Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Sender setzt Alfons Schuhbeck ab Der BR hat sich völlig blamiert
Einen Tag nach dessen Geständnis setzt der BR Schuhbeck ab. Damit zieht der Sender die Notbremse – nachdem der Unfall lange passiert ist.
Es ist ein schmaler Grat zwischen Vorverurteilung und Nibelungentreue. Im Fall Alfons Schuhbeck hat sich der Bayerische Rundfunk dazu entschieden, einen ganz anderen Weg zu gehen: nämlich mit geschlossenen Augen und Ohren direkt ins offene Messer zu rennen.
Der 73-jährige Traunsteiner, Starkoch und eines der Aushängeschilder des BR, sollte am Sonntag mit einem neuen Format auf Sendung gehen. Schon zu Beginn der Woche mutete das merkwürdig an: Während Schuhbeck, gegen den im November 2021 Anklage wegen Steuerhinterziehung erhoben wurde, vor Gericht steht, sollten am Wochenende muntere Bilder von ihm aus der Küche über den Bildschirm flimmern. Mit seinem Geständnis am Mittwoch war dann klar: Eine neue Schuhbeck-Sendung ist schlicht indiskutabel.
Sendung mit Alfons Schuhbeck im BR wird abgesetzt
Das sah dann auch der BR so, hat die Sendung "Alfons und Ali – Genuss hoch drei" sowie neue Folgen von "Schuhbecks Küchenkabarett" aus dem Programm genommen. Jetzt könnte man sagen: Hinterher ist man immer schlauer. Und stimmt: Ob Schuhbeck womöglich immer noch – er wurde bereits 1994 einmal wegen eines Steuerdelikts verurteilt – ein Steuersünder ist, das entscheidet das Gericht, keine Redaktion.
Dennoch: Die Sendungen sind lange im Kasten, wurden noch nach Bekanntwerden von Schuhbecks Anklage produziert. Welches Argument kann so stark sein, mit Arbeiten an einer neuen Sendung nicht so lange zu warten, bis klar ist, ob Schuhbeck wirklich ein Straftäter ist – oder doch unschuldig? Denn bei jeder Ausgabe im öffentlich-rechtlichen Fernsehen und vor allem bei den Sendungen, die am Ende für die Katz sind, muss man immer daran denken, welch besondere Verantwortung die Sender haben.
So sehr der BR und andere ARD-Anstalten das Fernsehprogramm oft bereichern – das Geld, mit dem sie wirtschaften, kommt von den Bürgern. Deshalb müssen die Sender besonders bedacht damit umgehen. Neue Sendungen mit einem Mann, der mutmaßlich wegen schwerer Straftaten vor Gericht steht, ist das Gegenteil davon. Das Vertrauen, dass Schuhbeck seine Gage wert ist, hätte ein Gerichtsurteil erst neu bestätigen müssen.
Schuhbeck wird in München vielleicht zu Freiheitsstrafe verurteilt
Vertragsdetails will der Sender wenig überraschend nicht verraten. Ob und zu welchen Bedingungen es möglich gewesen wäre, aus dem Verhältnis auszusteigen, ist deshalb nicht bekannt. Doch gerade bei einem bereits zuvor verurteilten Steuersünder wie Schuhbeck ist es unendlich naiv, keine Hintertür für den Fall offen zu lassen, dass der Vertragspartner wieder ins Visier der Ermittler geraten sollte. Wir reden hier immerhin von einer drohenden Gefängnisstrafe: Es kann nicht sein, dass der Sender dafür keinen Ausweg hatte.
Und selbst wenn auch diese Tür versperrt gewesen wäre: Wie kommt man auf die Idee, zwei neue Sendungen genau dann starten zu lassen, während der Prozess gegen Schuhbeck läuft? Nach derart vielen rhetorischen Fragen sollte sich der Sender die Frage stellen: Kann er das wirklich nicht besser?
- Eigene Beobachtungen