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Frauen in der Politik
Grünen-Politikerin Schulze: "Wir brauchen auch die Männer"

InterviewVon Sarah Koschinski

Aktualisiert am 10.05.2025 - 06:13 UhrLesedauer: 4 Min.
Professorin Ursula Münch (links) und Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze wollen mehr Frauen in Vorbilderrollen.Vergrößern des Bildes
Professorin Ursula Münch (links) und Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze wollen mehr Frauen in Vorbilderrollen. (Quelle: Sarah Koschinski)
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In der Politik ist das weibliche Geschlecht bis heute unterrepräsentiert. Zwei Frauen, die in Bayern viel zu sagen haben, sind sich einig: Es braucht mehr Frauen als Vorbilder.

Sowohl im bayerischen Landtag als auch im Bundestag ist der Anteil der Frauen rückläufig. Der Freistaat landet im Ländervergleich auf dem letzten Platz, was den Frauenanteil im Landtag betrifft – nur ein Viertel der Abgeordneten sind Frauen. Die Situation macht deutlich: Beim Thema Geschlechtergerechtigkeit besteht weiterhin Handlungsbedarf – sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag, Katharina Schulze, und die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch von der Akademie für Politische Bildung sprechen im Interview mit t-online darüber, wie wichtig die Gleichberechtigung der Geschlechter in der Politik, aber auch in der Gesellschaft ist. Und welchen Stellenwert sie für den Erhalt der Demokratie jetzt und auch in Zukunft hat.

t-online: Frau Schulze, wären Sie manchmal gerne ein Mann in der Politik?

Schulze: Nein. Ich möchte kein Mann sein. Ich bin froh, eine Frau zu sein. Aber ich wäre gerne eine Frau in einem politischen System, in dem es egal ist, welches Geschlecht man hat. Mich ärgert es, dass Frauen nicht nur in der Politik, sondern in der gesamten Gesellschaft andere Bewertungsmaßstäbe bekommen. Und das möchte ich gerne abschaffen. Ich möchte Bayern zum ersten gleichberechtigten Bundesland machen, bei dem es diese Unterschiede nicht mehr gibt.

Sie sind in München aufgewachsen. Wo sehen Sie insbesondere in der bayerischen Landeshauptstadt Probleme beim Thema Geschlechtergerechtigkeit und was müsste man tun, um sie zu beheben?

Schulze: Beim Thema bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Hier ist meine große Kritik an der bayerischen Staatsregierung, dass Markus Söder oft und viel redet – vor allem über sich selber –, aber über Themen, die Frauen, Kinder und Familien betreffen, schweigt er. Das ist ihm wohl einfach nicht wichtig. Politisch müssen wir es schaffen, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für alle möglich ist. Gerade in Ballungsregionen wie München, wo oft beide Elternteile arbeiten müssen, muss das möglich sein. Ich möchte, dass die Familienpolitik und Bildungspolitik für Kinder in Bayern einen höheren Stellenwert im Landtag bekommen und dafür auch mehr Geld und Ressourcen zur Verfügung stehen.

(Quelle: Anja Mörk)

Zur Person

Die Politikerin Katharina Schulze ist seit 2017 die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag und ging bereits zweimal als Spitzenkandidatin in den Landtagswahlkampf. Seit 2013 vertritt sie den Stimmkreis München-Milbertshofen im Parlament. Seit 2018 ist sie die direkt gewählte Abgeordnete des Wahlkreises. Ihre Mission: "Ich möchte Bayern zu einem Land der ökologischen Nachhaltigkeit, der digitalen Chancen und der Weltoffenheit sowie zum ersten echten gleichberechtigten Bundesland weiterentwickeln."

Und was läuft strukturell falsch, wenn es um gleichberechtigte Teilhabe geht?

Münch: Die strukturellen Probleme liegen darin, dass es sich um ein Politikfeld handelt, das alle relevant und schön finden, aber das zu wenig Durchsetzungskraft hat. Weil: Irgendwie bekommt man es dann doch immer hin. Viele bleiben dabei aber auf der Strecke. Mir macht das große Sorgen, dass wir eine komplette Überreizung unserer sozialen Sicherungssysteme haben und auf den künftigen erwerbstätigen Generationen immer noch mehr Belastung landet.

Der Freistaat und seine Landeshauptstadt München sind bekannt für ihre Tradition, sei es der Besuch im Wirtshaus oder auf dem Oktoberfest. Wie schafft man den Spagat zwischen Tradition und Gleichstellung?

