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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Münchner Starkoch will in Revision gehen Jetzt kauft er sich Zeit – Schuhbecks letztes Aufbegehren
Der Starkoch Alfons Schuhbeck ist pleite und muss ins Gefängnis. Jetzt startet er einen letzten Versuch, sich Freiheit auf Zeit zu erkaufen. Ob er damit Erfolg hat?
Neuer Anwalt, neues Glück? Alfons Schuhbeck bleibt für Überraschungen gut. Der zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilte Promi-Koch hat am Freitag seine Anwälte entlassen. Nicht etwa, weil er das Urteil gegen ihn nun doch akzeptieren möchte. Im Gegenteil: Kurz vor knapp engagiert Schuhbeck einen neuen Anwalt. Ali B. Norouzi aus Berlin gilt als Experte für Revisionsverfahren.
Norouzi hat nun bis Mitternacht an diesem Freitag Zeit, Revision einzulegen und diese zu begründen. Laurent Lafleur, Sprecher des Landgerichts München, beschreibt Norouzi als "erfahrenen" Anwalt auf diesem Gebiet. Doch hat der Münchner Sternekoch überhaupt eine Chance vor Gericht?
Auch der Hamburger Rechtsanwalt Jesko Baumhöfener ist ein Spezialist für Revisionsverfahren. Er arbeitet in München unter anderem häufig mit Alexander Stevens zusammen – einer der prominentesten Anwälte Deutschlands. Im Gespräch mit t-online erklärt Baumhöfener, welche Möglichkeiten Schuhbeck mit einem Revisionsantrag noch hat.
Könnte knapp werden: verfahrensrechtliche Verletzungen
Das Revisionsrecht kennt zwei "Stränge". Demnach kann Schuhbeck "verfahrensrechtliche" oder "sachlich-rechtliche" Verletzungen seines Urteils geltend machen. Bei der verfahrensrechtlichen Verletzung müsste Schuhbecks neuer Verteidiger auf Verfahrensfehler aufmerksam machen, die unmittelbar im Zusammenhang mit dem Urteil stehen.
"Die Erfolgsaussicht einer Revision ist im Allgemeinen sehr gering", erklärt der Baumhöfener. Ziel einer Revision sei die Aufhebung eines Urteils oder eine Neuverhandlung des Falls. "Aber nicht alle Verfahrensfehler haben Einfluss auf die Aufhebung eines Urteils", erklärt Baumhöfener. Die Frage dahinter: Ist der Verfahrensfehler so schwer, dass er sich am Ende aufs Urteilt auswirkt? Statistisch gesehen komme das selten vor.
Deshalb haben derartige Revisionsverfahren meistens wenig Erfolg, so Baumhöfener. Eine verfahrensrechtliche Verletzung muss zudem ausführlich begründet werden. Die Zeit dafür sei "knapp", so Baumhöfener – schließlich läuft die Begründungsfrist für die Revision um Mitternacht aus. Sollte Schuhbecks neuer Verteidiger die Akten und das Hauptverhandlungsprotokoll schon kennen, könnte er es aber schaffen.
Für sachlich-rechtliche Rügen bliebe Schuhbecks Anwalt mehr Zeit
So oder so wäre eine sachlich-rechtliche Rüge einfacher einzureichen. Denn das gehe per Onlineantrag und dauere nur wenige Minuten. In diesem Szenario bliebe Schuhbecks neuem Anwalt ein Monat, um eine ausführliche Begründung nachzureichen. Dabei gilt es, eine fehlerhafte Beweiswürdigung oder unverhältnismäßige Strafzumessung aufzuzeigen, erklärt Baumhöfener.
Wie die Revision vor dem Bundesgerichtshof ausgehen könnte? Baumhöfener betont, dass er den Fall Schuhbeck nicht kenne. Legt jemand Revision ein, gibt es mehrere Szenarien: Einen Freispruch, was extrem selten passiert, wie Baumhöfener betont. Möglich sei außerdem eine Neuverhandlung vor einer anderen Strafkammer. Das dritte Szenario hingegen ist eine Ablehnung des Revisionsantrags.
Hat Schuhbeck Grund zur Hoffnung?
Was also will Schuhbeck mit der Revision erreichen? Einen Freispruch dürfte der Promi-Koch sich wohl kaum erträumen. Und auch wenn sein neuer Anwalt Verfahrensfehler findet, heißt das noch nicht, dass das Urteil aufgehoben und neu verhandelt wird.
Was Schuhbeck gewinnt, selbst wenn sein Antrag auf Revision abgelehnt wird, ist Zeit. Zeit, in der Schuhbeck weiter nach Investoren suchen kann, um seine Steuerschuld zu begleichen. Denn ein Revisionsverfahren könnte Baumhöfener zufolge vier bis sechs Monate dauern. Käme es zu einer Neuverhandlung, würde der Sternekoch sogar rund neun Monate gewinnen.
Bei der Neuverhandlung könne das Urteil für Schuhbeck nicht höher als bisher ausfallen – also maximal drei Jahre und zwei Monate. Denn die Staatsanwaltschaft hat selbst keine Revision beantragt.
Urteil könnte im Falle einer Neuverhandlung milder ausfallen
Würde es tatsächlich zu einem neuen Prozess kommen und könnte Schuhbeck bis dahin seine Steuerschulden zurückzahlen, so müsste diese "Schadenswiedergutmachung" Berücksichtigungen finden, bestätigt Baumhöfener. Das heißt: Das Urteil dürfte dann niedriger ausfallen.
Voraussetzung dabei ist, dass Alfons Schuhbeck überhaupt die notwendigen 2,2 Millionen Euro besitzt, die er zuvor am Fiskus vorbeigeschleust hatte. Sonst würde ihm das erneute Verfahren nur eins verschaffen: Zeit vor dem Gefängnisaufenthalt.
- Gespräch mit Rechtsanwalt Josko Baumhöfener
- Gespräch mit Sprecher des Landgerichts München
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa