Streit um Mindestfahrpreise Münchner Taxifahrer fürchtet drohende Insolvenz

Es ist ein nicht enden wollender Streit: Die Taxibranche fordert einen Mindestfahrpreis für Plattformanbieter, die wiederum weigern sich. Ein Taxifahrer erzählt von seinen Sorgen.
Der Streit in München zwischen den Taxifahrern und Fahrdienstleistern wie Uber geht weiter. Allein vergangene Woche hat der Bundesverband Taxi und Mietwagen zweimal vor dem Münchner Rathaus demonstriert. Sein Anliegen: Mindestfahrpreise für Taxi-ähnliche Fahrten von Anbietern wie Uber oder Bolt.
Eine Forderung, der unter anderem Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) nicht nachkommen will. Im Gespräch mit t-online erzählt ein Taxifahrer, was das für ihn und seine Zukunft bedeutet. Gleichzeitig erhebt er schwere Vorwürfe gegen die Konkurrenz.
Münchner Taxifahrer schockiert über niedrige Fahrpreise
Der 36-jährige Ahmet Kaya ist seit 2016 Taxifahrer und seit 2017 Einzelunternehmer. Dass die Münchner in Zeiten von ständig steigenden Lebenshaltungskosten auf günstigere Alternativen wie Uber zurückgreifen, versteht er. Doch er sagt auch: "Wir als Taxiunternehmer haben fest vorgegebene Preise vom Gesetzgeber." Derzeit liege der Kilometerpreis in München bei 2,70 Euro. Hinzu kommt eine Schaltgebühr von 5,90 Euro.
Der 36-Jährige rechnet vor: "Das ist bei einer Zehn-Kilometer-Fahrt ein durchschnittlicher Kilometerpreis von knapp über drei Euro." Ein Preis, der wirtschaftlich für Kaya "ganz okay" sei und mit dem er gewährleisten könne, dass er seine Kosten decke und gleichzeitig noch Geld verdiene.
Für ihn hingegen ist somit unbegreiflich, "wie andere Anbieter für ein Drittel von meinem Preis fahren können" und die Kosten trotzdem gedeckt werden. "Das ist mathematisch gar nicht möglich." Kaya arbeitet überwiegend am Münchner Flughafen. Von hier muss er für eine Fahrt zum Hauptbahnhof einen Fixpreis von 106 Euro verlangen – "dieselbe Fahrt macht ein Plattformanbieter aktuell für 50 oder 60 Euro".
Taxifahrer wirft Uber und Co. Regelverstöße vor
Dabei kritisiert der Taxifahrer, dass sich Plattformanbieter nicht an Regeln hielten und nennt die Rückkehr zum Standort als Beispiel. "Die sind teilweise bis zu 150 Kilometer von München entfernt, in Traunstein oder Ulm." Damit hätten sie auch weniger Betriebskosten.
Zudem wirft der Taxler Uber vor, dass das Unternehmen in Deutschland so gut wie keine Steuern zahle. Laut Kaya sei das der Grund, weshalb beispielsweise Uber und Bolt mehr Fahrten machen könnten. Den Taxlern wiederum fehle es dadurch an Fahrten, die Wartezeiten seien länger, und auch der Tagesumsatz reiche nicht mehr aus. "Wenn es möglich ist, dass man günstiger fährt, dann sollen unsere Preise auch heruntergestuft werden, damit wir noch irgendwie mithalten können."
Der Fahrdienstanbieter Uber weist die Vorwürfe auf Nachfrage von t-online zurück. Klaus Gorny, Pressesprecher von Uber Deutschland, sagt dazu: "Uber arbeitet in München mit lokalen Unternehmern zusammen, die ebenfalls in Deutschland Steuern zahlen." Der größte Teil der Umsätze, die über die Uber-App erzielt werden, verbleibe daher im lokalen Wirtschaftskreislauf und werde dort versteuert. Zu dem Vorwurf, dass die Uber-Fahrer nicht zu ihren Geschäftsstellen zurückkehren müssen, äußert sich Gorny auf Anfrage von t-online nicht.
Uber spricht von einem dynamischen Preismechanismus
Zum Thema günstige Preise erklärt Gorny: "Die Preise in der Uber-App werden von unserem Generalunternehmer gesetzt, an den wir die Fahrten vermitteln." Dieser nutze einen dynamischen Preismechanismus, der ähnlich funktioniere wie bei Hotels, Airlines oder der Bahn: "Steigt die Nachfrage, steigt der Preis, sinkt die Nachfrage, sinkt auch der Preis."
Laut Kaya ist die Konkurrenz zu Plattformanbietern wie Uber in den vergangenen zweieinhalb bis drei Jahren "viel schlimmer geworden". Das habe damit zu tun, dass diese Anbieter viel mehr Fahrzeuge hätten. Dadurch könnten sie diese Preise anbieten. In München gibt es laut Kaya rund 3.400 lizenzierte Taxis. Im Vergleich dazu kommen auf die Stadt München und den Landkreis rund 7.000 Uber-Fahrzeuge.
Taxler appelliert an die Stadt und zieht OB zur Rechenschaft
"Ich bin mit dem Kilometerpreis, den wir aktuell haben, nicht zufrieden", sagt Kaya mit Blick auf die fehlenden Fahrten. "Es kann nicht sein, dass ein Taxi am Hauptbahnhof, dem zentralsten Ort der Stadt, dreieinhalb Stunden auf einen Fahrgast wartet – da kann man ja gar kein Geld verdienen." Deshalb fordert Kaya den Mindestpreis für eine "faire Konkurrenz und ein faires Geschäftsmodell".
Sollte die Stadt keine Mindestfahrpreise für Fahrdienstanbieter wie Uber erlassen, drohe Taxifahrern wie Kaya die Insolvenz. "Es gibt für uns nur noch zwei Optionen: Entweder schauen wir zu, in der Hoffnung, dass sich was ändert und gehen trotzdem insolvent – oder wir kämpfen dafür."
Ahmet Kaya hat eine E-Mail an Münchens OB Dieter Reiter (SPD) geschrieben. Mit dabei: Ein Schreiben seiner Vermieterin, die ihm mit der Kündigung droht, da er mehrere Monate seine Miete nicht hatte rechtzeitig zahlen können. Der 36-Jährige vermutet, dass Reiter sich nicht gegen Uber stellen wolle, da es ein großes Unternehmen sei. Reiter habe Angst vor zu vielen negativen Kommentaren im Hinblick auf die anstehende OB-Wahl im kommenden Jahr. "Ich appelliere an die Stadt: Es geht nicht nur um Existenzen, sondern um Gerechtigkeit."
- Interview mit Münchner Taxifahrer Ahmet Kaya am 1. August 2025
- Schriftliche Anfrage an Uber Deutschland am 1. August 2025