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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Genderneutrale Toiletten "Was haben Sie gegen Frauen?"
Am Viktualienmarkt im Herzen der Münchner Altstadt sind die Toiletten nicht mehr nach Geschlechtern getrennt. Das löst Empörung aus.
Wo gut gegessen und getrunken wird, da braucht es auch gute Toiletten. Die gibt es am Viktualienmarkt. Öffentlich und kostenlos, nur neuerdings nicht mehr nach Geschlechtern getrennt. An den grünen Türen kleben nämlich nicht wie gewohnt zwei Schilder, die deutlich die Männer- von der Frauentoilette trennen, sondern Symbole einer Kloschüssel und eines Pissoirs. Wer hier sein Geschäft verrichten möchte, kann theoretisch auf beide Toiletten gehen. Das wird heiß diskutiert.
Die ersten Stimmen wurden auf der Plattform X laut. "Das Frauen-WC am Münchner Viktualienmarkt ist jetzt wirklich eine inklusive Gendertoilette. Hab beim Vorbeilaufen mal nachgeguckt. Jeder, der sagt, er 'identifiziert' sich als Frau, kann theoretisch jetzt rein. Die Männer haben noch ihre eigene Toilette. Willkommen im 21. Jahrhundert", schreibt eine Nutzerin.
Umfrage: Passanten auf dem Viktualienmarkt sind zwiegespalten
Eine Umfrage unter den Toilettennutzern vor Ort ergibt ein zwiegespaltenes Bild. Ein Mann, der aus der Toilette mit der abgebildeten Kloschüssel kommt, findet die Aufteilung unproblematisch: "Mich stört es jetzt nicht so, aber ich bin da auch nicht empfindlich", er. Seine Frau runzelt allerdings die Stirn und sagt: "Also ich finde es komisch und würde mir eine Trennung der Geschlechter wünschen."
Eine junge Frau, die die Toilette am Viktualienmarkt mit ihrem Sohn aufsuchen wollte, schickt dann doch lieber ihren Partner mit dem Jungen aufs Klo. Um zu der Kabine zu kommen, hätte sie am Pissoir vorbeigemusst, an dem gerade ein Mann sein Geschäft verrichtete. Ein Problem mit der fehlenden Geschlechtertrennung habe sie jedoch nicht. "In Clubs achtet da zu später Stunde ja auch niemand mehr drauf", sagt sie. Allerdings gebe es bestimmt viele Frauen, die sich Sorgen um ihre Sicherheit machen und sich unwohl fühlen.
Eine weitere Nutzerin ist offensichtlich empört über die fehlende Geschlechtertrennung bei den Toiletten am Viktualienmarkt: "Keine Toilette für Frauen mehr am Viktualienmarkt in München. Finde ich diskriminierend und frauenfeindlich. Was sagt denn die Stadt München dazu? Was haben Sie gegen Frauen?"
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Die Stadt München, speziell die Gleichstellungsstelle für Frauen, beantwortet die Frage so: "Ziel der Stadt München ist es, dass alle Menschen unabhängig ihres Geschlechts und geschlechtlichen Identität angstfrei und passend für ihre Nutzungsanforderungen Toiletten aufsuchen und nutzen können. Das gilt für Frauen, Männer und Menschen weiterer Geschlechter."
Toilettenanlagen im öffentlichen Raum, so wie die am Viktualienmarkt, seien in der Regel als Einzelplatztoiletten ausgewiesen und mit "WC" in Kombination mit Symbolen zur Ausstattung beschildert.
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Protest kommt von der "Frauen Aktion München", dem Arbeitskreis lesbischer und bisexueller Frauen. Diese hat in dieser Angelegenheit einen offenen Brief an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) geschrieben. Darin heißt es: "Dass die Frauentoilette auf dem Viktualienmarkt schon länger auch Männern offensteht, die ausschließliche Männertoilette aber als solche bestehen bleibt und somit Männer de facto zwei Toiletten zur Nutzung haben, während es keine reine Frauentoilette mehr gibt, verurteilen wir als Ungleichbehandlung von Frauen und Mädchen."
Die Initiative gibt zu bedenken, dass Frauen andere Bedürfnisse als Männer hätten, beispielsweise müssten sie sich mehr entkleiden, benutzen Menstruationsprodukte oder müssen ihr Kind mit aufs Klo nehmen. Weiter argumentiert die Initiative in ihrem offenen Brief, dass die Toilette keinen Schutzraum mehr für Frauen und Mädchen biete.
"Vorgehensweise unverzüglich stoppen"
Die Forderung an die Stadt ist deutlich: "Dringender Nachbesserungsbedarf ist erforderlich; Toiletten am Viktualienmarkt müssen umgehend ausschließlich für Frauen wiederhergestellt werden."
Die Stadt München teilt auf Anfrage mit, dass sie an geschlechtergetrennten Toiletten zwar weiterhin festhalten werde, jedoch müssten zusätzliche Toiletten für alle Geschlechter geschaffen werden. "Hierfür eignen sich besonders Einzelplatztoiletten", heißt es weiter.
- Reporter vor Ort
- Eigene Recherche
- Anfrage an die Stadt München