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München: Baby-Boom im Lockdown – wie Corona die Geburtshilfe fordert


Geburten in Pandemie-Zeiten
Baby-Boom im Lockdown – wie Corona die Geburtshilfe fordert

Von Kaja Godart

Aktualisiert am 12.02.2021Lesedauer: 4 Min.
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Eine Mutter stillt mit Mundschutz ihr Neugeborenes (Symbolbild): Die Pandemie fordert die Geburtshilfe und werdende Eltern heraus.Vergrößern des Bildes
Eine Mutter stillt mit Mundschutz ihr Neugeborenes (Symbolbild): Die Pandemie fordert die Geburtshilfe und werdende Eltern heraus. (Quelle: imagebroker/Jacek Sopotnicki/imago-images-bilder)

Volle Kreißsäle, Hebammen in Vollmontur und positiv getestete Schwangere: Die Pandemie verlangt der Geburtshilfe einiges ab – und im Lockdown kommen immer mehr Babys zur Welt.

München ist im Lockdown, aber das stört die Babys nicht. Jeden Tag kommen in der Landeshauptstadt Kinder zur Welt. Und momentan sogar besonders viele: Der erste Lockdown im Frühjahr macht sich in den Kliniken jetzt bemerkbar: "Meine Kreißsäle sind zurzeit richtig voll", berichtet Professorin Bettina Kuschel, Leiterin der Sektion für Geburtshilfe am Klinikum rechts der Isar. 200 Kinder kamen hier im Januar auf die Welt, im vorigen Jahr waren es nur 150. Hohe Geburtszahlen und die Pandemie sind eine besondere Herausforderung für die Kliniken. Und für die werdenden Eltern.

Zum Beispiel für Sarah und Chris Gärtner (Namen geändert) aus Au-Haidhausen. Mitten im Januar-Lockdown kam ihre Tochter in der Frauenklinik Dr. Geisenhofer zur Welt. Auch wer mit Wehen dort ankommt, darf nur mit FFP2-Maske, Temperaturmessung und Angabe der Personalien rein. Seit Beginn der Corona-Pandemie ist alles viel aufwendiger geworden.

"Patientinnen bringen uns wissentlich in Gefahr"

Das Problem sei, erklärt Kuschel, die Patientenströme Corona-konform zu leiten, um Kontakte in Fluren und Wartebereichen zu reduzieren und Partner, Geschwisterkinder und Großfamilien aus dem ambulanten Bereich herauszuhalten. Dazu kommen tägliche Diskussionen mit Angehörigen, die einfach nicht einsehen wollen, dass Schwangere erst einmal alleine zu den Untersuchungen sollen. Und dann sind da noch die, die mit Symptomen in die Klinik kommen und nichts sagen. "Manche Patientinnen bringen uns wissentlich in Gefahr, da könnte man manchmal wirklich wütend werden", sagt Kuschel.

Dabei sind die Abläufe im Klinikum rechts der Isar seit Beginn der Pandemie Corona-gerecht geplant: Paare ohne erkennbare Risiken melden sich nur noch telefonisch zur Geburt an. Wer die Frauenklinik betritt, muss neben Temperaturmessung auch einen Corona-Fragebogen ausfüllen. "Bei stationärer Aufnahme sowie bei Husten, Halsschmerzen oder anderen Corona-ähnlichen Symptomen werden sofort ein Schnelltest sowie ein PCR-Test angeordnet, das PCR-Ergebnis liegt schon nach wenigen Stunden vor", erklärt Kuschel.

Geburtshilfe für Corona-Patientinnen

Wenn die Geburt losgeht, muss der werdende Vater zunächst draußen bleiben. Und zwar ganz draußen. Im Wartezimmer ist derzeit kein Platz für einen gemütlichen Papa-Plausch. Viele Münchner Kliniken verlangen auch einen negativen Corona-Test, wenn der Partner bei der Geburt dabei sein will. Erst wenn eine Schwangere in einen eigenen Kreißsaal kommt, darf ihr Partner dazukommen.

In jedem Kreißsaal gibt es Corona-Schutz-Vollmonturen für das Team. Die sind vor allem dafür da, Geburten von positiv auf Corona getesteten Frauen zu begleiten. Denn es kommen auch Schwangere, die bereits Corona haben, oder in der Geburtsklinik positiv getestet werden. "Wir hatten in der letzten Zeit etwa alle zwei Wochen so einen Fall – zum Glück waren die meisten Frauen nicht schwer erkrankt", berichtet Kuschel. "Wir machen aber auch dann das, was wir in der Geburtshilfe schon immer gemacht haben: Das Kind auf die Welt begleiten – nur eben in Vollmontur", erklärt die Gynäkologin.

Bisher kaum Personal erkrankt

Bei Corona-positiven Frauen bleibt die Hebamme möglichst immer im Kreißsaal, egal wie lange die Geburt dauert, es soll keiner raus und rein, es werden lediglich Dinge hinein- oder hinausgereicht, die Luft aus dem Kreißsaal direkt nach draußen gesaugt. "Wir fühlen uns ganz gut geschützt", erklärt Kuschel, bisher sei kaum Personal erkrankt, die meisten seien mittlerweile auch geimpft. Werdende Mütter sollten ihre Maske trotzdem unter der Geburt aufbehalten, auch in der letzten Phase. "So richtig gestört hat es am Ende aber auch nicht, man ist ja sowieso irgendwie in einem anderen Zustand, und ohne Maske habe ich es ja noch nie erlebt", erzählt Sarah Gärtner.

Positiv auf Corona getestete Mütter werden mit ihren neugeborenen Babys direkt auf die Isolierstation verlegt. Sie bekommen in den meisten Fällen eine abgeschirmte Box oder ein Einzelzimmer. "Eine Ärztin von uns betreut die Frau auf der Corona-Station, die Still- und Säuglingspflegeanleitung findet ebenfalls dort statt", berichtet Kuschel.

Die Gärtners bekamen auch ein Einzelzimmer, aber nicht aus Corona-Schutzgründen, sondern weil ihr Baby ein sehr geringes Geburtsgewicht hatte und noch eine Woche in der Klinik bleiben sollte. "Alle haben sich wahnsinnig bemüht, es uns so angenehm wie möglich zu machen", erzählt Sarah Gärtner.

Besuche für Corona-negative Mütter erlaubt

Neugeborene Babys gesunder, negativ getesteter Mütter kommen im Klinikum rechts der Isar auf die normale Wöchnerinnenstation. Der Partner darf für eine Stunde am Tag zu Besuch kommen, Besuche von Geschwistern, Großeltern, Tanten und Onkels sind tabu. "Seitdem ist es auf der Station viel ruhiger geworden", beobachtet Kuschel. "Das macht sich beim Personal und bei den Frauen deutlich bemerkbar, wir haben beispielsweise bessere Stillquoten seitdem, weil die Frauen einfach mehr Zeit und Ruhe für ihr Neugeborenes haben. Die meisten Frauen finden das toll, manche fragen sogar, ob sie länger bleiben können!"

Die jungen Eltern waren allerdings froh, nach der langen Klinikwoche endlich zu dritt nach Hause zu dürfen. "Uns wurde in der Klinik empfohlen, gar keinen Besuch zu empfangen, bis sich die Situation wieder verbessert", erzählt der Familienvater.

Die engsten Familienmitglieder haben sich testen lassen, um das Baby zu besuchen, Freunde und Nachbarn durften es kurz an der Haustüre sehen, Geschenke und Essen wurden vor die Tür gestellt. "Das hat uns wahnsinnig gefreut", strahlt die neue Mama. "Jetzt freuen wir uns auf Spaziergänge, auf die uns zumindest ein Freund oder eine Freundin begleiten kann, um unser Baby kennenzulernen."

Verwendete Quellen
  • Gespräche mit den Protagonisten (Namen der Redaktion bekannt)
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