Neuer Wirbel um Usmanow Tegernsee-Oligarch trickste wohl Finanzverwaltung aus
555 Millionen Euro Steuern soll der Freund von Wladimir Putin in Deutschland hinterzogen haben. Offenbar auch durch eine Täuschung des Einwohnermeldeamts.
Zwei Tage nach Beginn der Razzien in den zahlreichen Besitztümern des russischen Oligarchen Alischer Usmanow werden weitere Details über seine mutmaßlichen Versuche der Steuerhinterziehung bekannt. Der "Spiegel" berichtet in seiner aktuellen Ausgabe, dass Usmanow zeitweise seinen Wohnsitz in einer Immobilie der deutschen Finanzverwaltung hatte.
Dort wohnte der milliardenschwere Russe wohl nicht wirklich, so stand es aber zumindest in der Datenbank des Einwohnermeldeamts. Wie ist das möglich? Dem Bericht zufolge hatte Usmanow, dem gute Verbindungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin nachgesagt werden, demnach bei einem bayerischen Einwohnermeldeamt angegeben, zwischen Ende April 2015 und Ende April 2016 in einer Villa im Münchner Nobelviertel Bogenhausen gelebt zu haben.
Wie der "Spiegel" berichtet, gehörte und gehört das Anwesen der Bundesfinanzverwaltung. Angemietet wurde es demnach bereits 1989 durch das Münchner Konsulat der Russischen Föderation. Das Vorgehen könnte Usmanow bei seiner mutmaßlichen Steuerhinterziehung geholfen haben.
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300 Ermittler an deutschlandweiter Razzia beteiligt
Am Mittwoch und Donnerstag hatten deutschlandweit rund 300 Kriminalbeamte in mehreren Anwesen und Besitztümern, die Usmanow zugeordnet werden, Durchsuchungen durchgeführt. Gegen den 69-Jährigen wird wegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche ermittelt. Laut "Spiegel" werfen ihm Ermittler vor, mehr als 555 Millionen Euro an Steuern hinterzogen haben – bei den Ermittlungen soll es sich um eines der größten Steuerstrafverfahren gegen eine Einzelperson in Deutschlands Kriminalgeschichte handeln.
Zudem haben die Ermittler nach Informationen eines t-online-Reporters und der Nachrichtenagentur dpa einen Anfangsverdacht wegen des Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz: Usmanow soll nämlich mitGeld, das eigentlich durch EU-Sanktionen eingefroren war, eine Sicherheitsfirma weiter bezahlt haben, die die Anwesen am Tegernsee abschirmte, die ihm zugeordnet werden.
Ein Sprecher Usmanows wies die Vorwürfe der Ermittler gegenüber dem "Spiegel" zurück, die russische Botschaft wollte den Bericht nicht kommentieren. Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine wird "Putins Lieblingsoligarch" auf der EU-Sanktionsliste geführt. An t-online ließ Usmanow kürzlich ausrichten, er fühle sich am Tegernsee "wie zu Hause".
Laut "Forbes"-Magazin wird das Vermögen Usmanows aktuell auf rund 14,6 Milliarden Euro geschätzt. Derzeit halte sich der Oligarch im Ausland auf, vermutlich in Usbekistan, so der "Spiegel".
- Reporter vor Ort
- Vorabmeldung des "Spiegel" (kostenpflichtig): 39/2022, Seite 64
- Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa