Münchner Yfood vor Gericht Vollwertige Mahlzeit oder nur Verbrauchertäuschung?
Die Münchner Firma Yfood wehrt sich gegen den Werbelügen-Vorwurf: Die Stadt München hat sogar ein Bußgeld erlassen. Vor Gericht treffen beide Seiten aufeinander.
Auf der Vorderseite der Flasche prangt in fetten Lettern der Slogan "This is Food" – auf Deutsch: Das ist Essen. Und darunter der Hinweis: "Ausgewogene Trinkmahlzeit". Auf der Rückseite hingegen wird es ungleich unübersichtlicher. Hier ist eine Nährwerttabelle mit allerlei Vitaminen und Mineralstoffen abgedruckt, daneben eine Zutatenliste, die in ihrer Gänze wohl nur ausgebildete Chemiker verstehen.
Doch genau diese Angaben sind der Anlass, weshalb am Mittwochvormittag im Saal 4 des Münchner Verwaltungsgerichts gestritten wird. Konkret geht es um die Trinkmahlzeiten der Firma Yfood, die 2018 in der Fernsehsendung "Die Höhle der Löwen" groß rauskam und inzwischen ein millionenschweres Unternehmen ist, an dem der Branchenriese Nestlé fast 50 Prozent der Anteile hält.
Yfood: Vor Gericht droht eine Niederlage
Die Gründer des Münchner Unternehmens, Noel Bollmann und Benjamin Kremer, lassen sich im Gericht von Anwälten vertreten und erscheinen nicht persönlich. Ihre Firma liegt im Clinch mit der Stadt München, nachdem diese mehrere Bußgeldbescheide erlassen und auch Strafanzeige gestellt hat – wegen Verstößen gegen Vorgaben zur Kennzeichnung von Lebensmitteln. Gegen diese Sanktionen der Stadt haben Yfood und seine Gründer geklagt.
Auch wenn das Gericht noch kein Urteil verkündet hat, so deutet der Verlauf der mündlichen Verhandlung darauf hin, dass der Firma in einigen Punkten eine Niederlage droht. Anlass für die Bußgelder waren Untersuchungen der städtischen Lebensmittelkontrolle, die mehrere Yfood-Produkte in den Geschmacksrichtungen "Alpine Chocolate", "Cold Brew Coffee" und "Vegan Vanilla" unter die Lupe nahm.
Yfood-Trinkmahlzeiten: 40 Beanstandungen in drei Jahren
Das Ergebnis: In den Trinkmahlzeiten waren teils erheblich größere Mengen von Nährstoffen wie Kalium, Calcium, Phosphor oder Jod enthalten, als auf der Verpackung stand. Der Vertreter des für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Kreisverwaltungsreferats spricht vor Gericht von 40 Beanstandungen in den letzten drei Jahren.
In einem "Extremfall" sei fast die fünffache Menge des Mineralstoffs Mangan festgestellt worden, als laut Nährwerttabelle in dem Produkt enthalten sein sollte. "Der Verbraucher erwartet, dass die Kennzeichnung stimmt", betont der Vertreter der Stadt. Demgegenüber verweist der Yfood-Anwalt auf "Schwankungen, die relativ hoch sind und verschiedene Gründe haben". So enthielten die Trinkmahlzeiten auch natürliche Stoffe wie Kaffeeextrakt oder Kakaopulver, deren Nährstoffgehalte naturgemäß variierten.
Yfood: "Kein Fall von Irreführung, sondern falsche Angabe"
"Das ist kein Fall der Irreführung, sondern eine falsche Angabe", so der Anwalt. Das Gericht scheint dies jedoch anders zu sehen. "Wenn eine Angabe nicht zutreffend ist, dann ist sie irreführend", stellt die Vorsitzende Richterin klar. Zudem betont sie: "Wir sehen das nicht uneingeschränkt als etwas Positives, wenn die Mengen die Angaben nicht unter-, sondern überschreiten."
Hinzu komme, dass die umfangreiche Nährwerttabelle mit Angaben bis auf die Kommastelle "den Eindruck erweckt, man hätte das genau unter Kontrolle", sagt die Richterin. Dies sei jedoch offenbar nicht der Fall. In einem weiteren Punkt tendiert das Gericht dagegen zur Ansicht der Firma. Hierbei geht es um die Frage, ob in der Zutatenliste des Produkts "Yfood Fresh Berry" ergänzende Bezeichnungen in Klammern verwendet werden dürfen – etwa "Maltodextrin (Mais)" oder "Lecithin (Sonnenblume)".
Die Stadt sieht dies als unzulässigen Werbeeinschub. Nach der vorläufigen Einschätzung des Gerichts könnten diese Angaben jedoch dem Interesse der Verbraucher dienen, da sie mitunter die Quelle einer bestimmten Zutat erfahren wollten. Wie am Rande der Verhandlung bekannt wird, befindet sich Yfood noch in weiteren Rechtsstreitigkeiten mit der Stadt – etwa die Formulierungen "ausgewogene Trinkmahlzeit" und "Milchmischgetränk" betreffend.
Yfood beschäftigt mehr als 200 Mitarbeiter
Ungeachtet dessen liegt die Firma auf einem rasanten Wachstumskurs. So beschäftigt Yfood inzwischen mehr als 200 Mitarbeiter; laut eigenen Angaben lag der Umsatz im Vorjahr bei 120 Millionen Euro. Im stark wachsenden Markt für Trinkmahlzeiten, die vor allem bei jungen Menschen beliebt sind, ist Yfood hierzulande Branchenprimus. Konkurrenten sind etwa die britische Firma Huel, Saturo aus Österreich und die Allgäuer Molkerei Ehrmann.
Während Yfood damit wirbt, "schnelle Mahlzeiten für eine bessere Ernährung" anzubieten, sehen Verbraucherschützer die Trinkmahlzeiten durchaus kritisch. Laut dem Verein Foodwatch handelt es sich hierbei "schlicht um Milch mit Wasser und ein paar zugesetzten Vitaminen, Mineralien und Süßstoff", die bei einem Preis von vier Euro je Flasche "überteuert" verkauft werde. Und auch die Verbraucherzentrale Bremen warnt davor, Mahlzeiten regelmäßig durch Trinknahrung zu ersetzen – auch wegen des sozialen und psychologischen Effekts des Essens. So schreiben die Verbraucherschützer: "Essen ist Kultur, Essen ist Genuss, und Essen kann eine Ruhe bringende Insel im stressigen Alltag sein."
- Reporter vor Ort bei der mündlichen Verhandlung im Verwaltungsgericht München
- yfood.eu: "Die Story von Yfood und dem ,Goldenen Windbeutel' vom 2.6.2023
- foodwatch.org: "Goldener Windbeutel 2023: Verbraucher:innen wählen dreisteste Werbelüge des Jahres – fünf Produkte von Yfood, 3 Bears, Intersnack und Mondelez nominiert" vom 1.6.2023
- verbraucherzentrale-bremen.de: "Schütteln statt Kochen – sind Mahlzeitenersatzgetränke eine Alternative?" vom 8.3.2021