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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Bad Wiessee will wieder auffallen CSU-Gemeinderat wird zum Pin-up-Boy
Ein Jodbad kriselt – und startet eine Werbekampagne. Dafür räkelt sich Partykönig und CSU-Gemeinderat Christoph von Preysing monatlich in der Badewanne.
Es fällt auf, das ist in dem verschlafenen Kurort zumindest gewiss. Auf Plakatwänden räkelt sich der offensichtlich verkaterte Champagner-König des Tegernseer Tals in einer von 14 Wannen des neuen Kurbetriebs. Eben jener Betrieb, der nun schon den dritten Geschäftsführer innnerhalb kürzester Zeit hat, weil er einfach nicht aus den Miesen von fast 700.000 Euro jährlich kommt. Hilmar Danzinger heißt er, und fällt gleich mit einer skurrilen Idee auf, die mit dem Champagner-König in der Badewanne.
Danzinger ist auch Geschäftsführer der Gemeinde. In dieser Funktion hat er ohnehin Einblick in das Zahlenwerk des Jodbads. Und weil es da nicht zum Besten steht, verfiel er zum Antritt als Bad-Chef einem Werbegag. Und die "öffentlichkeitswirksamste Person des Tegernseer Tals", so Danzinger, machte mit. Christoph von Preysing, CSU-Gemeinderat und Unternehmer, eilt der Ruf voraus, der unbestrittene Partykönig zu sein.
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Champagnerpartys am Tegernsee waren umstritten
Nicht nur seine Hummerpartys auf der umstrittenen Saurüsselalm sind legendär. Er führt auch "das schillerndste Bistro mit dem größten Champagner-Großflaschenumsatz des Landes und legendären Partyinszenierungen. Das polarisiert mancherorts", beschreibt ihn der "Feinschmecker-Podcast". Im Jodbad Bad Wiessee ist er nun zumindest mit nacktem Oberkörper auf Plakaten zu sehen, um Werbung zu machen.
Die Aktion mit dem Christsozialen in der Wanne sei bewusst gewählt, "um das Alter unserer Gäste im Jodbad etwas abzusenken", erklärt Danzinger auf t-online-Nachfrage. Die geschätzte Kernklientel wolle man damit nicht verprellen. "Aber wir wollen mit der Aktion bewusst auffallen und zeigen, dass eine Investition in die Gesundheit auch für ein Alter von 30 Jahren aufwärts lohnend sein kann".
Mit dem Begriff Detox, der sich mit "Entgiftung" übersetzen lässt, startete nun die Werbung an Neujahr. In anderen Plakaten wolle die Gemeinde nicht nur die Anwendungsweisen des Wassers verstärkt in den Vordergrund stellen, "sondern damit auch ein bisschen Spaß verbreiten".
Plakataktion am Tegernsee stößt auf geteiltes Echo
Preysing hätte Danzingers Idee, erzählt dieser, zugesprochen und das Shooting in zwölf verschiedenen Badewannen-Posen innerhalb von knapp zwei Stunden absolviert. Nachdem die Aktion über Plakatwände und Sozial-Media angelaufen ist, teilt sich das Feedback. "Mehrheitlich gut, teilweise verhalten", reflektiert Danzinger als Verantwortlicher.
"Wenn man etwas auffallen möchte, hat man eben nicht nur Fans", sagt er. "If you want to be everbody‘s darling, you are everbody‘s Depp", verfällt er in eine Mischung aus Englisch und Bayerisch, um auszudrücken: Man kann es nicht jedem recht machen. "Das ist uns auch bewusst. Unser Ziel aber ist es, aufzufallen".
Denn er stelle immer wieder fest, so Danzinger, dass die Zielgruppe selbst im Tegernseer Tal oft das Jodbad gar nicht kenne. Daher will er mit dem halbnackten Preysing den Bekanntheitsgrad erhöhen. "Ich bin übrigens auch der Überzeugung, dass Personen jeden Alters unsere Werbeaktion interessant und die Aktion lustig finden". Man wolle damit einfach nur "auffallen". Und Preysing inszeniert sich damit wieder einmal mehr als Marke. Diesmal nicht mit einer 6-Liter-Magnum-Champagner-Flasche auf Instagram.
- eigene Recherchen
- Gespräch mit Jodbad-Geschäftsführer Hilmar Danzinger
- Feinschmecker-Podcast: Ausgabe vom 28. Oktober 2021