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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Gefährliche Krankheiten Dieser Ort ist für Ratten wie ein "Sushi-Buffet"
Sie sollen so groß wie Katzen sein: München kämpft an vielen Stellen mit Ratten. Und nun? Ein Schädlingsbekämpfer weiß, was zu tun ist – und braucht doch Mithilfe.
Schon seit Wochen ist das Problem bekannt, doch besser wird es nicht. An mehreren Münchner Bahnhöfen berichten Passanten immer wieder von Ratten, kürzlich zitierte der "Merkur" etwa einen Mann vom Laimer Bahnhof. Er ekele sich vor den Tieren, die "so groß wie Katzen" seien und meide deshalb den Tunnel, erzählte er im Gespräch mit der Zeitung. Die Stadt bekämpfe die Plage, heißt es aus dem Gesundheitsreferat. Doch was hilft? Ein Schädlingsbekämpfer weiß es.
Der Hauptbahnhof sei bei Weitem nicht die einzig betroffene Stelle, sagt Jason Puschmann. Er betreibt eine Schädlingsbekämpfung im Münchner Stadtteil Haidhausen. Er werde selbst gelegentlich von der Stadt beauftragt, wie er sagt. In München werde es Ratten ebenso wie Mäuse jedenfalls immer geben. "Sie suchen die Nähe zum Menschen", sagt er im Gespräch mit t-online. Aber dennoch lohne es sich, aufzuklären und aufzupassen.
Kaum Ratten in München während Ausgangssperren
Denn man könne es trotzdem verhindern, dass Ratten verstärkt auftauchen. Das habe sich beispielsweise während der Corona-Zeit gezeigt. "Als ein paar Wochen die Geschäfte zu und die Leute zu Hause waren, hat man auch weniger Ratten gesehen", erzählt Puschmann. Zwar arbeite auch er, wie viele Laien es vermuten würden, mit Gift. "Aber Rattengift allein ist nicht die Lösung."
Denn Ratten zu bekämpfen, beginne schon viel früher – und bei jedem Einzelnen. Etwa auf dem Weg vom Schnellimbiss, wo viele die Reste von ihrem Döner oder Burger auf die Straße werfen statt in den Mülleimer. Doch die Kommune sei ebenfalls in der Pflicht, indem sie mehr Mülleimer aufstelle. Schließlich ziehen Essensreste, die nicht entsorgt werden, die Ratten stark an. Und obwohl man meinen würde, dass das weitverbreitetes Wissen sei, stoße er immer wieder auf Erstaunen, wenn er von Ratten berichte, sagt Puschmann.
"Zum Beispiel wenn man versucht, Verständnis dafür zu schaffen, dass man keine Essensreste in der Toilette herunterspült", meint er. Die landen dann nämlich in der Kanalisation – und die werde für die Ratten so zu einer Art "Sushi-Buffet", erklärt der Schädlingsbekämpfer. Die Nager ganz aus der Stadt zu verbannen, das scheint aussichtslos. Aber auch aus anderen Gründen will Puschmann nicht allein auf Gift setzen.
Warum man Ratten nicht nur mit Gift bekämpft
"Es geht auch darum, keine Resistenz der Ratten zu schaffen", sagt er. Die Tiere seien schlau und würden merken, wenn ihre Umgebung sich verändere. Wichtig sei es deshalb, Verstecke und Unterschlüpfe für die Ratten zu beseitigen, sodass diese nicht brüten können. Und natürlich gibt es letztlich dann doch die Giftköder, mit denen sich die Population eindämmen lässt.
Die Köder lassen die Tiere innerlich verbluten. Das klinge grausam, sei jedoch ein schmerzfreier Tod, versichert Puschmann. Und viele hätten Verständnis für den Einsatz, wenn man ihnen erkläre, dass Ratten nach wie vor Krankheiten übertragen können. Mit Fallen komme man da nicht weiter. Weil Ratten sich ihre Umgebung gut einprägen, fallen ihnen auch die Fallen auf. Und neue Dinge meiden die Tiere zunächst einmal.
Klar sei: Ratten gibt es an vielen Stellen in der Stadt schon lange, über eine Plage rede man immer nur dann, wenn gerade größer darüber berichtet werde – so wie jetzt. Zudem bestehe das Problem freilich nicht bloß in München. Aber da wird es von einigen, die offenbar keine so großen Berührungsängste mit den Tieren haben, noch verstärkt. Wie der "Merkur" berichtet, füttern Einzelne die Ratten wohl sogar noch. Für Puschmann dürfte es also weiter zu tun geben.
- Gespräch mit Jason Puschmann
- Merkur.de: "Rattenplage an Bahnhof: "Sie sind so groß wie Katzen" – Stadt München bekämpft die Tiere jetzt"