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München | Jérôme Boateng vor Gericht: "Exfreundin ist aggressiv"


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Jérôme Boateng sagt aus
Gibt Exfreundin die Schuld: "Sie machte mir das Leben zur Hölle"


14.06.2024Lesedauer: 4 Min.
Jérôme BoatengVergrößern des Bildes
Jérôme Boateng betritt zu Prozessbeginn einen Gerichtssaal des Landgerichts München. (Quelle: Matthias Balk/dpa/dpa-bilder)

Der Profifußballspieler Jérôme Boateng steht erneut vor Gericht. Dort macht er zum ersten Mal eine Aussage. Und gibt seiner Exfreundin die Schuld an allem.

Der Zuschauerraum im Gerichtssaal in München ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Alle Augen sind auf den Eingang des Sitzungssaals gerichtet. Niemand will verpassen, wie der Angeklagte den Raum betritt. Um 10.07 Uhr wird die Menge unruhig: Jérôme Boateng ist da. Er trägt einen dunkelblauen Anzug, darunter ein weißes Hemd. Boatengs Outfit wird durch eine Brille mit dickem, schwarzem Rand und goldenen Bügeln komplettiert. Auf dem Weg zur Anklagebank wirkt er entspannt. Dort angekommen, dreht er sich in Richtung Journalisten und lässt sich ungeniert fotografieren.

Bevor der Prozess beginnt, fragt die Vorsitzende Richterin Susanne Hemmerich Boatengs Personalien ab. "Dass Sie Profifußballspieler sind, stimmt wohl noch?", fragt sie. Boateng bejaht. Dann verliest Hemmerich die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft sowie die Urteile der vergangenen Gerichtsprozesse, die allesamt nicht rechtskräftig sind. Während die Richterin von Beleidigungen und körperlichen Verletzungen an der Exfreundin des Fußballspielers spricht, sitzt Boateng zurückgelehnt in seinem Stuhl. Seine Hände hat er im Schoß gefaltet. Ab und zu nimmt er einen Schluck Wasser aus dem Pappbecher vor sich auf der Anklagebank.

Richterin hat selten so einen langwierigen Prozess erlebt

Als Hemmerich schließlich alle Akten verlesen hat, gestattet sie sich eine Bemerkung: "Ich mache diesen Beruf seit fast 40 Jahren. Und es ist selten vorgekommen, dass ein Prozess so lange dauert." Sie spricht von insgesamt sechs Jahren. Sie wolle heute einen letzten Versuch unternehmen, in einem Rechtsgespräch mit Staatsanwaltschaft und Verteidigung zu einer Einigung zu kommen. "Ich glaube, ich habe einen Vorschlag, mit dem beide Seiten leben können." Dann wird die Sitzung unterbrochen und die drei Parteien ziehen sich zurück.

Es ist 11 Uhr. Boateng und seine beiden Verteidiger, die Staatsanwältin sowie die Richterin kommen zurück in den Sitzungssaal. Es habe keine Verständigung gegeben, sagt Hemmerich. Die Fronten zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung seien zu verhärtet. Und so geht das Wort an den Angeklagten. "Herr Boateng, möchten Sie sich zur Sache äußern?" Boateng nickt. "Ja, ich möchte mich äußern."

"Ich bin ein ganz normaler Mensch, mit Stärken und Schwächen"

Vor ihm liegt ein Stapel Zettel. Boateng beginnt, seine Einlassung vorzutragen: "Hohes Gericht, meine Damen und Herren, mir ist wichtig zu sagen: Ich misshandle keine Frauen, ich stelle ihnen nicht nach. Ich bin ein ganz normaler Mensch, mit Stärken und Schwächen." Man könne ihm völlig zu Recht vorwerfen, während eines Urlaubs im Juli 2018 nicht richtig gehandelt zu haben. Jedoch betont Boateng, dass seine Reaktion auf eine Verletzung an der Lippe, die ihm seine Exfreundin zugefügt habe, zurückzuführen sei. Das tue ihm im Nachhinein leid.

Den Punkt in der Anklage der Staatsanwaltschaft, seine ehemalige Partnerin mit Gegenständen beworfen zu haben, bestreitet er. "Der Vorwurf, ich hätte eine Kühltasche oder Glaslaterne nach ihr geworfen, ist falsch und unwahr. Das habe ich nicht getan." Dass seine Exfreundin diesen Vorfall als Druckmittel gegen ihn verwenden würde, überrasche Boateng nicht. Er werde von ihr als ein gewalttätiger, narzisstischer Psychopath dargestellt, dem man die Kinder wegnehmen müsse, sagt Boateng.

Boateng: "Meine Exfreundin ist der aggressive Part"

"Sie machte mir das Leben zur Hölle", liest er weiter vor. "Nicht ich bin es, der sich nicht unter Kontrolle hat. Meine Exfreundin ist der aggressive Part." Sie habe ihn mehrfach beleidigt und geschlagen. "Besonders schlimm war es, wenn sie getrunken hat, eifersüchtig war oder nicht bekommen hat, was sie wollte." Seine ehemalige Partnerin, so Boateng, sei keine hilflose, unterwürfige Frau. Lange habe er sich öffentlich nicht äußern wollen, um seine beiden Kinder zu schützen. Diese hätten sich gewünscht, dass der Prozess endlich ein Ende nehme.

"Ich hätte gerne noch ein paar Jahre als Fußballer auf hohem Niveau gespielt", sagt Boateng bedauernd, während er ein Blatt nach dem anderen vom Stapel nimmt. Jedoch habe ihn kein Verein mehr unter Vertrag genommen, er habe alle Sponsoren verloren. "Für meine Familie und mich wünsche ich mir, dass der jahrelange Albtraum endlich ein Ende hat", ist der letzte Satz seiner halbstündigen Rede.

"Es ist der Angeklagte, der in seiner Einlassung gelogen hat"

Die Nebenklägervertreterin sieht das anders. "Hier wurde ordentlich Schlamm auf meine Mandantin geworfen", sagt sie vor Gericht. "Es ist der Angeklagte, der in seiner Einlassung gelogen hat." Sie warf Boateng vor, zu behaupten, dass er seine Kinder schützen wolle und dann in seiner Einlassung von Details aus dem Familiengericht spreche. "Der Angeklagte beharrte auf alle Prozesse und zerrte sie durch alle Instanzen", fuhr die Nebenklägervertreterin fort. Das sei für die Geschädigte, Boatengs Exfreundin, extrem belastend.

Nach rund zweieinhalb Stunden, gegen 12.30 Uhr, beendet Richterin Hemmerich den ersten Verhandlungstag, den Boateng dem Anschein nach gelassen und siegessicher hinter sich gebracht hat. Am kommenden Freitag, 21. Juni, geht der Prozess in die zweite Runde. Bis zu einem endgültigen Urteil gilt für Jérôme Boateng die Unschuldsvermutung.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
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