Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Gedenkgottesdienst in Giesing München trauert um Löwen-Legende Werner Lorant

So voll wie sonst nur an Weihnachten war die Pfarrkirche St. Helena am Donnerstag. 1860 München und die Fans des Klubs gedenken des verstorbenen Kult-Trainers.
Viele aktive und frühere Fußballprofis sowie hunderte Löwen-Fans haben bei einem Gedenkgottesdienst in Giesing Abschied von Trainer-Legende Werner Lorant genommen. Pfarrer Rainer Maria Schießler würdigte den Verstorbenen "als Mensch, Trainer und Kultfigur" – und mit einer Anekdote die Trauergemeinde zum Lächeln gebracht.
Die kürzlich verstorbene Löwen-Legende Werner Lorant "ist auf dem Weg ins Himmelreich", begann der Geistliche zu erzählen. Kurz vor der Pforte fange ihn ein Engel ab, der offenbar um den, sagen wir mal, besonderen Charakter des einstigen Fußballtrainers weiß, sagte der Pfarrer weiter. "Wenn du da drin bist, dann reiß dich zam!", rät der Himmelsbote in der Geschichte des Pfarrers. "Bleib ruhig und scheiß niemanden an, sonst fliegst du wieder raus." Worauf Werner "Beinhart" Lorant laut Anekdote trocken erwidert: "Das ist mir wurst. Mit Stadionverboten kenn’ ich mich aus."
Kaum hat Pfarrer Rainer Maria Schießler die Pointe dieser Anekdote erreicht, brandet Gelächter auf in der Pfarrkirche Sankt Helena in München-Giesing, in der an diesem Vormittag ein Gedränge herrscht wie sonst nur zur Christmette. An die 500 Menschen haben sich in dem Gotteshaus unweit des Grünwalder Stadions eingefunden, um Werner Lorant die letzte Ehre zu erweisen.
Auch der Sechzig-Kapitän verabschiedet sich
Zu dem Gedenkgottesdienst sind viele prominente Fußballer gekommen, darunter auch aktive Kicker wie der Sechzig-Kapitän Jesper Verlaat. Hinzu kommen natürlich etliche Funktionäre des TSV 1860 München, vor allem aber zahllose Ex-Profis des Klubs und Wegbegleiter des Verstorbenen – von Manfred Schwabl bis Michael Hofmann, von Manfred Bender bis Daniel Bierofka. Letzterer erinnert kurz vor der Messe daran, wie er im Jahr 2000 mit den von Lorant trainierten Löwen in der Champions-League-Qualifikation gegen Leeds United antrat. "Das war ein magischer Moment für mich", sagt Daniel Bierofka.
Der ehemalige Spieler und Trainer des Klubs ist heute ebenso wie die meisten aktiven oder früheren Fußballer im schwarzen Anzug gekommen. Viele Fans in der Kirche tragen hingegen Trikots oder mit Aufnähern übersäte Kutten. Zudem sieht man unzählige Schals und Kappen mit dem Vereinsemblem.
Eine davon thront auf dem Kopf von Hubert Pöllmann, der kürzlich für seine 40-jährige Mitgliedschaft beim TSV 1860 geehrt wurde. Er sei heute hier, um Werner Lorants "unbestrittene Lebensleistung" zu würdigen. "Was ihn ausgezeichnet hat, war sein unbedingter Erfolgshunger", sagt der 72-jährige Regisseur, der auch mehrere Filme über seinen Lieblingsklub gedreht hat. In seiner persönlichen Rangliste aller Löwen-Trainer stehe Max Merkel, der Meister-Coach von 1966, ganz vorn. "Aber gleich danach kommt Werner Lorant", betont Pöllmann.
Pfarrer zieht Parallelen zum Papst
Einige Minuten später ertönen erst das Glockengeläut, danach die Orgel und schließlich der Gesang "Christ ist erstanden!" in der Kirche. Am Altar steht Schießler, selbst ein Löwen-Fan seit Kindesbeinen, und erinnert an Werner Lorants "offenen und ehrlichen Charakter". Der Trainer sei in derselben Woche gestorben wie Papst Franziskus, der die Menschen stets ermuntert habe: "Geh hinaus, tu es, hab keine Angst, probier es", sagt Schießler. "Und genau das war auch der Werner Lorant."
Als Coach habe der gelernte Maler und Ex-Profi den TSV 1860 München von der Bayernliga bis an die Tür der Champions League geführt, sagt der Pfarrer. "Das waren die Spitzenjahre, die unser Verein unter ihm erlebt hat." Doch Schießler geht auch auf den späten Werner Lorant ein, der in Waging am See auf dem Campingplatz lebte und dort den Nachwuchs des örtlichen Fußballklubs trainierte. "Da hat es am Anfang auch Diskussionen gegeben: Sollen wir diesen harten Hund auf unsere Kinder loslassen?", erzählt Schießler.
Lorant trainierte später Kinder
Doch kaum stand die Trainer-Legende mit den Buben auf dem Platz, seien alle Bedenken verflogen: "Denn dieser Werner Beinhart hat die Kinder mit einer Inbrunst und Liebenswürdigkeit, ja fast schon mit einer Zärtlichkeit trainiert", so der Pfarrer. "Da hat sich für ihn ein ganz neues Fenster aufgemacht."
Zuletzt lebte Werner Lorant in einem Seniorenheim. Am Ostersonntag verstarb er im Alter von 76 Jahren in einem Krankenhaus in Wasserburg am Inn. "Normalerweise würde es jetzt heißen: Ruhe in Frieden", sagt Rainer Maria Schießler, bevor sich ein Lächeln auf seinem Gesicht breitmacht. "Aber nicht bei dir, Werner, denn Ruhe war nicht so dein Fall." Vielmehr solle Lorant leben – "unruhig und voller Freude", so Schießler. Derweil könnten die Anwesenden dankbar sein, dass sie Werner Lorant erleben durften, sagt der Pfarrer. "Als Mensch, Trainer und Kultfigur – so wie er war."
- Reporter vor Ort