Auch in München Bezahlkarte für Flüchtlinge: Tauschstationen in ganz Bayern

Bayern hat als eines der ersten Bundesländer eine Bezahlkarte eingeführt. Organisationen helfen Geflüchteten dennoch, an Bargeld zu kommen – und berichten von großem Zulauf.
In Bayern haben Asylsuchende trotz der vor einem Jahr eingeführten Bezahlkarte weiterhin Zugang zu Bargeld. Das Netzwerk "Offen!" hat Tauschstationen in allen bayerischen Regierungsbezirken eingerichtet, wie Katharina Grote vom bayerischen Flüchtlingsrat mitteilt.
In der Landeshauptstadt öffnet beispielsweise täglich für zwei Stunden eine der Tauschstationen. Pro Tag kommen zwischen 100 und 130 Menschen, um Bargeld einzutauschen. Zur Vermeidung langer Wartezeiten wurde inzwischen eine digitale Warteschlange eingerichtet.
Gutscheine gegen Geld
An den Tauschstationen können Asylsuchende Gutscheine im Wert von 50 Euro gegen Bargeld eintauschen. Diese Gutscheine kaufen sie zuvor mit der Bezahlkarte etwa in Supermärkten. Ehrenamtliche tauschen die Gutscheine später wieder gegen Bargeld ein.
"Wir sind froh, dass wir damit zeigen können, dass wir solidarisch bleiben, uns nicht spalten lassen und nicht zulassen, dass die Geflüchteten zum Ziel einer Sündenbock-Politik werden", sagt Grote vom Bayrischen Flüchtlingsrat. Das Tauschmodell sei sehr erfolgreich, mittlerweile auch bundesweit.
Organisationen sprechen von Diskriminierung
Die Initiative "Offen!", zu der unter anderem Amnesty International, die Caritas und Pro Asyl gehören, steht der Bezahlkarte kritisch gegenüber. "Die Bezahlkarte hat massive Auswirkungen auf Geflüchtete, sie diskriminiert sie im Alltag", meint Grote. Auf dem Land sei die Kreditkartenzahlung nicht überall möglich. Zudem könnten Asylsuchende mit der Karte nicht in "Community-Läden" einkaufen, wo sie Lebensmittel aus ihren Herkunftsländern finden.
Der 48-jährige Bose aus Nigeria lebt als Asylsuchender in München. Er nutzt die Tauschstationen mindestens einmal im Monat. Die Bezahlkarte sei an vielen Orten nicht einsetzbar. Er benötige das Bargeld unter anderem für Anwaltskosten.
CSU schimpft über "linke Umgehungs-Industrie"
Bayern führte die Bezahlkarte im März vergangenen Jahres als eines der ersten Bundesländer ein. Asylbewerber können damit maximal 50 Euro pro Monat abheben. Online-Käufe sind nicht möglich, Überweisungen nur teilweise. In Bayern kann der Karteneinsatz außerdem auf den Wohnort der Geflüchteten begrenzt werden.
Nach Angaben des bayerischen Innenministeriums stieg die Zahl der freiwilligen Ausreisen nach Einführung der Bezahlkarte um knapp 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Ein direkter Zusammenhang mit der Bezahlkarte ist jedoch nicht belegt, da die Ausreisemotivation nicht erfasst wird.
Die CSU reagierte verärgert auf die Tauschaktionen. Die Partei kündigte an, sie zu verbieten und unter Strafe zu stellen. Von einer "linken Umgehungs-Industrie" war die Rede. Das bayerische Innenministerium erklärt, dass derzeit keine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit für solche Umgehungen vorliege. Diese könne jedoch durch den Bundesgesetzgeber geschaffen werden.
Mittlerweile haben fast alle Bundesländer die Bezahlkarte für Asylsuchende eingeführt.
- Material der Nachrichtenagentur dpa
- Dieser Text wurde teilweise mit maschineller Unterstützung erstellt und redaktionell geprüft. Wir freuen uns über Hinweise an t-online@stroeer.de.