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München

Debatte über tödliche Skiunfälle: Wer trägt die Verantwortung?


Wintersport in den Bergen
Tödliche Skiunfälle: Was den Wintersport aktuell so gefährlich macht

Von dpa, kwi

06.01.2023Lesedauer: 3 Min.
urn:newsml:dpa.com:20090101:230103-99-89268Vergrößern des BildesWintersportler schauen auf das Skigebiet Hintertuxer Gletscher (Archivbild): Nach der Serie von tödlichen Skiunfällen, vor allem in Tirol, werden unter Experten die Ursachen diskutiert. (Quelle: Jan Woitas/dpa)

In diesem Winter kam es bereits zu auffällig vielen tödlichen Skiunfällen: Experten sind sich bei den Ursachen nicht einig. Ein Appell geht nicht nur an Wintersportler.

In Österreich und Deutschland wird nach einer Reihe von schweren, teils tödlich verlaufenen Unfällen auf Skipisten während der vergangenen Wochen intensiv über die Ursachen diskutiert. Allein am vergangenen Mittwoch kam es zuletzt in drei Tiroler Skigebieten zu schweren Unfällen. Dabei wurden zwei Männer im Alter von 39 und 59 Jahren, ein 17-jähriger Jugendlicher und ein zweijähriges Mädchen teils schwer verletzt.

Insgesamt sind es 13 Skifahrer, die in der aktuellen Saison auf vereisten und engen Pisten bis 3. Januar tödlich verunglückten. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft Innsbruck im Fall des Todes einer 28-Jährigen aus Holland. Sie stürzte am Neujahrstag in Tirol auf dem Hintertuxer Gletscher in einem eisigen und steilen Abschnitt. Laut Augenzeugen ist sie etwa 100 Meter über die Piste gerutscht, durchbrach ein Fangnetz und soll über 20 Meter im freien Flug gegen einen Baum geschleudert worden sein.

In Tirol ereigneten sich im Dezember schwere Unfälle beim Wintersport

Ihre 27 Jahre alte Freundin stürzte ebenfalls und wurde schwer verletzt. Ähnliches erlitt eine 55 Jahre alte deutsche Skifahrerin eine halbe Stunde später im gleichen Abschnitt. Nun prüfen die Ermittler, ob dem Betriebsleiter der Bahn fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung vorzuwerfen ist.

In Tirol ereigneten sich jedoch bis Ende Dezember weitere schwere Unfälle beim Wintersport: Ein 47-Jähriger Belgier kam im Skigebiet St. Anton von der Piste ab, prallte gegen einen Baum und gegen einen Felsen und starb noch an der Unfallstelle. Tags zuvor waren zwei 17 Jahre alte Jugendliche aus Deutschland im Skigebiet Steinplatte im Bezirk Kitzbühel mit hoher Geschwindigkeit über die Piste hinausgerast. Sie stürzten über ein mit blanken Steinen und kaum mit Schnee bedecktes Gelände. Beide starben noch am Unfallort.

Österreichischer Experte sieht Schuld an schweren Unfällen bei mangelndem Können der Skifahrer

Dennoch sieht Peter Paal keine Veranlassung, wegen solcher Vorfälle die Pisten zu sperren. Der Präsident des Österreichischen Kuratoriums für Alpine Sicherheit (ÖKAS) sieht gegenüber der Austria Presse-Agentur (APA) die Schuld bei den "vielen ungeübten Skifahrern", die unterwegs seien. Paal, Anästhesist und Intensivmediziner an Kliniken in Salzburg und Innsbruck, meint, dass gerade nach der Corona-Zeit "die Ski-Fitness" gesunken sei.

Zudem müssten die Skiurlauber mehr Eigenverantwortung zeigen, denn es bestehe eine gewisse "Vollkaskomentalität". "Es nützt der beste Formel-1-Bolide nichts, wenn der Pilot schlecht ist. Und bezogen auf das Skifahren muss man sagen: Die Piloten sind schlechter geworden". Die Abfahrten seien trotz des schneearmen Winters durchaus gut präpariert. Wer in den Skiurlaub fährt, sollte auch in der Lage sein, Kunstschnee-Pisten zu meistern und seinen Fahrstil entsprechend anzupassen, so Paal.

Seinen Fahrstil im schwierigen Gelände hatte am vergangenen Mittwoch auch ein 8-Jähriger in Obergurgl nicht angepasst. Er prallte auf ein zweijähriges Mädchen, das hinter einem Schneehügel gespielt hatte und vom Jungen offenbar nicht gesehen wurde. Der Vater des Mädchens wollte ihn noch warnen – doch erfolglos. Die Zweijährige musste mit einem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus gebracht werden.

Und in Zürs in Vorarlberg verletzte sich eine 17-Jährige in Zürs schwer. Während der Abfahrt vom Schüttkopf übersah sie einen etwa fünf Meter tiefer liegenden Felsvorsprung und raste ungebremst über diesen. Die Jugendliche stürzte in ein darunter liegendes Bachbett. Ein Hubschrauber barg die Schwerverletzte.

Deutscher Skilehrerverband sieht Ursache für tödliche Skiunfälle auch im Zustand der Skigebiete

Der Präsident des Deutschen Skilehrerverbandes, Wolfgang Pohl, kritisiert im Gespräch mit der "Deutschen Presse-Agentur" die Zustände in den Skigebieten stark. Vielerorts gebe es auf den Talabfahrten nur schmale Kunstschneebänder, Stürze abseits der Piste seien sehr gefährlich. Auf den schmalen Kunstschneepisten sei oft nicht genug Platz für alle Skifahrer, sagt Pohl. Gerade in den Weihnachtsferien sei es in den bayerischen und den Tiroler Skigebieten richtig voll gewesen. "Dann wird es eng, dann kommt es zu Beinahe-Zusammenstößen", sagt er. Wer ausweicht und dann mit hoher Geschwindigkeit stürzt und in die nicht-eingeschneiten Flächen neben den Pisten fällt, riskiere schwere Verletzungen.

Früher waren die Skigebiete auch jenseits der Pisten eingeschneit. Jetzt sind dort Felsen und Baumstümpfe zu sehen. Wer in Naturschnee stürze, falle relativ weich – "jetzt fällt man extrem hart, kollidiert unter Umständen mit Felsen und Bäumen, und das ist natürlich lebensgefährlich".

Auch in Österreich läuft die Debatte, wer für die vielen tödlichen Skiunfälle verantwortlich ist. Genannt wird auch der Klimawandel. In dessen Angesicht müssten sich die Betreiber von Liften schon die Frage stellen, sagt Andreas Ermacora, Präsident des Österreichischen Alpenvereins im ORF, "ob eisige Pisten in Einzelfällen gesperrt werden müssten, wenn solche Verhältnisse wie derzeit herrschten".

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und Österreichische Presseagentur APA
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