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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Prozess am Landgericht Prozess: Gericht verurteilt Jérôme Boateng
Bereits zum vierten Mal steht Jérôme Boateng wegen Gewalt an seiner Ex-Freundin vor Gericht. Nach sechs Verhandlungstagen ist jetzt das Urteil gefallen.
Am Freitag, 14. Juni, ging der Prozess um den Ex-Nationalspieler in die vierte Runde. Am sechsten Verhandlungstag gibt es nun ein Urteil: Jérôme Boateng wird von der Vorsitzenden Richterin Susanne Hemmerich wegen vorsätzlicher Körperverletzung schuldig gesprochen.
Das Gericht verhängte eine Geldstrafe unter Vorbehalt von 40 Tagessätzen zu je 5.000 Euro. Ähnlich wie bei einer Freiheitsstrafe "auf Bewährung" muss Boateng diese 200.000 Euro nur zahlen, sollte er sich binnen eines Jahres noch einmal etwas zuschulden kommen lassen. Die Geldsumme, die Boateng definitiv bezahlen muss, beläuft sich auf 100.000 Euro. Diese gehen aufgeteilt in jeweils 50.000 Euro an gemeinnützige Einrichtungen. Sollte Boateng diese Summe innerhalb der kommenden Monate nicht zahlen, so muss er stattdessen die 200.000 Euro zahlen.
Vorfall im Juli 2018 sei "einmaliger Ausnahmefall"
Nach der Verkündung zeigen sich die drei Parteien relativ zufrieden mit dem Urteil. Boatengs Verteidiger Leonhard Walischewski betonte noch einmal, dass der Vorfall im Juli 2018, der hier Gegenstand des Gerichtsverfahrens war, ein "einmaliger Ausnahmefall" gewesen sei. Abgesehen von diesem einen Mal habe es ansonsten nie Übergriffe auf Frauen gegeben. Walischewski zeigte sich außerdem erfreut darüber, dass sein Mandant nicht wegen gefährlicher Körperverletzung, wie es in der Anklage der Staatsanwaltschaft stand, verurteilt wurde.
Jérôme Boateng selbst saß während der Urteilsverkündung zurückgelehnt und mit im Schoß verschränkten Händen auf der Anklagebank und hörte der Richterin bei ihrer Urteilsbegründung aufmerksam zu.
Für die Anwälte von Boateng und seiner Ex-Freundin ist das Urteil ein Erfolg
Auch für Carolin Lütcke, die Anwältin von Boatengs Ex-Freundin, sei das Urteil ein Erfolg. Für sie zähle, dass häusliche Gewalt ernst genommen werde und "nach sechs Jahren am Ende des Tages ein Schuldspruch ausgeworfen wurde", sagt sie t-online. Dabei spiele die Tagessatzhöhe sowie die Höhe des Geldbetrages eine Nebenrolle.
Die Vertreter der Anklage zeigten sich nicht ganz so zufrieden. Anne Leiding, Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft München I, sagte nach der Urteilsverkündung: "Wir hatten eine deutlich höhere Geldstrafe gefordert und diese auch nicht unter Vorbehalt." Außerdem hatte die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung gefordert.
Staatsanwaltschaft überlegt, ob sie Rechtmittel einlegt
Laut Leiding hat die Staatsanwaltschaft jetzt die Möglichkeit, innerhalb einer Woche Revision beim Bayerischen Obersten Landesgericht einzulegen. "Wir müssen dabei aber eine Vielzahl an Punkten und Interessen berücksichtigen." Dazu gehöre die lange Verhandlungsdauer (sechs Jahre) sowie die Interessen aller Verfahrensbeteiligten. "Ich kann nur sagen, dass wir uns das innerhalb dieser Woche gut überlegen und dann entscheiden werden."
Richterin: "Nichts übrig geblieben"
Das Gericht kam zu dem Schluss, "dass von dem Vorwurf des notorischen Frauenschlägers nichts übrig geblieben ist", so Richterin Hemmerich. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Geldstrafe in Höhe von 1,12 Millionen Euro gefordert. Die Verteidigung hatte sich dagegen lediglich für eine "moderate Geldstrafe" wegen fahrlässiger Körperverletzung oder die Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage ausgesprochen.
Bei dem Gerichtsverfahren ging es um einen Vorfall während eines Karibikurlaubs, bei dem Jérôme Boateng seine damalige Freundin und Mutter seiner Zwillingstöchter (13) unter anderem an den Haaren gezerrt und beleidigt haben soll.
- Reporterin vor Ort