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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kindergeburtstag im Bordell? "Bei uns stand schon eine Familie mit Kindern vor der Tür"
Ein Kindergeburtstag im Puff? Bei Google-Maps in München könnte man genau diesen Eindruck kriegen. Alles nur ein Witz – über den man im Bordell nicht lacht.
Viele lachen, einer nicht. Seit vielen Jahren hält sich in München der Spaß, irreführende Bewertungen bei Google über den "Leierkasten" zu schreiben. Das Etablissement ist ein stadtbekanntes Bordell – nur für den Internetriesen Google nicht. Denn dort hält man den Betrieb für ein Restaurant. Schuld daran sind Google-Nutzer, die der Suchmaschine aus Spaß genau das melden. Geschäftsführer Deniz M. findet das aber gar nicht witzig.
"Vor fünf oder sechs Jahren hat das angefangen", sagt er im Gespräch mit t-online. "Am Anfang haben wir auch noch darüber gegrinst." Auf dem sozialen Netzwerk "Jodel" startete der Trend, das Bordell bei Google über den grünen Klee zu loben – aber als etwas, das es gar nicht ist. "Mein kleiner Bruder (7) hat dort seinen Kindergeburtstag gefeiert", schreibt etwa ein Nutzer. "Egal ob Steaks, vegetarisch oder Kinderspeisen, auf der Menükarte war für jeden was dabei."
"Leierkasten" in München: Wie ein Bordell zum Restaurant wurde
Und die Liste geht weiter. Über 240 Rezensionen listet Google aktuell, in manchen geht es auch um Frauen und Ambiente in dem Bordell, die meisten machen sich jedoch nur einen Spaß aus dem "sehr sympathischen Restaurant", mit seiner "Spieleecke" für Kinder – einige doppeldeutige Anzüglichkeiten inklusive. Wer die Bewertungen aufmerksam liest, wird die Ironie darin erkennen. Doch nicht alle tun das, wie Geschäftsführer M. erzählt.
"Bei uns stand schon eine Familie mit zwei kleinen Kindern vor der Tür", sagt er. Immer wieder rufen Menschen bei ihm an, die einen Tisch reservieren wollen. Sie weist er dann zurück und erklärt ihnen die Verwechslung. "Bei vielen merkt man dann durch das Telefon, dass sie gerade lachen wollen", sagt M. dazu. Für ihn ist der Witz jedoch inzwischen uralt – und ein Problem fürs Geschäft.
Was ein Bordell in München an Google stört
1971 wurde der "Leierkasten" eröffnet, inzwischen befindet er sich in der Ingolstädter Landstraße in Milbertshofen im Münchner Norden. In seiner Geschichte machte das Etablissement immer wieder durch sich aufmerksam, etwa aufgrund seiner Gründer, dem "Bordell-König" Willi Schütz und Walter Staudinger, bekannt als "Pate von München". Einst ermittelten die Behörden wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und Zuhälterei. Heute ist der "Leierkasten" vor allem wegen Google Stadtgespräch.
Doch M. sagt: "Wenn Sie sich vorher informieren wollen, ist Google die Anlaufstelle Nummer 1." Und der Internet-Spaß ist für ihn deshalb ganz ernst. "Unsere Zielgruppe wird damit total in die Irre geführt." Auch auf Google Maps ist der "Leierkasten" mit einem Bestecksymbol gekennzeichnet und dort nur als Restaurant zu finden. Ändern könne er das nicht, sagt M. darüber.
Man könne nur einzelne Bewertungen bei Google melden. Doch würden diese nicht gegen die Bestimmungen des Konzerns verstoßen und etwa Hassrede beinhalten, unternehme Google nichts. Schon oft sei man auf die Firma zugegangen, doch ohne Erfolg. Als Internet-Witz dürfte der "Leierkasten" deshalb noch einige Zeit herhalten müssen.
- Gespräch mit Deniz M.
- Google: Bewertungen des "Leierkasten" in München