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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Jérôme Boateng vor Gericht Warum die Richterin seine Strafe unter Vorbehalt gestellt hat
Ex-Nationalspieler Jérôme Boateng wurde vor dem Landgericht München I verurteilt. Seine Strafe wurde jedoch unter Vorbehalt gestellt. Die Richterin erklärt, warum.
Jérôme Boateng wurde bereits zweimal verurteilt – allerdings nicht rechtskräftig. Im September 2021 lautete das Urteil vom Amtsgericht: 1,8 Millionen Euro Geldstrafe. Doch weil von mehreren Seiten Berufung eingelegt wurde, wurde der Fall im November 2022 vor dem Landgericht München I erneut verhandelt. Das neue Urteil für Boateng: 1,2 Millionen Euro. Doch auch dieses Urteil wurde angefochten und das Verfahren vom Bayerischen Obersten Landesgericht zurück an das Landgericht verwiesen.
Vor dem Landgericht München I wurde Boateng nun wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu 200.000 Euro verurteilt – seine Strafe wurde allerdings unter Vorbehalt gestellt. Das heißt, er muss 100.000 Euro unbedingt an gemeinnützige Vereine überweisen. Innerhalb der nächsten drei Monate gehen in diesem Rahmen 50.000 Euro an den Verein für Jugend- und Familienhilfe e. V. und in den darauffolgenden sechs Monaten weitere 50.000 Euro an die Kinderchirurgische Klinik "Hauner Verein". Sollte Boateng diese Summen nicht überweisen, muss er die 200.000 Euro Geldstrafe bezahlen.
Richterin begründet Urteil im Jérôme-Boateng-Prozess
Die Vorsitzende Richterin Susanne Hemmerich erklärte das Urteil der 23. Strafkammer so: Hemmerich sowie ihre beiden Schöffen seien nach den Aussagen von Boateng, seiner Ex-Freundin und diversen Zeugen zu dem Schluss gekommen, dass es im Juli 2018 bei einem "bisher harmonischen Urlaub" zu einem Streit gekommen sei. Hierbei soll das Windlicht, mit dem Boateng seine Ex-Freundin beworfen haben soll, umgefallen sein. Dabei sei der damaligen Partnerin kein Schaden zugefügt worden.
Ein Butler soll dann mitbekommen haben, wie sich das Paar auf einem Balkon gestritten hat, während er die Scherben des zu Bruch gegangenen Windlichts aufkehrte. Dort soll seine ehemalige Partnerin den Fußballer "wie auch immer" an der Lippe verletzt haben, sodass er stark blutete. Dann soll sie ihn beleidigt haben. Dann müsse Boatengs Ex jedoch einen heftigen Schlag vor das Auge bekommen haben – das gehe auch aus den Ausführungen des Sachverständigen hervor. Sie soll danach gestürzt sein und sich aufgeschürft haben. "Dieses Urteil stützt sich ganz allein auf die Lichtbilder, die Atteste und die Aussagen des Sachverständigen", so Richterin Hemmerich.
Viele Dinge sprechen für Jérôme Boateng
"Es ist keine gefährliche Körperverletzung, das können wir ausschließen", fügte die Richterin bei ihrer Urteilsverkündung hinzu. "Bei dem Tonfall, der zwischen den beiden geherrscht hat, haben wir nicht sagen können, wer wen beleidigt hat und wer mit den Beleidigungen angefangen hat", erläuterte Hemmerich. Deshalb wurde Boateng nicht, wie in der Anklage der Staatsanwaltschaft gefordert, wegen Beleidigung verurteilt.
Für den Angeklagten Jérôme Boateng habe gesprochen, dass er ein Teilgeständnis abgelegt habe. Hinzu komme die Dauer des Verfahrens sowie die toxische Beziehung zwischen den beiden, die von Eifersuchtsdramen geprägt gewesen sei. Für Boateng spreche ebenfalls, dass er noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten sei und die Verletzungen bei seiner Ex-Freundin nicht langwierig gewesen seien.
"Wir kommen hier zu einer ganz, ganz geringen Geldstrafe", sagte Hemmerich gegen Ende der Urteilsverkündung. "Wir haben hier nicht den schlimmen Frauenschläger. Wir haben hier einen Menschen, der in einer Beziehung übergebührlich ausgerastet ist."
- Reporterin vor Ort