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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Was sagt der Oktoberfest-Chef? Münchner wollen komplette Bio-Wiesn
Revolution auf dem Oktoberfest gefordert: Bis 2035 soll das Volksfest komplett auf Bio umgestellt werden, fordert eine Initiative. Der Wiesn-Chef hält davon nichts.
Sie war einer der Aufreger des vergangenen Oktoberfests: die Bio-Ente im Ammerzelt für 53 Euro. Die Rechnung aus dem Zelt, die eine Gruppe in den sozialen Medien teilte und die insgesamt fast 200 Euro für drei Bier, zwei Enten und Beilagen betrug, ging damals viral. Bio-Angebote gibt es indes auf dem Oktoberfest immer mehr. Die Münchner "Initiative Nachhaltigkeit" fordert nun, das Oktoberfest bis 2035 vollständig auf biologisch erzeugte Nahrungsmittel umzustellen.
Wie es in einer Mitteilung der Initiative zur Begründung heißt, sind "Tierleid, Artensterben und prekäre Arbeitsbedingungen etwa in der Fleischindustrie und im globalen Süden nicht zukunftsfähig". Deshalb müsste alles auf der Wiesn Verkaufte "für Umwelt, Mensch und Tier fair produziert und gehandelt" sein. Hintergrund ist das Vorhaben der Stadt, ebenfalls bis 2035 klimaneutral zu sein.
Bio-Bier und Bio-Hendl auf dem Oktoberfest in München
In den Forderungen heißt es etwa, "Fleisch aus industrieller Intensivtierhaltung ist abzuschaffen", um "zielführende Anreize für vegetarische und vegane Speisen", "strengere Kriterien bei der Auswahl der Lieferbetriebe", faire Arbeitsbedingungen "vom Acker bis zum Teller", aber auch faire Preise für die Wiesnbesucher zu schaffen. Das heißt freilich auch: Im Maßkrug gäbe es künftig nur noch Bio-Bier.
Beim Gedanken an solche Forderungen reagiert Oktoberfest-Chef Clemens Baumgärtner jedoch regelrecht empört. Der CSU-Politiker, der als Wirtschaftsreferent der Stadt München für das berühmteste Volksfest der Welt zuständig ist, hält nichts von den Forderungen, die Wiesn ökologischer zu machen oder noch stärker auf Bio zu setzen. "Das hat mit Volksfest nichts mehr zu tun", sagt er in einem Gespräch mit t-online.
Oktoberfest-Chef fürchtet "Luxus-Wiesn" in München
Auch er erinnert sich an die Bio-Ente aus dem Ammerzelt oder spricht von Bio-Hendl für 35 Euro. "Das können und wollen sich viele nicht leisten", sagt Baumgärtner. Ihn ärgert, dass die Initiative zwar einen Runden Tisch geplant hat, dabei aber nie mit ihm gesprochen habe. "Das zeigt, dass man nur in seiner Blase bleiben will", sagt Baumgärtner. "Um sich dann hinstellen zu können und zu sagen, man habe eine breite Unterstützung für Bio." Doch das stimme nicht.
"Wenn es so großes Interesse am Bio-Angebot gäbe, würden die Wirte das schon längst viel mehr anbieten", sagt Baumgärtner. Dabei stellt er klar: Angeboten würden Bio-Lebensmittel auf dem Oktoberfest schon an vielen Stellen. Nur der Versuch, alle Speisen und Getränke ohne Bio-Label von der Wiesn verbannen zu wollen, der ärgert ihn. Denn ein Volksfest sei nun mal für jedermann. Gäbe es nur Bio, würde die Wiesn zum Luxus.
- Münchner Initiative Nachhaltigkeit: "Nur mit der Ernährungswende schaffen wir Klimaneutralität – das Beispiel Oktoberfest"
- Gespräch mit Clemens Baumgärtner