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Zugspitze-Wanderung: So gefährlich ist der Aufstieg wirklich


Ein Selbstversuch
Wanderung auf die Zugspitze – so gefährlich ist es wirklich


Aktualisiert am 13.09.2024Lesedauer: 6 Min.
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Traumhaftes Panorama: Der Weg durch das Reintal auf die Zugspitze ist auch einer fürs Auge.Vergrößern des Bildes
Traumhaftes Panorama: Der Weg durch das Reintal auf die Zugspitze ist auch einer fürs Auge. (Quelle: Sartison/t-online)

Nur rund eine Stunde von München entfernt, ragt Deutschlands höchster Berg in den Himmel. Der Weg auf die Zugspitze ist in doppeltem Sinne steinig – doch er lohnt sich.

Die Zugspitze, 2.962 Meter hoch, Deutschlands höchster Berg. Wege, um nach oben zu kommen, gibt es viele. Diejenigen, die es sich leicht machen wollen, nehmen die Seilbahn oder die Zahnradbahn. Aber das kann ja jeder. Und ich will nicht jeder sein. Ich will es mir selbst beweisen und den Gipfel mit eigener Muskel- und Willenskraft erklimmen.

Und so stehe ich an einem schönen Sommertag auf einem Parkplatz unweit des Skistadions in Garmisch-Partenkirchen, etwas mehr als eine Autostunde von München entfernt. Dort checke ich noch einmal meine Ausrüstung, bevor es losgeht. Ich bin motiviert, voller Vorfreude, vor Elan sprühend.

Der einfachste, aber auch der längste Weg

Als Route auf die Zugspitze habe ich mich für die Tour durch das Reintal entschieden. Das ist zwar der weiteste, aber zugleich auch der einfachste Weg. Etwas mehr als 21 Kilometer soll die Strecke ab dem Skistadion lang sein und rund 2.300 Höhenmeter überwinden. Bis auf den Schlussanstieg bietet der Weg kaum technische Schwierigkeiten, heißt es auf der Website des Deutschen Alpenvereins.

Deutlich anspruchsvoller sind da schon die anderen Routen. Ab Ehrwald (Österreich) über das Gatterl, vom Eibsee aus über das österreichische Schneekar und den Stopselzieher oder ab Hammersbach durch das Höllental. Die letzte Möglichkeit, über den Jubiläumsgrat, ist nur etwas für geübte Kletterer mit entsprechender Ausrüstung. Und das bin ich nicht. Mir geht es nicht um eine möglichst spektakuläre Route und den Nervenkitzel, sondern vielmehr um das Gefühl am Ende, Deutschlands höchsten Berg bezwungen zu haben.

Durch die Partnachklamm bis zur Bockhütte

Die Strecke führt zunächst vorbei am Skistadion und in Richtung der Partnachklamm. Noch teilen viele andere Wanderer meinen Weg. Das soll sich später ändern. Zehn Euro kostet der Eintritt in die Klamm. Über Jahrhunderte hat sich dort die Partnach, ein kleiner Gebirgsfluss, ihren Weg auf rund 700 Metern Länge durch die massiven Felswände gesucht. Wie gewaltig die Wassermassen sind, lässt sich nicht nur sehen, sondern auch hören. Wild und ohrenbetäubend rauscht das Wasser durch die Klamm.

Am Ausgang werde ich von strahlendem Sonnenschein empfangen. Beste Bedingungen für das, was in den kommenden Stunden vor mir liegt. Am ersten Tag will ich bis zur Knorrhütte auf 2.051 Metern kommen, von dort soll es nach einer Übernachtung über das Zugspitzplatt weiter auf den Gipfel gehen. Ich packe die Wanderstöcke aus, für die ich im weiteren Verlauf der Tour noch dankbar sein werde, und mache mich auf den Weg.

