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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Weltklasse auf dem Nebenplatz Tennis-Zuschauer begeistert: "Habe ich noch nie gesehen"

Im Rahmen der BMW Open messen sich einige der besten Rollstuhltennis-Spieler der Welt in München. Ihre Leistungen auf dem Court lassen nicht nur die Zuschauer staunen.
Das Zuschauerinteresse beim Duell zwischen Francisco Cerundolo und Alexander Shevchenko am Donnerstagnachmittag ist groß. Mehrere Tausend Zuschauer verfolgen bei strahlendem Sonnenschein das Match zwischen dem argentinischen Sandplatzspezialisten und seinem Kontrahenten aus Kasachstan auf dem Center Court der BMW Open in München.
Nur ein paar Meter daneben haben sich rund um einen kleinen Nebenplatz ebenfalls etliche Zuschauer eingefunden. Die zwei Reihen der Tribünen sind voll besetzt, immer wieder bleiben Menschen an der Umzäunung stehen. "Das habe ich noch nie gesehen", sagt ein junger Mann zu seinem Kumpel. "Beeindruckend", antwortet dieser.
Auf dem roten Sand schlagen sich in diesem Moment gerade Nico Langmann aus Österreich und der Franzose Gaetan Menguy die kleinen gelben Filzbälle um die Ohren. So weit, so normal bei einem internationalen Tennisturnier. Aber: Sprints von der Grundlinie zum Netz und spektakuläre Hechtsprünge in bester Boris-Becker-Manier gibt es keine. Denn: Langmann und Menguy sitzen im Rollstuhl. Bei den BMW Open bekommt Rollstuhltennis abseits des Hauptturniers seine eigene kleine Bühne. Dafür wurde der Platz in diesem Jahr extra mehr ins Zentrum des Geschehens gerückt.
Vom Show-Event zum internationalen Vorbild
Was 2022 als sogenannte Exhibition, als Show-Event, in München seinen Anfang genommen hat, ist inzwischen zu einem eigenständigen Turnier geworden. Acht Spieler messen sich 2025 bei der Allianz Para Trophy im Rahmen der BMW Open. Darunter die Nummer eins der Welt, der Brite Alfie Hewett, sowie der Weltranglistenvierte Gustavo Fernández (Argentinien) und Hewetts an Position fünf gesetzter Landsmann Gordon Reid. Ein Deutscher ist hingegen nicht dabei.
"Wir werden jedes Jahr größer", sagt Daniela Bauer, Global Head of Partnership bei Turniersponsor Allianz, auf einer Pressekonferenz. Es sei fantastisch, zu beobachten, wie das Turnier von den Fans angenommen wird. "Es ist ein Genuss, diesen großartigen Athleten beim Wettkampf zuzuschauen", schwärmt sie.
Mischa Zverev, der große Bruder von Tennis-Topstar Alexander Zverev und Turnierdirektor der Para Trophy, hebt zugleich die Bedeutung des Münchner Turniers hervor. Noch vor ein paar Jahren habe es auf der ATP-Tour einzig in Rotterdam ein integriertes Rollstuhlturnier gegeben. Inzwischen würden immer mehr Veranstalter ein kombiniertes Event ausrichten. Auch, weil die BMW Open gezeigt hätten, dass so etwas möglich ist. "München hat eine große Rolle gespielt", erklärte er.
Eine Entwicklung, die auch Alfie Hewett so bestätigen kann. Der zehnmalige Grand-Slam-Turniergewinner und Goldmedaillengewinner bei den Paralympics 2024 in Paris war schon bei der Premiere in München vor drei Jahren dabei. Seitdem habe sich viel getan, das Wachsen des Turniers von einer Exhibition zu einem Event der Wheelchair Tennis Tour des Weltverbands ITF sei für die Sportart ein wichtiger Schritt. "Für die Spitzenspieler im Rollstuhltennis bedeutet es sehr viel, unseren Sport in München und in der Öffentlichkeit so vielen Fans präsentieren zu können."
Rollstuhlspieler lassen Zverev staunend zurück
Die Regeln beim Rollstuhltennis unterscheiden sich dabei im Wesentlichen nicht von den bekannten Tennisregeln. Mit der Ausnahme, dass der Ball vor einem Schlag zweimal auf dem Boden aufsetzen darf und der Court etwas kleiner ist. Die Rollstühle sind spezielle Sportanfertigungen. Durch gestürzte Antriebsräder sowie zusätzliche Stützräder vorn und hinten sind sie deutlich beweglicher und können nicht so schnell umkippen.
Das ist wichtig, denn die Spieler müssen während der Matches schnell wenden können. Immer wieder drehen sie sich nach Schlägen um die eigene Achse, um die Richtung zu wechseln und auf den Return des Gegners reagieren zu können. Nach einem Satz sieht der Platz aus wie durchgepflügt, tiefe Furchen der kleinen Stützräder durchziehen den Sand.
Nicht nur die Zuschauer staunen angesichts der sportlichen Höchstleistungen der Rollstuhlathleten. Auch Mischa Zverev zeigt sich beeindruckt – am meisten von der Präzision und der Härte der Schläge. "Manchmal bin ich schon ein bisschen neidisch", gesteht er. "Ich struggle seit 20 Jahren mit meiner Vorhand und dann sehe ich, wie Alfie spielt."
- Reporter vor Ort