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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Schneemangel wirkt sich auf Tourismus aus Eine Indoor-Skihalle in Bayern wäre "fatal"

Kein Ski-Weltcup in Garmisch, Biathlon nur auf eingelagertem Schnee in Ruhpolding: Erste Liftbetreiber resignieren im Kampf gegen das Wetter. Wie wirkt sich das auf den Tourismus aus?
Braune Pisten mit Löchern bei Temperaturen deutlich über dem Gefrierpunkt. Erste Skigebiete schließen – am Brauneck in Lenggries und am Großen Arber im Bayerischen Wald. Wird der Skitourismus dieses Jahr einbrechen?
Oswald Pehel, Geschäftsführer des Verbandes Tourismus Oberbayern München (TOM), meint, dass dieses Jahr "besonders intensiv" sei. Dabei beschäftigen Weihnachtstauwetter und schneelose Jahreswechsel seinen Verband schon seit vielen Jahren. "Das ist ein globales Problem – auch bei den Kollegen in der Schweiz liegt teilweise über 1.500 Meter kein Schnee", sagt Pehel im Gespräch mit t-online.
Schneefälle aus erster Dezemberhälfte helfen den Liftbetreibern
Investitionen in Beschneiung, unter anderem am Sudelfeld, würden sich für die Liftbetreiber jetzt auszahlen. In Ruhpolding habe man aus "leidvoller" Erfahrung schon vor vielen Jahren begonnen, Schnee zu "übersommern". Ohne diesem eingelagerten Schnee, könnte der Ski-Biathlon am Mittwoch in Ruhpolding gar nicht stattfinden.
Was den Liftbetreibern zugutekommt: die Schneefälle aus der ersten Dezemberhälfte. "Ab dem 12. Dezember hatten wir eine extrem gute Schneesituation – die Leute hatten schon die Chancen, Skifahren zu gehen", ergänzt Pehels Kollegin Miriam Hördegen.
Trotz der Warmwetterfront zwischen den Feiertagen und Neujahr sei die Stimmung in den Skigebieten "gut gewesen". Die Gäste seien auch mit dem eingeschränkten Pistenangebot zufrieden – das bestätigt Antonia Asenstorfer, Vorstand vom Verband Deutscher Seilbahnen und Schlepplifte.
Bisher keine Übernachtungseinbrüche
Zu Einbrüchen bei den Übernachtungen habe das frühlingshafte Wetter bisher nicht geführt. Laut einer Abfrage des Tourismusverbandes bei den Hoteliers soll es "gute" Buchungszahlen geben: Das Skigebiet in Garmisch-Partenkirchen sei fast auf "Vor-Corona-Niveau". In Ruhpolding seien die Zahlen im Januar bisher sogar besser als im Vorjahr.
Im Gegensatz zu höher gelegenen Skigebieten in Österreich haben die bayerischen Tourismusregionen Pehel zufolge einen entscheidenden Vorteil: Dort gebe es einen "Erlebnismix". Skifahren sei ein "wichtiger Anker", genauso aber auch "Winterwandern, Kultur, Baden und Kulinarik". Sommeraktivitäten wie Radfahren würden auch im Winter relevanter werden. "Wir müssen managen, dass unsere Hoteliers auch immer eine Skialternative in der Tasche haben", berichtet der Geschäftsführer des Tourismusverbandes. Denn die Gäste seien "hybrider", als man denkt.
"Das Problem ist, dass die Wertschöpfung beim Skifahren höher ist, wenn ich an das Liftticket, die Gastronomie und die Umsätze dort denke." Die Herausforderung sei, neue Wertschöpfungskreisläufe zu implementieren. Das ist gar nicht so einfach, denn die Liftbetreiber müssten doppelt so viele Winterwanderer "anlocken", um das finanzielle Loch, das durch weniger Skitouristen entsteht, auszugleichen. Denn Winterwanderer lassen meist weniger Geld in den Regionen.
Umstellung auf neues Winterprogramm
Die Umstellung auf ein neues Winterprogramm sei ein langer Prozess, der jedoch zügig vonstattengehen muss. Denn in einigen Jahren wird Schneefall, besonders in niedrigen Lagen, zur Seltenheit. Wichtig ist dem Geschäftsführer des Tourismusverbandes: "Bayern soll echt und authentisch bleiben." Der Bau einer Skihalle wäre deshalb "fatal". Denn der Tourismus in Bayern dürfe nicht "inszeniert" werden.
Oswald Peher stellt sich deshalb ein neues Winterparadies vor – mit einem Skiangebot, solange Schnee produziert werden kann oder solange Skifahren gesellschaftlich akzeptiert ist. Winterwandern, Höhenwandern, Wintercamping und Städtetourismus sollen das klassische Skifahren daraufhin mehr und mehr ablösen. Wie Bayerns Wintersportorte dann in zwei Jahrzehnten aussehen? "Möglicherweise gibt es in 20 Jahren noch Skitourismus am Sudelfeld, vielleicht auch nicht mehr. Eventuell ist es bis dahin sogar ein Premium-Wandergebiet", sagt der Geschäftsführer.
Die 200.000 Arbeitsplätze, die in Bayern direkt und indirekt vom Tourismus abhängen, gelte es dabei zu erhalten. "Wir haben momentan zu wenig Leute, die in der Branche arbeiten", sagt Hördegen. Entlassungen seien demnach bisher kein Thema gewesen. Außerdem würden durch die neuen Aktivitäten im Winter auch neue Arbeitsplätze entstehen.
Mehr Niederschlag in den Alpen
Das Wetter könnte den neuen Winterangeboten allerdings wieder einmal einen Strich durch die Rechnung machen. Denn wenn es nicht schneit, regnet es deutlich mehr im Alpenraum. "Vielleicht müssen sich die Menschen dann auch mehr öffnen, um bei schlechterem Wetter in der Natur unterwegs zu sein", sagt Pehel.
- Gespräch mit dem Tourismusverband Oberbayern München (TOM)
- Gespräch mit dem Verband Deutscher Seilbahnen und Lifte (VDS)
- Eigene Recherchen