Dieser führt kilometerlang durch die Natur, die Partnach stets als friedlicher, türkisblauer Begleiter an meiner Seite. Nach rund zwei Stunden mache ich eine erste kleine Essenspause kurz hinter der Bockhütte. Direkt am Wasser gibt es ein paar mitgebrachte Backwaren und etwas Käse. Ein paar Minuten des Verschnaufens gönne ich mir, dann verlasse ich meinen idyllischen Pausenplatz wieder.

Vorbei am Partnach-Ursprung bis zur Knorrhütte

Nächstes Ziel: Die Reintalangerhütte auf 1.369 Metern Höhe. Auch dort könnte man auf dem Weg zum Gipfel theoretisch übernachten, doch für mich soll sie heute nur eine kurze Zwischenstation sein, vor dem steilsten und unwegsamsten Abschnitt des Tages. Ich folge weiter dem Wasser, bis ich nach rund vier Stunden und fünfzehn Minuten und 15 zurückgelegten Kilometern die denkmalgeschützte Hütte am "Partnach-Lido" erreiche.

Direkt vor der Reintalangerhütte fließt der Gebirgsfluss, der steinige Strand am linken und rechten Ufer lädt bei strahlendem Sonnenschein zu einem Bad ein. Allerdings nur für Hartgesottene. Denn das Wasser ist eiskalt. Doch fürs Planschen habe ich ohnehin keine Zeit. Bei einem kühlen Bier und einem Stück Kuchen fülle ich nur schnell meine Energiereserven auf. Dann geht es auch schon weiter. Denn: Zu spät will ich mein Nachtquartier auch nicht erreichen. Und der anstrengende Teil liegt noch vor mir.

Kurz vor dem finalen Anstieg zur Knorrhütte mache ich einen kleinen Abstecher zum Ursprung der Partnach, die auf etwa 1.440 Metern Höhe im Zugspitzmassiv entspringt. Der Ausblick ist atemberaubend. Weite, traumhafte Landschaft, eingebettet in das Wettersteingebirge. Weit und breit ist keine Menschenseele zu sehen. Die meisten Wanderer, die in der Früh ebenfalls in Richtung der Partnachklamm unterwegs waren, habe ich längst hinter mir gelassen.

Nach diesem friedvollen Moment wird es zum ersten Mal so richtig anstrengend. Der bisherige Weg war im Vergleich zu dem, was jetzt kommt, fast ein Spaziergang. Nun geht es steil nach oben, über felsigen Untergrund und Geröll. Fast zwei Stunden lang, über mehr als 3,5 Kilometer und 700 Höhenmeter. Ohne Wanderstöcke wäre ich aufgeschmissen, trotz meiner Marathon-Beine, die es gewohnt sind, extrem gefordert zu werden.

Übernachtung im Matratzenlager

Dann endlich, nachdem ich eine Art Felsentreppe erklommen habe, sehe ich sie vor mir: die Knorrhütte, mein Nachtlager. Nach etwas mehr als sechs Stunden reiner Wanderzeit und 19 Kilometern, seitdem ich am Morgen in Garmisch-Partenkirchen aufgebrochen bin. Die Herberge ist spartanisch und urig. Aber etwas anderes würde in dieses Bergpanorama auch gar nicht hineinpassen.

Im Matratzenlager finden pro Zimmer 13 Personen in dreistöckigen Betten Platz. Warmes Wasser beim Duschen kostet vier Euro für zwei Minuten. Zu teuer für mich als Schwabe. "Außerdem bin ich ja Eisbader", denke ich mir noch verschwitzt und euphorisch vom Aufstieg. Ein blöder Gedanke, wie sich zeigt, als ich das Wasser anmache.

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Nach dem Abendessen geht es zeitnah ins Bett. Ab 22 Uhr ist Hüttenruhe. Glücklich und zufrieden schlafe ich zum monotonen Schnarchen eines Wanderkumpans ein. Am nächsten Morgen gibt es ein kleines Frühstück, ehe kollektive Aufbruchstimmung ausbricht. Allerdings bei schlechtem Wetter. So strahlend blau der Himmel noch am Vortag war, so trist und grau ist er nun. Und auch das Bild der Umgebung hat sich hier oben, auf über 2.000 Metern, geändert. Bäume und Pflanzen sind Felsen und Steinen gewichen.

