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München

Zweite Stammstrecke: Markus Söder verteidigt sich im Untersuchungsausschuss


Stammstrecken-Desaster
Markus Söder verteidigt sich im Untersuchungsausschuss

Von dpa
Aktualisiert am 15.06.2023Lesedauer: 3 Min.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU)Vergrößern des Bildes
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sitzt im Plenarsaal des Landtags. (Quelle: Sven Hoppe/dpa/Archivbild/dpa)
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Markus Söder informierte die Öffentlichkeit spät über die Kostenexplosion beim Bau der Zweiten Stammstrecke. Ein Aktenvermerk macht ihm jetzt offenbar zu schaffen.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat alle Vorwürfe zurückgewiesen, sich beim Debakel beim Bau der zweiten Münchner S-Bahn-Stammstrecke zu spät eingeschaltet sowie Landtag und Öffentlichkeit zu spät über Kostenexplosion und Verzögerungen informiert zu haben.

Es habe seit dem Jahr 2020 zwar "immer wieder mal Indizien" gegeben, dass das Milliardenprojekt teurer werden und länger dauern würde, sagte der CSU-Chef am Donnerstag im Stammstrecken-Untersuchungsausschuss. Die Deutsche Bahn habe aber keine validen Zahlen geliefert. "Sorge war da, aber die Zahlen gab es nicht."

Ohne diese Zahlen der Bahn habe es schlicht keine Basis für Entscheidungen gegeben, betonte Söder. "Der Freistaat plant nicht, der Freistaat baut nicht, der Freistaat zahlt nur. Entscheiden tut die Bahn."

Kabinett bekam 2020 bereits Kenntnis zu Preisexplosion

Tatsächlich hatte das bayerische Kabinett seit September 2020 Kenntnis von milliardenschweren Kostensteigerungen und einer um Jahre verzögerten Inbetriebnahme der zweiten zentralen S-Bahn-Strecke durch die Münchner Innenstadt. Die Zahlen, die Fachleute der Bahn damals in einem internen Fachgespräch genannt hatten, wurden aber kurz danach vom zuständigen Bahn-Vorstand Ronald Pofalla lediglich als "Diskussionsgrundlage" bezeichnet.

Deswegen sei man damit nicht an die Öffentlichkeit gegangen und habe weiter auf die versprochenen Daten gewartet, sagte Söder und resümierte: "Ich finde, wir haben das echt zeitnah und seriös entschieden, auch im Rückblick."

Hat Staatsregierung die Öffentlichkeit zu spät informiert?

Die Opposition wirft dem Ministerpräsidenten vor, er habe das Thema aus dem Bundestagswahlkampf 2021 heraushalten wollen. Auch, um etwaige eigene Kanzlerambitionen nicht zu gefährden. Genährt werden die Vorwürfe unter anderem von einem Aktenvermerk eines Mitarbeiters der Staatskanzlei vom 23. Dezember 2020, in dem es heißt, die "derzeitige politische Linie" sehe eine "dilatorische Behandlung" bis nach der Bundestagswahl vor. "Dilatorisch" bedeutet "aufschiebend" oder "verzögernd".

Söder betonte, er habe keine Erinnerung an einen solchen Vermerk. Auf Nachfrage des Ausschussvorsitzenden Bernhard Pohl (Freie Wähler), ob er selbst diese Linie angeordnet habe, reagierte Söder empört: "Wie kommen Sie auf so was?"

Auch einen Zusammenhang mit seinen wenige Monate später bekannt gewordenen Kanzlerambitionen wies Söder zurück: "So eine These ist Quatsch." Trotz der Warnung des Vorsitzenden – "Vorsicht, Sie sind im Zeugenstand!" - betonte Söder: "Zum damaligen Zeitpunkt habe ich mir nicht einmal persönlich vorstellen können, dass ich gefragt würde, ob ich Kanzlerkandidat werden könnte."

"Die Bahn ist schlechte Presse gewohnt"

Immer wieder verteidigte der beständig Breze, Weintrauben und Gummibärchen kauende Söder die Linie der Staatsregierung, auf die Vorlage valider Daten zu warten. "So lange nicht 100 Prozent der Fakten da sind, macht es auch keinen Sinn, zu spekulieren", sagte Söder. Auch öffentlich "auf die Kacke" zu hauen, hätte "0,0 Prozent" gebracht. "Die Bahn ist schlechte Presse gewohnt, hat nie eine gute gehabt, also schockt sie es nicht." Kooperation sei erfolgreicher als Konfrontation.

Außerdem habe die Zuständigkeit nicht bei ihm und der Staatskanzlei, sondern im zuständigen Verkehrsministerium gelegen, betonte Söder. Die damalige Fachministerin Kerstin Schreyer (CSU) hatte im Ausschuss beklagt, sie habe lange auf ein Spitzengespräch mit der Bahn auf Einladung Söders gedrängt, sei aber von diesem hingehalten worden. Es sei immer klar gewesen, dass es ein solches Treffen erst dann geben werde, wenn die Zahlen da seien, begründete Söder nun sein Verhalten.

Opposition kritisiert Ministerpräsident Söder stark

"Es zeichnet sich deutlich ab, dass er den Aufklärungsdrang der Verkehrsministerin Schreyer ausgebremst hat und die Information der Öffentlichkeit erst dann zugelassen hat, als es für ihn ein weniger ungünstiger Zeitpunkt war – nämlich im ersten Halbjahr 2022, nach der Bundestagswahl und deutlich vor der Landtagswahl", kommentierte der Grünen-Abgeordnete Markus Büchler.

"Markus Söder hat seine eigene Karriereplanung vor das Wohl und die Interessen der Pendlerinnen und Pendler hier in München und der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Bayern gestellt", sekundierte der FDP-Abgeordnete Sebastian Körber. "Er hatte die Information, aber er hat das liegengelassen, hat nicht gehandelt." Und an jedem Tag, an dem nichts geschehe, würden die Kosten steigen.

Im vergangenen Jahr war bekannt geworden, dass die zweite Münchner S-Bahn-Stammstrecke statt 3,8 Milliarden mindestens 7,2 Milliarden Euro plus Teuerung kosten und sich die Inbetriebnahme von 2028 auf bis zu 2037 verschieben wird. Auch wenn ihn dies ebenfalls ärgere, finde er die Entwicklung an sich nicht überraschend, sagte Söder. "Hat jemand geglaubt, dass ein Bauprojekt dieser Dimension billiger und schneller werden könnte?" Deshalb sehe er in dem Ganzen auch keinen Skandal, sondern nur eine gewaltige Herausforderung.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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