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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Corriere della Sera" beunruhigt Sinkender Bierkonsum: Italiener alarmiert, Paulaner bleibt gelassen

Angesichts sinkenden Bierkonsums in Deutschland warnt eine italienische Zeitung vor Kulturverfall. In München, der Heimat des Biergartens, sieht man diese Entwicklung gelassen.
In Italien schrillen die Alarmglocken: Die Tageszeitung "Corriere della Sera" berichtet angesichts sinkender Bierverkäufe in Deutschland von einer Krise der kulturellen Identität Bayerns. Besonders besorgniserregend sei, dass selbst in München – der "Wiege des Biergartens" – weniger getrunken werde. "Wenn selbst hier weniger getrunken wird, dann ist das ein beunruhigendes Zeichen", heißt es im Artikel.
Bierkonsum rückläufig
Die neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamts bestätigen einen Rückgang: In den ersten fünf Monaten 2025 wurden bundesweit 34,5 Millionen Hektoliter Bier verkauft – 6,8 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Das ist der niedrigste Stand seit der Wiedervereinigung. Auch langfristig ist die Entwicklung deutlich: 2013 trank jede Person in Deutschland im Schnitt noch 107 Liter Bier pro Jahr, 2023 waren es 88 Liter.
Paulaner sieht Wandel – aber keine Krise
In München blickt man dennoch zuversichtlich auf die Entwicklung. Die Paulaner Brauerei teilt auf t-online Anfrage mit: "Wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden. Die Paulaner Brauerei Gruppe konnte in einem herausfordernden Biermarkt gegen den Trend wachsen und in allen relevanten Segmenten Marktanteile gewinnen."
Laut Unternehmensangaben sei die Marke Paulaner allein im ersten Halbjahr 2025 im Inland um 13 Prozent gewachsen. Paulaner Hell legte um 4 Prozent zu, Paulaner Weißbier konnte sich auf hohem Niveau stabilisieren (+0,4 Prozent).
Dennoch sei auch in München ein verändertes Konsumverhalten erkennbar. Besonders jüngere Menschen greifen demnach häufiger zu alkoholfreien Alternativen oder Softdrinks. Bei Paulaner habe man schon in den 1980er-Jahren das erste Mal eine alkoholfreie Variante ins Sortiment aufgenommen.
Kleine Brauereien stärker betroffen
Während große Brauereigruppen wie Paulaner durch Umstrukturierung relativ stabil durch die aktuellen Marktturbulenzen navigieren, geraten kleine und mittelständische Brauereien in Bedrängnis. Laut Statistischem Bundesamt mussten seit 2019 bereits 93 Brauereien in Deutschland schließen. Bayern ist insgesamt mit 50 geschlossenen Betrieben am stärksten betroffen.
Die Kostenschere wirkt sich laut dem Deutschen Brauerbund bei kleinen Betrieben besonders drastisch aus: Während Energie bei Großbrauereien etwa 15 Prozent der Herstellungskosten ausmache, müssen kleine Betriebe rund 20 Prozent ihrer Ausgaben für Energie aufwenden. Hinzu kämen explodierende Rohstoffpreise – die Kosten für Braumalz seien seit 2022 um bis zu 150 Prozent gestiegen, für Glasflaschen sogar um 140 Prozent, berichtet der Lobbyverband weiter.
Auch wenn sich die Lage bei einzelnen Kostenfaktoren zuletzt leicht entspannt habe, bleibe der Druck hoch. Der Verband warnt, dass eine nachhaltige Erholung der Branche angesichts der weiterhin hohen Preise, steigender Löhne und des schwachen Konsumklimas noch Jahre dauern könne.
Konsumkultur verändert sich
Von einem Kulturverlust will man bei Paulaner nichts wissen. "Wir arbeiten ständig daran, das richtige Angebot für den Konsumenten zu haben", heißt es. Die Bierkultur verändere sich – aber sie verschwinde nicht.
Und wenn Italien sich um die Münchner Biertradition sorgt, ist das vielleicht weniger ein Grund zur Sorge als vielmehr ein Zeichen dafür, welchen internationalen Stellenwert sie noch immer hat.
- Presseanfrage an Paulaner Brauerei vom 15. Juli 2025
- corriere.it: "Birra, in Germania crollano i consumi: l’identità culturale va in crisi e scatta l’allarme per 1.500 birrifici" vom 9. Juli 2025
- brauer-bund.de: "Brauereien weiter unter hohem Kostendruck"
- de.statista.com: "Veränderung des Bierabsatzes in Deutschland von Mai 2023 bis Mai 2025"