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Markus Söder will Wölfe abschießen lassen


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Auf Stimmenfang in den Bergen
Söder und der böse Wolf

Von Klaus Wiendl

03.08.2022Lesedauer: 3 Min.
Markus Söder setzt sich dafür ein, Wölfe in Bayern auch abschießen zu dürfen. Auf einer Almbegehung preschte der bayerische Ministerpräsident weit vor, zum Gefallen seiner Zuhörer.Vergrößern des Bildes
Markus Söder setzt sich dafür ein, Wölfe in Bayern auch abschießen zu dürfen. Auf einer Almbegehung preschte der bayerische Ministerpräsident weit vor, zum Gefallen seiner Zuhörer. (Quelle: Klaus Wiendl / Martin Wagner/imago-images-bilder)

Mensch gegen Wolf: Seit die Tiere wieder zurück in Bayern sind, tobt ein Kampf zwischen Gegnern und Tierschützern. Auf einer Bergtour poltert Markus Söder.

Die Almbauern prägen die Bergwelt und pflegen die Kulturlandschaft. Doch diese Idylle ist bedroht, heißt es von ihnen: Der Wolf geht um. Auch unweit der Sieblialm sei er schon gesichtet worden. Die Alm mit 45 Rindern existiert seit dem 17. Jahrhundert und liegt auf 1.150 Metern Höhe, in den Bergen südlich des Tegernsees. 600 Wanderer haben sie am Mittwoch besucht – einer von ihnen war Markus Söder, unterwegs auf Stimmenfang.

Die riesige Wanderung war Ausgangspunkt der diesjährigen "Hauptalmbegehung" des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern. Im Schlepptau hatte Söder seine Agrarministerin Michaela Kaniber, Umweltminister Thorsten Glauber, Landtagspräsidentin Ilse Aigner und aus Berlin die Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium, Manuela Rottmann (Grünen). Die Almbauern wollten ihnen etwas zeigen.

Der Wolf in Bayern – und was Markus Söder dazu sagt

Der Politiprominenz sollte hier vor Augen geführt werden, "dass ein Elektrozaun gegen den Wolf nicht möglich ist", wie Bezirksalmbauer Anton Maier in das Thema einstimmte. Dieser Zaun müsste über sieben Kilometer lang sein und bis auf Höhe von 1.350 Metern errichtet werden. "Das ist nicht machbar."

Maier als Eigentümer der Sieblialm ist sich sicher, dass die vor wenigen Wochen auf der nahen Ableitenalm gerissenen Schafe eindeutig auf "einen Wolf hindeuten". Ein Wolf habe auch Kälber über steile Felswände getrieben und zum Absturz gebracht. Oftmals seien die Raubtiere schon gesichtet worden. Und in Bad Wiessee, nahe der Gaststätte "Bauer in der Au", wird ein abgenagtes Rotwild-Kadaver dem Beutegreifer Wolf zugeschrieben.

Dieses Problem solle Söder in Berlin zur Sprache bringen. "Wir brauchen für den Wolf eine Bestandsregulierung und großzügige Weideschutzzonen", appellierte Maier. Bestandsregulierung, das heißt freilich: Abschuss. In Deutschland gebe es inzwischen 2.000 Wölfe, "mit steigender Tendenz". Maier zeichnet ein düsteres Bild: Wenn hier nicht bald etwas geschehe, "dann gibt es in ein paar Jahren keine Almwirtschaft mehr."

Münchner Agrarministerin Kaniber poltert gegen die EU

Die mitgewanderten Politiker sollen für den "Erhalt der Kulturlandschaft kämpfen, damit die in Berlin endlich in die Gänge kommen". Man dürfe nicht immer nur "auf Brüssel warten", redete sich Maier in Rage. Das EU-Recht ist in Sachen Wolf recht klar: Einen Wolf zu töten, ist für Menschen fast immer verboten.

In Deutschland waren Wölfe einst ausgerottet, werden inzwischen allerdings geschützt und bahnen sich ihren Weg zurück. Vor allem Landwirte kämpfen heftig dagegen an, sehen ihre beruflichen Existenzen von ihm bedroht, plädieren immer wieder dafür, die Tiere abschießen zu dürfen. Doch es gebe Alternativen zur Waffe, sagen etwa Wolfsschützer: Sie befürworten Elektrozäune oder Herdenschutzhunde. Die seien aber nicht praktikabel, lautet der Widerspruch.

Agrarministerin Kaniber forderte, dass der Bund beim Aktionsplan Wolf für ganz klare Verhältnisse sorgen und die FFH-Regelung zu wildlebenden Tieren, die den Wolf in Europa schützt, abschaffen sollte. "Wir werden bis zum Herbst gesetzlich dafür sorgen, dass der Wolf entnommen werden kann, wo eine Umzäunung nicht möglich ist." Die CSU-Agrarministerin forderte auch ein Monitoring über den Bestand von Wölfen im bayerischen Alpenraum.

Markus Söder: Ein Tierfreund mit Gewehr

Und Söder? Der sei zwar sehr tierfreundlich, sagte er. "Aber der Wolf gehört hier nicht her, es ist nicht sein Lebensraum." Sätze, die die Almbauern sicher gerne hörten – wenngleich Söder eine wissenschaftliche Begründung schuldig blieb. In der Lüneburger Heide – also im Norden, weit weg von Bayern – könnten "die Wölfe laufen und laufen", dort seien nun mal andere Verhältnisse als auf Almen. "Wie will ich hier einen Zaun machen?", fragte er.

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Inzwischen fordere der enorme Bestand des Wolfes sogar "den klassischen Kultur-, Wirtschafts- und Lebensraum in Bayern heraus." Im Zweifelsfall müsse der Wolf auf Anordnung eines Landratsamtes auch geschossen werden dürfen, meinte Söder. "Die Almwirtschaft ist wichtiger als ein einzelner Wolf", sagte der CSU-Vorsitzende unter großem Beifall. Und rief seinem Publikum zum Abschluss zu: "Emotionen runter, Vernunft hoch!" Während die anderen weiter schwitzten, zog Söder von dannen.

Statt sich noch stundenlang auf eine bergige Tour zu den anderen fünf im Programm vorgesehenen Almen zu begeben, zog es den Ministerpräsidenten bergab zur wartenden Limousine. Landtagspräsidentin Aigner dagegen hielt die schweißtreibende Wanderung rund um den Risserkogel durch. Sie hatte viel Zeit für Einzelgespräche zum Thema Wolf.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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