Zu Fuß durchs Geröllfeld oder doch mit der Seilbahn?

Die ersten knapp eineinhalb Stunden führen über Schneefelder zum Zugspitzplatt auf 2.600 Metern Höhe. Das Wetter wird immer ungemütlicher, dichter Nebel verdeckt die Sonne, die Temperaturen sinken. Aus der Ferne sehe ich eine Gruppe Menschen ein steiles Geröllfeld hinaufsteigen. "Das wird doch hoffentlich nicht mein Weg sein?", denke ich mir. Ist er doch.

Auf dem Zugspitzplatt angekommen, habe ich die Wahl: Die letzten knapp 400 Höhenmeter durch das Geröllfeld und einen kleinen Klettersteig zu Fuß nach oben oder doch mit der Seilbahn hochfahren? Für mich keine Frage. Ich bin bis hierhergekommen, den Rest schaffe ich auch noch. Auch wenn sich in mir mit Blick auf das vor mir liegende Geröllfeld etwas Unbehagen breitmacht.

Der Griff zum Stahlseil wird fester

Doch ich lasse das mulmige Gefühl gar nicht erst zu und beginne stattdessen mit dem Aufstieg. Schritt für Schritt, was gar nicht so einfach ist. Immer wieder rutscht der Boden unter meinen Füßen weg. Wer hier ohne Wanderschuhe und Stöcke unterwegs ist, ist verloren. Auch wenn der Weg durch das Reintal der leichteste auf die Zugspitze ist, darf er keineswegs unterschätzt werden. Davor warnt auch der Deutsche Alpenverein auf seiner Website – zu Recht.

Ich muss wirklich kämpfen. Meine Beine brennen, jeder einzelne Schritt wird zu einem Kraftakt. Dann, nach rund einer Stunde, endet endlich das Geröllfeld. Doch es wird nicht besser. In die nun massiven Felsen sind stabile Halterungen geschlagen, an denen Stahlseile zum Festhalten verlaufen. Diese sind auch notwendig, denn ein paar Meter links und rechts von mir geht es stellenweise steil nach unten in den Abgrund.

Über einen relativ schmalen Grat erreiche ich schließlich den letzten Anstieg. Der Wind schlägt mir um die Ohren, ich greife noch fester nach dem eiskalten Stahlseil, hangele mich an diesem entlang. Mehrere Gedenktafeln erinnern an diejenigen, die auf dem Weg zum Gipfel ihr Leben gelassen haben. Ein Anblick, der nachdenklich stimmt und einem bewusst macht, wie schnell alles vorbei sein kann. "Einfach nicht runterschauen und darüber nachdenken", sage ich mir, während ich immer weiterlaufe.

Angekommen auf dem höchsten Gipfel Deutschlands

Und dann habe ich es plötzlich geschafft. Vor mir taucht eine Treppe auf, die zum Gipfel hinaufführt. Eigentlich ist sie gar nicht so lang, doch mir kommt sie beinahe unendlich vor. Mit letzter Kraft schleppe ich mich nach oben, das Ziel direkt vor Augen. Knapp neun Stunden Laufzeit, 23,7 Kilometer und 2.467 Höhenmeter zeigt meine Uhr an. Ich bin da – auf dem höchsten Gipfel Deutschlands.

Ich fühle mich glücklich und zufrieden. Und ich bin stolz darauf, dass ich den Berg bezwungen, die Zugspitze erklommen habe. Und so zeigt das Foto von mir mit dem Gipfelkreuz im Hintergrund zwar einen völlig fertigen, aber stolz lächelnden Mann. Der Weg auf die Zugspitze – er ist im wahrsten Sinne des Wortes steinig. Doch er lohnt sich definitiv.

Verwendete Quellen
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