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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Einbruchserie in München "Enorm hohe kriminelle Energie": Bande aus dem Ausland vor Gericht
Drei Georgier kommen nach München, um hier organisiert in Häuser einzubrechen. Sie werden erwischt und stehen jetzt vor Gericht.
Diamantenbesetzter Schmuck, Verlobungsringe und Bargeld – die Liste des Diebesguts ist lang. Die Masche dahinter scheint immer dieselbe zu sein: Einer steht Wache, während die anderen beiden mit Gewalt die Terrassen- oder Balkontür aufbrechen. Dabei erbeuten sie in einem Zeitraum von knapp drei Monaten einen Betrag von rund 235.000 Euro. Die drei Einbrecher müssen sich am Donnerstagmorgen vor dem Landgericht München I unter anderem wegen schweren Bandendiebstahls und gemeinschaftlichen schweren Wohnungseinbruchdiebstahls verantworten.
Am Donnerstag um 9 Uhr sitzen die drei georgischen Angeklagten mit ihren Dolmetschern auf der Anklagebank im Saal B177. Seit dem 5. Februar befinden sich die drei Männer in Untersuchungshaft in der JVA Stadelheim. Während der Staatsanwalt die neunseitige Anklageschrift vorliest, wirken die drei Angeklagten teils gelangweilt, teils nervös. Einer der drei (32 Jahre alt) legt seinen Kopf auf die Bank, wirkt müde, ein anderer (48 Jahre) streicht immer wieder über seinen Bart, während er seinen Dolmetscher anschaut, der ihm die Anklage der Staatsanwaltschaft übersetzt.
Kein Stadtviertel vor Diebesbande sicher
Nach dem Verlesen der Anklage wird klar: Die Bande war bei ihren Einbrüchen in ganz München unterwegs. Den mutmaßlichen Tätern werden 20 Einbrüche angelastet, einer davon sogar in Nürnberg. Die Taten verübten sie nicht nur in wohlhabenden Vierteln wie Bogenhausen und Schwabing, sondern auch in den Stadtteilen Riem, Berg am Laim, Thalkirchen-Obersendling, Untergiesing-Harlaching und Neuried. Damit die drei Männer aus Georgien ihre Taten in München durchführen konnten, mieteten sie sich in der Stadt Hotelzimmer und Fahrzeuge.
Bevor es zu einem Geständnis der Angeklagten kommt, schlagen ihre drei Verteidiger eine Verständigung, eine Art Deal vor. Dieser findet zwischen den Verteidigern, der Richterin und dem Staatsanwalt statt. Dabei besprechen die drei Parteien, welchen geringeren Strafrahmen die Angeklagten zu erwarten haben, sollten sie ein Geständnis ablegen. Geständnis gegen kürzere Strafe: So soll die Prozessdauer verkürzt werden.
Gesamtschaden in Höhe von 293.000 Euro
Und dann beginnt das Pingpongspiel. Zunächst sagt die Strafverteidigerin Olga Sommer: "Ich finde es schwierig, bei jedem Fall von allen dreien als Täter auszugehen", es könne auch sein, dass einer allein unterwegs gewesen sei und nicht immer alle drei Angeklagten an jedem Tatort waren.
Laut Staatsanwalt haben die Angeklagten eine "enorm hohe kriminelle Energie". Dazu ergänzt er: "Die Angeklagten sind einschlägig vorbestraft und sind gezielt ins Bundesgebiet gekommen, um dort erhebliche Straftaten zu begehen." Die Höhe des durch die Einbrüche entstandenen Gesamtschadens liegt laut ihm bei rund 293.000 Euro (Diebesgut und entstandener Sachschaden). Für den ältesten der drei Angeklagten (43 Jahre) könne er sich deshalb eine Haftstrafe von sieben Jahren, bei dem 31-Jährigen von acht Jahren und bei dem 32-Jährigen ebenfalls von sieben Jahren vorstellen. Er sei bereit, diesen Rahmen für alle drei nach einem Geständnis um zwei Jahre nach unten zu verschieben. Dabei werde auch berücksichtigt, dass die drei Angeklagten bereits fast ein Jahr in Untersuchungshaft verbracht hätten.
Haftstrafe zwischen viereinhalb und fünfeinhalb Jahren
Strafverteidigerin Sommer hingegen versucht, das Strafmaß für ihren 32-jährigen Mandanten weiter zu drücken. Auch wenn die drei Männer in Georgien bereits vorbestraft seien, solle man sie vor dem Landgericht München I "wie Angeklagte verurteilen, die noch nicht vorbestraft sind". Da die Urteile aus Georgien dem Staatsanwalt nicht vorlagen, gibt dieser Verteidigerin Sommer recht, wendet jedoch im Hinblick auf die Strafe ein: "Jetzt kommt eine Bande aus dem Ausland hierher und macht mehrere solcher Taten. Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass wir dann bei 70 Prozent Rabatt sind."
Die 3. Strafkammer lässt sich Zeit für ihre Entscheidung. Nach einer 90-minütigen Pause geht die Verhandlung weiter. "Wir haben gedacht, wir wären schneller, aber wir mussten noch einiges zu Papier bringen", so die Richterin, nachdem sie noch einmal zusammengefasst hatte, was zwischen den drei Parteien in der Verständigung besprochen worden war.
Alle drei müssten mit einer Haftstrafe zwischen viereinhalb bis fünfeinhalb Jahren rechnen, je nachdem, an wie vielen Fällen sie beteiligt waren.
- Reporterin vor Ort