Münch: Jedes Flächenland in der Bundesrepublik Deutschland – das trifft natürlich dann auch ganz stark den Freistaat Bayern – hat immer diesen Spagat zwischen einer urbanen, einer großstädtischen und einer ländlichen Bevölkerung. Nicht nur ein großstädtisches Publikum, sondern auch eine ländliche Bevölkerung anzusprechen, ist Aufgabe der Politik, der auch die Grünen nicht immer gerecht werden – auch wieder aus strukturellen Gründen.


Quotation Mark

Wir brauchen auch Männer, die sich diesem Kampf anschließen.


Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen


Schulze: Wir müssen davon wegkommen, Gleichberechtigung als ein rein modernes oder progressives Thema zu sehen. Ehrlich gesagt: Gleichberechtigung ist ein Grundrecht. Deswegen ist es der Auftrag von allen politischen Kräften, genau daran zu arbeiten. Und da ist es egal, ob ich in der Stadt oder auf dem Land wohne. Frauenrechte sind ein Gradmesser der Demokratie. Wenn wir uns jetzt noch verteidigen müssen, dass wir uns für die Gleichberechtigung einsetzen, dann haben wir wirklich ein Problem. Deshalb brauchen wir auch Männer, die sich diesem Kampf anschließen.

(Quelle: Privat)

Zur Person

Professorin Ursula Münch ist seit 2011 Direktorin der Akademie für Politische Bildung. Damit ist sie die erste Frau an der Spitze der Institution in Tutzing. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen die Föderalismusforschung, die Parteienforschung und die Politikfeldanalyse. Außerdem arbeitet sie zu Fragen der gesellschaftlichen Integration und des demografischen Wandels.

Wie wichtig sind weibliche Vorbilder in Machtpositionen – gerade bei Weltmächten wie der USA oder Russland?

Münch: Wenn man nur ein männlich geprägtes Umfeld und Vorbilder hat, dann prägt das natürlich auch junge Frauen und was sie erreichen können. Dass eine Frau Schulze in dieser Position ist, zwei Kinder hat, der Mann Minister ist und sich trotzdem um die Kinder kümmert – das ist auch ein Vorbild.

Zahlen zum Bayerischen Landtag

Im Bayerischen Landtag sitzen derzeit 203 Abgeordnete. 51 davon sind weiblich. Somit liegt der Frauenanteil bei rund 25 Prozent. Im Bundestag (Stand: Februar 2025) gibt es insgesamt 630 Abgeordnete, von denen 204 weiblich sind. Damit liegt der Frauenanteil bei rund 32 Prozent.

Wo sehen Sie Deutschland in zehn Jahren beim Thema "Frauen an der Macht" – und was muss passieren, damit dieser Fortschritt gelingt?

Schulze: Ich hoffe, dass wir nicht noch weiter zurückfallen. Der Rückschritt ist überall spürbar. Ich wünsche mir, dass wir in zehn Jahren Parität in den Parlamenten haben. In einem Jahr ist Kommunalwahl in Bayern und mit dem überparteilichen Bündnis "Bavaria ruft", in dem ich mich engagiere, wollen wir Frauen unterstützen, zu kandidieren. Wenn genauso viele Frauen wie Männer an den Tischen der Entscheidungen sitzen, werden die Ergebnisse besser sein.

Münch: Die guten Frauen müssen die noch besseren Frauen unterstützen und daran hapert es gelegentlich. Gerade in der Politik. Eine Frau hat es geschafft, dann denkt man sich, das reicht doch jetzt. Aber man muss unter Umständen auch bereit sein, selber auch mal zu sagen, man bringt eine Frau nach vorn, die befähigt ist.

Zum Schluss: Wie bewerten Sie Friedrich Merz' Wahl-Pleite bei der ersten Wahlrunde zum Bundeskanzler?

Katharina Schulze: Es war auf jeden Fall ein Paukenschlag. Das gab es noch nie in der Bundesrepublik. Diese Koalition hat sich sehr groß gemacht am Anfang – und dann schaffen sie es nicht mal, eine Mehrheit für die Wahl des Kanzlers zu bekommen. Und wenn wir das jetzt weiterdenken: Wie kann sich Friedrich Merz jetzt sicher sein, dass er die Mehrheit bei anderen Themen hat? Da starten sie schon mit einer Bürde. Wir brauchen in Deutschland jetzt schnell eine stabile und handlungsfähige Bundesregierung – nicht nur mit Blick auf die Herausforderungen in unserem Land, sondern auch mit Blick auf Europa und die Welt.

Ursula Münch: Das kann der berühmte Weckruf gewesen sein. Es war vermutlich ein Unfall. Ein Unfall, den mehrere, vermutlich individuell, absichtlich herbeigeführt haben. Das war verantwortungslos. Die haben ganz schön was riskiert.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Katharina Schulze und Ursula Mönch
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