steht. Dieser Assistent wird uns unterstützen, unser Tutor sein und uns dezent durchs Leben leiten."

Langenscheidts steilen Thesen – ihm zufolge ist KI "schon jetzt nicht mehr kontrollier- und steuerbar" – wollten sich die Professorinnen und Professoren der TUM nicht voll und ganz anschließen. "KI ist ein Instrument – und nicht ein Musiker", betonte etwa Robotik-Experte Sami Haddadin. Man müsse sich das vorstellen wie bei einer Coverband, "die sämtliche Musik der Welt gespeichert hat, und dann, wie ein Pawlowsches Hündchen, Musik erzeugen kann, wie wir sie noch nie gehört haben – deshalb finden wir das so interessant."

Kann KI fühlen?

Dennoch müsse der Fokus vielmehr auf den Daten liegen, mit denen KI gefüttert werde, forderte Haddadin. Er betonte: "Wir sind es, die gestalten. Wir entwickeln die Zukunft." Ähnlich äußerte sich Alena Buyx, TUM-Professorin für Medizinethik und bis vor Kurzem Vorsitzende des Deutschen Ethikrats. Dass KI ein Bewusstsein entwickeln und zu komplexen Gefühlsempfindungen wie Einsamkeit fähig sein werde – "davon sind wir im Augenblick noch ein ordentliches Stück entfernt", sagte Buyx. Und das sei auch gut so: "Ich bin der Meinung, dass wir uns bestimmte Dinge, die auch etwas Körperliches haben, bewahren sollten."

KI sei eine "Dual-Use-Technologie", die sowohl zum Segen als auch zum Verderben der Menschheit eingesetzt werden könne, befand die Professorin. "KI kann die Forschung an Krebs-Medikamenten drastisch beschleunigen, doch dasselbe Ding kann das auch mit toxischen Biowaffen." Wobei die Menschheit durchaus über Erfahrung mit Dual-Use-Technologien verfüge – "angefangen vom Feuer und bis zur Atomkraft".

ChatGPT bring Bildung für alle

Auf die Auswirkungen von KI im Bildungssystem ging die Informatikerin Enkelejda Kasneci ein. Technologien wie ChatGPT würden das Wissen demokratisieren. Umso wichtiger sei, dass junge Menschen den Umgang mit KI frühzeitig lernen. Hier liege jedoch vieles im Argen, kritisierte Enkelejda Kasneci. "Natürlich braucht es neue Curricula in den Schulen. Aber die müssen erst mal so ausgestattet sein, dass sie mit den neuen Tools umgehen können." Und da sei Deutschland im Vergleich zu den Nachbarländern um mehrere Jahre zurück.

Nachholbedarf gebe es hierzulande auch am "Mindset", monierte derweil der Rechtswissenschaftler Urs Gasser. "Wir haben eine hohe Risikoaversion, Misserfolg wird stigmatisiert." Diese Einstellung sei mit ein Grund, weshalb Europa im Vergleich zu den USA und China im Bereich KI nur eine Nebenrolle spiele. "Dieses Mindset zu ändern", betonte Urs Gasser, "ist die zentrale Herausforderung."

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
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