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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Interview mit Günther Sigl Spider-Murphy-Gang-Sänger: "Das ist eine traurige Entwicklung"
Früher sang Günther Sigl über die "Schickeria" und eine Kultkneipe in Schwabing. Der Sänger der Spider Murphy Gang kennt München wie kaum ein anderer. Wie hat es sich verändert?
Die Spider Murphy Gang gehört zu München, wie der FC Bayern oder das Oktoberfest. Mit dem Song "Skandal im Sperrbezirk"gelang der bayerischen Band um Sänger Günther Sigl 1981 der erste Nummer-eins-Hit. Der inzwischen 77-Jährige hat gerade sein zweites Soloalbum veröffentlicht. An diesem Mittwoch wird Sigl die neue Platte bei einem exklusiven Event vorstellen, im Frühjahr geht er auf Tournee mit der Spider Murphy Gang. t-online sprach mit Günther Sigl über alte Zeiten, das München von früher und heute und über Vorsätze fürs neue Jahr.
Herr Sigl, wie hat sich München in den vergangenen Jahrzehnten verändert?
Es hat sich natürlich viel verändert. Ich kenne München noch aus den 70ern und 80ern, da pulsierte Schwabing. Da war schwer was los. Das ist heute ganz anders. Früher war in jeder Kneipe Musik. Zu der Szene mit Freddie Mercury in den 70ern gehörten wir nie. Wir waren die Gammler mit langen Haaren. Als es die Fernsehserie "Münchner Geschichten" gab, haben wir gesagt: "Die verfilmen ja unser Leben." Es war eine coole Zeit.
In den vergangenen Monaten haben mit dem "Lucullus" und "Sushi & Soul" zwei Kultlokale dichtgemacht. Macht Sie das traurig?
Das ist schon schade. Und es macht mich traurig. In Neuhausen hatte ich früher meinen Italiener, das "Ischia", das habe ich auf meinem ersten Soloalbum besungen mit dem Lied "Bella Italia". Das war mein Wohnzimmer. Doch seit einigen Jahren ist es geschlossen. In der "Heide Volm" in Planegg haben wir 25 Jahre an Fasching gespielt, den Laden gibt es auch nicht mehr. Alles hat seine Zeit. So schade es für München ist, aber Veränderungen gehören zum Leben dazu. Und die Leute haben Angst vor Veränderungen. Viele kommen damit nicht zurecht und meinen: "Früher war alles besser." Aber da bin ich vorsichtig.
Der legendäre Münchner Szene-Wirt Hugo Bachmaier sagte kürzlich in einem Interview, dass die Leopoldstraße tot sei. Sehen Sie das auch so?
Das sehe ich nicht so drastisch. Die Leute sind immer noch gerne dort und sitzen in den Cafés. Das "Rialto" gibt es natürlich nicht mehr, aber schon in den 70ern haben sie gesagt: "Schwabing ist tot." Früher war Schwabing der Treffpunkt für die Hippies, das ist es heute nicht mehr. Till Hofmann hält Schwabing am Leben. Durch das Lustspielhaus und das Vereinsheim rührt sich dort schon noch etwas. Aber es ist nicht mehr so wie früher. Das stimmt schon. Und deshalb werde ich sentimental, wenn ich über Schwabing singe.
Was ist also aus München geworden?
Es hat sich leider viel verändert, die Schickeria gibt es auch nicht mehr so. Heute geht nicht mehr viel. Es ist eine traurige Entwicklung. Wo ist denn der Fasching? Das ist ein gutes Beispiel. Früher war in München in jeder Kneipe Fasching. Das gibt es nicht mehr. Ich sage nur "München Schabernackt" im Löwenbräukeller (frühere Kultveranstaltung im Fasching, Anm. d. Red.). Früher war alles viel spontaner in der Stadt. In München wird alles professionalisiert. Früher hast du dich um 23 Uhr noch aufgemacht und bist ins "Crash" in der Lindwurmstraße gegangen. Im "Doctor Flotte" (das heutige Vereinsheim, Anm. d. Red.) habe ich meine Doris damals kennengelernt. In der Kapuzinerstraße habe ich früher mal gewohnt.
Ich rauche nicht, saufe nicht, keine Drogen. Ein bisschen Sex ab und zu.
günther sigl
Sie werden demnächst 78. Wie halten Sie sich fit?
Ich bin kein richtiger Rock’n’Roller. Ich rauche nicht, saufe nicht, keine Drogen. Ein bisschen Sex ab und zu. Das gehört ja auch zur Gesundheit (lacht). Mit meiner Band spielen wir 25 Konzerte und mit den Spiders sind es heuer rund 60 Shows. Ich bin fit und genieße jedes Konzert, klopfe dreimal auf Holz.
Welchen Vorsatz für 2025 haben Sie?
Ich bin zufrieden, wenn es so weitergeht. Ich habe ein super Leben. Einen echten Vorsatz habe ich nicht. Vielleicht nehmen wir zum 50-jährigen Bandjubiläum 2027 wieder mal ein Album auf. Es wird in diesem Jahr noch eine verspätete Hochzeitsreise geben, weil Doris immer mal nach Capri wollte. Und das machen wir.
Herr Sigl, vielen Dank für das Gespräch.
- Gespräch mit Günther Sigl