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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Proteste gegen Circus Krone Demonstranten fordern Ende der Tiernummern – Direktor widerspricht
Während der Zirkusdirektor Martin Lacey seine Tiernummern als wissenschaftlich abgesichert preist, schallt draußen der Ruf nach Veränderung: "Kein Applaus für Tierquälerei".
Unter dem Motto "Tiere raus aus dem Zirkus" haben mehrere Hundert Menschen am Samstag vor dem Münchner Circus Krone demonstriert. Dem weltgrößten Zirkus werfen sie vor, Wildtiere zu Unterhaltungszwecken auszubeuten. Dagegen betont Circus-Krone-Dompteur Martin Lacey: "Unseren Tieren geht es sehr gut."
Über 300 Menschen domonstrieren für einen tierfreien Zirkus
Eine Stunde vor Showbeginn trottet ein Elefant die Marsstraße hinab auf den Krone-Bau zu. Von dort dudelt fröhliche Zirkusmusik aus den Lautsprechern, und doch macht das Tier einen traurigen Eindruck – was auch an der Eisenkugel liegen mag, die es wie ein Gefangener an einer Kette mit sich schleppt.
Wobei: Jene Sträflingskugel ist in Wahrheit gar nicht aus Metall, sondern aus Plastik. Und das Handgelenk, an dem sie baumelt, gehört auch keinem echten Elefanten, sondern einer blonden Frau, die an diesem Nachmittag ein Plüschkostüm übergestreift hat, dessen Rüssel ihr ins Gesicht baumelt. Derart verkleidet hat sie sich gemeinsam mit gut 300 Menschen am Stachus getroffen, um dort für einen tierfreien Zirkus zu demonstrieren.
"Ausbeutung von Tieren zu Unterhaltungszwecken"
"Wir fordern, dass in der anstehenden Novellierung des Tierschutzgesetzes Tiere in Zirkussen prinzipiell verboten werden", sagt Melanie Demir, die nur wenige Schritte neben der Frau im Elefantenkostüm steht. Demir ist Geschäftsführerin der Tierrechtsorganisation Animal United, die zusammen mit Mitstreiterinnen wie Peta Deutschland und dem Tierschutzverein München zu der Demonstration aufgerufen hat. "Die Ausbeutung von Tieren zu Unterhaltungszwecken muss ein Ende haben", fordert Melanie Demir. "Wir sind pro Zirkus – aber ohne Tiere."
Mit Aberdutzenden Plakaten ausgestattet sind die Protestierenden vom Stachus in die Marsstraße gezogen, wo sie nun vis-à-vis des Krone-Baus skandieren: "Tiere raus aus der Manege." Und: "Kein Applaus für Tierquälerei." Adressat dieser Botschaften ist der Circus Krone, vor dessen Eingang bereits die ersten Besucherinnen und Besucher der Nachmittagsvorstellung warten.
München: Das fordern Demonstrierende vom Circus Krone
Seit Carl Krone den Zirkus 1905 aus der Taufe gehoben hat, sind Wildtiere dort fester Bestandteil des Programms. Aktuell verfügt der nach eigenen Angaben weltgrößte Tournee-Zirkus unter anderem über Pferde und Ponys, Lamas und Kamele sowie Tiger und Löwen. "Der Circus Krone hat ein fantastisches Programm – nur die Tiernummern sind schlecht", sagt Melanie Demir. Diese könnte der Zirkus problemlos weglassen, findet die Aktivistin und verweist beispielhaft auf den Circus Roncalli, der seit einigen Jahren auf Tiere in der Manage verzichtet.
Zwar räumt Melanie Demir ein, dass es Ponys, Löwen und Co. im Circus Krone sicher besser gehe als in anderen Zirkussen. Und doch habe man sich bewusst entschieden, den Demonstrationszug hierher zu führen. "Weil der Circus Krone auch eine Vorbildfunktion hat", sagt Melanie Demir. "Und weil er durch seine Größe die Möglichkeit hätte, sein Programm umzustellen und auf Tiere zu verzichten."
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"Falsch informiert" – Dompteur kommt zu Wort
Von diesem Vorschlag hält Martin Lacey freilich wenig. Der englische Dompteur, der den Circus Krone zusammen mit seiner Ehefrau Jana Mandana Lacey-Krone leitet, ist vor wenigen Minuten vor den Krone-Bau getreten und blickt nun hinüber zu den Demonstrierenden – leise den Kopf schüttelnd. Was ihm durch den Kopf geht? "Falsch informiert", sagt der Zirkusdirektor. "Und falsche Adresse." Denn natürlich gebe es schwarze Schafe in der Zirkusbranche, sagt Martin Lacey. Doch mit Blick auf den Circus Krone gibt er sich überzeugt: "Unseren Tieren geht es sehr gut, und das ist wissenschaftlich bewiesen."
Auf seiner Webseite unterstreicht der Circus Krone, dass er aus Überzeugung bei der Tierhaltung sogar noch über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehe. Man habe ein professionelles Team aus Tierärzten, Tierlehrern und Tierpflegern. Und sämtliche Dressuren, die in den Shows zu sehen seien, "basieren auf den natürlichen Verhaltensweisen und Bewegungsabläufen der Tiere".
Cirkus Krone in München: Gewaltvoller Umgang mit Tieren?
Das sehen die Protestierenden anders. "Ein Leben im Zirkus geht für die Tiere immer mit immensem Stress und Leid einher", heißt es in einer Mitteilung von Animals United. "Zu den artwidrigen Lebensbedingungen hinzu kommt auch der oft gewaltvolle Umgang mit den Tieren." Laut dem Verband deutscher Circusunternehmen gibt es bundesweit circa 300 Zirkusse, von denen 40 bis 50 mit Wildtieren arbeiten. Dies ist möglich, da es hierzulande kein gesetzliches Verbot gibt – anders als in den meisten europäischen Ländern.
Fast eine Stunde lang stehen die von zahllosen Polizeibeamten begleiteten Demonstrierenden in der Marsstraße, lauschen Reden, rufen Sprechchöre und schwenken Plakate, ehe sie wieder zurück zum Stachus ziehen. Derweil hat drinnen im Krone-Bau bereits die Vorstellung des aktuellen Winterprogramms namens "Farbenspiel" begonnen. Mit Clowns, Trampolinartisten und einer LED-Show – aber auch mit Seelöwen, Pferden und Löwen.
- Reporter vor Ort