Nach Eskalation in München Feier-Exzesse im Englischen Garten – Polizei will hart durchgreifen
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.In München bevölkern in der Corona-Pandemie an warmen Tagen Zehntausende Menschen den Englischen Garten. Es kommt zu Randalen von Jugendgruppen und Ärger mit der Polizei, die im Sommer strikt durchgreifen will. Das ist aber nicht das einzige Problem.
Seit 1792 ist er die "grüne Lunge" der einst königlichen Residenz: der Englische Garten in München. Zwischen Altstadt, Lehel, Maxvorstadt und Schwabing erstreckt sich der tiefgrüne Stadtpark über rund 3,75 Quadratkilometer, ist damit größer als der Hyde Park in London oder der Central Park in New York. Die Münchner schwärmen von ihrem "E-Garten", wie sie ihren naturbelassenen Rückzugsort im Stadtjargon nennen.
Schon vor der Corona-Pandemie war der Englische Garten in warmen Sommermonaten berstend voll. Auf der Karl-Theodor-Wiese treffen sich riesige Gruppen Jugendlicher und junger Erwachsener, es wird Badminton gespielt, flaniert und geflirtet. Etwas weiter, im Schwabinger Bach und im Eisbach, baden die Einwohner mitten in der Stadt, darunter auch die "Nackerten", im E-Garten stört sich schließlich niemand an FKK.
Problemzone nicht nur in der Corona-Krise?
Zur Harmonie stießen schon lange vor der Covid-19-Krise jedoch vermehrt negative Schlagzeilen. Denn: Immer wieder gibt es Probleme mit randalierenden Jugendgruppen. Mitte Mai eskalierte die Lage völlig. Die Polizei kam in Mannschaftsstärke auf die Karl-Theodor-Wiese, weil ein 14-jähriges Mädchen offenbar sexuell belästigt wurde.
Erneut war die Wiese voller Jugendlicher, diesmal aber bewarfen sie die Polizisten mit Flaschen und anderen Gegenständen. Es kam zu Festnahmen, 19 Beamte wurden verletzt. Ein Video, das Flaschenwürfe auf Beamte und den Einsatz von Pfefferspray durch die Polizei zeigt, ging auf Instagram viral. Der Englische Garten, Münchens neue Problemzone?
Personenkontrollen an Zugängen
Im zweiten Corona-Sommer rückt das Thema verstärkt in den Fokus. "Die Polizei hat in Gesprächen mit der Bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung angeregt, ein zeitlich und örtlich begrenztes Alkoholverbot für den Südbereich des Englischen Gartens zu erwägen", erklärt die Polizei München auf Anfrage von t-online. Und weiter: "Als Zeitraum wurde 18 Uhr bis 6 Uhr morgens vorgeschlagen."
Es wäre ein weiterer Eingriff in die Freiheitsrechte der Bürger. Neben randalierenden Jugendlichen treffen sich hier, zwischen Universität und Odeonsplatz, schließlich auch völlig friedlich Tinder-Dates, Studenten, die auf Examen anstoßen, oder einfach nur Einwohner, die ein Feierabendbier trinken wollen. Das Thema polarisiert bei Social Media entsprechend gewaltig, die Störenfriede werden in Beiträgen verbal hart angegangen. Dabei gilt ohnehin ein Alkoholverbot – eigentlich.
"Die Voraussetzung hierfür ist, dass andere Personen bereits belästigt werden", erklärt die Polizei. Und dennoch wird konsumiert wie auf einer Festwiese. Die Münchner Beamten wollen weiter strikt durchgreifen, fordern dafür "ein zeitlich und örtlich befristetes Alkoholverbot" und damit die Möglichkeit, Kontrollen "bereits bei den Zugängen im Englischen Garten durchführen zu können". Personengruppen, "von denen Störungen oder Aggressionen zu erwarten sind", sollen verstärkt kontrolliert werden, gegen "Personen, die unbelehrbar oder uneinsichtig sind", Platzverweise ausgesprochen werden.
Vorbereitung auf nächsten Ansturm
Streifenwagen am Kiosk Milchhäusl oder am Chinaturm? Es ist eine höchst knifflige Gemengelage, das wissen auch die Behörden. "Alle beteiligten Stellen sind sensibilisiert und beobachten die Entwicklung sehr genau", erklärt die Bayerische Schlösserverwaltung, die den Englischen Garten pflegt, auf Anfrage: "Je nach Entwicklung der Lage wird über weitere Maßnahmen entschieden. Wir stehen hier in engem Austausch mit den Sicherheitsbehörden". Diese müssen sich auf den nächsten Ansturm vorbereiten, während in Bayern und München die Außengastronomie nur begrenzt geöffnet hat und zahlreiche Feste abgesagt wurden.
Die Polizei spricht von "in der Spitze bis zu 5.000 Besuchern allein auf der Karl-Theodor-Wiese". Die Zahl habe sich seit Beginn der Corona-Pandemie weiter gesteigert, heißt es aus dem Präsidium nahe der Frauenkirche. Laut Bayerischer Schlösserverwaltung besuchen "an schönen Tagen" sogar "zehntausende Menschen den Südteil des Englischen Gartens. Aufgrund der Pandemie konzentriert sich die Freizeitgestaltung im Wesentlichen auf die offenen Grünanlagen". Das nächste Problem inbegriffen.
So verweist die Bayerische Schlösserverwaltung auf "einen enormen Anstieg des Abfallaufkommens im Englischen Garten". Dabei gehe es vor allem um Einmalverpackungen wie To-go-Becher oder Pizzakartons auf den Rasenflächen. 2020 hätten die Mitarbeiter über 200 Tonnen Müll aus dem E-Garten entsorgt. Feier-Exzesse, Randale und Müllberge – Münchens "grüne Lunge" wird zum Politikum.
- Anfrage ans Polizeipräsidium München
- Anfrage an die Bayerische Schlösserverwaltung