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"Gefahr für Demokratie": 2317 Verfahren wegen Hate-Speech


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"Gefahr für Demokratie": 2317 Verfahren wegen Hate-Speech

Von dpa
11.03.2022Lesedauer: 2 Min.
Georg Eisenreich (CSU)Vergrößern des Bildes
Bayrischer Justizminister Georg Eisenreich (CSU). (Quelle: Tobias Hase/dpa/Archivbild/dpa)
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Hemmungsloser Judenhass, menschenverachtende, rassistische Posts, Fake-Anrufe von Adolf Hitler: Die bayerische Justiz hat im vergangenen Jahr 2317 neue Verfahren wegen Hass und Hetze im Internet eingeleitet. Das sind 41 Prozent mehr als 2020, wie Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) am Freitag in München sagte. Im Großteil der Verfahren (1881) sei der mutmaßliche Täter bekannt, in 436 Fällen richten sich die Verfahren gegen unbekannt.

347 der 2317 Taten waren nach Eisenreichs Angaben rassistisch motiviert, 46 islamfeindlich, 25 behindertenfeindlich und sechs christenfeindlich. In 86 Verfahren wurden die Opfer wegen ihrer sexuellen Orientierung oder sexuellen Identität angegriffen, in 218 Verfahren wurde eine antisemitische Tatmotivation festgestellt. 280 Mal wurden Frauen Opfer des virtuellen Hassens - Politikerinnen, Lehrerinnen, Youtuberinnen oder Moderatorinnen. In 83 Fällen ging es konkret um frauenfeindliche Hate Speech. Die Motivation hinter dem Hass bleibe in vielen Fällen aber unklar.

In 450 Verfahren wurde 2021 nach Angaben des Justizministeriums öffentliche Klage erhoben - darunter 112 Anklageerhebungen, 300 Anträge auf Erlass eines Strafbefehls sowie 38 Anträge im vereinfachten Jugendverfahren. Das bedeutet im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung von 84 Prozent.

In 332 Verfahren erging im vergangenen Jahr ein Urteil oder Strafbefehl, 269 davon sind bereits rechtskräftig. Bayerns Hate-Speech-Beauftragter Klaus-Dieter Hartleb schilderte den Fall eines 30-Jährigen, der in Whatsapp-Gruppen rassistische Sprüche teilte, das Bild eines "Holokauzes", eines Kauzes in Nazi-Uniform, und einen Screenshot eines angeblichen Anrufes von Adolf Hitler. Dafür gab es nach Angaben Hartlebs eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen.

Ein 15-Jähriger wurde zu 16 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt, nachdem er in einer Whatsapp-Gruppe das Foto einer Aschewolke mit der Unterschrift "Jüdisches Familienfoto" geteilt hatte. Dieser, den Holocaust verherrlichende Post sei "an Menschenverachtung nicht zu überbieten", betonte Hartleb. Wie viele derartige, antisemitische Posts in Schülerchats kursierten, sei erschreckend.

Eine Frau wurde wegen öffentlicher Aufforderung zu einer Straftat zu 60 Tagessätzen, also zwei Netto-Monatsgehältern, verurteilt, weil sie ein Foto des Virologen Christian Drosten und des damaligen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) mit dem Kommentar versehen hatte, eine Kugel sei für die beiden zu schade - "rein in den Sack und mit einem Knüppel drauf".

Hate-Speech im Netz hat nach Angaben Eisenreichs "ein erschreckendes Ausmaß" angenommen. "Es hat sich eine echte Gefahr für die Demokratie entwickelt", sagte er. Die Corona-Pandemie habe diese Entwicklung noch verschärft. "Es geht nicht um ein paar hämische Bemerkungen oder Sprechblasen", sagte der Münchner Generalstaatsanwalt Reinhard Röttle. "Hate-Speech ist gefährlich, Hate-Speech schürt Angst."

Besonders Kommunalpolitiker geraten ins Visier. Das sei eine Gefahr für die Demokratie. Dass bei Razzien in den Häusern mutmaßlicher Täter auch Waffen, Schlagringe oder Nazi-Devotionalien gefunden wurden, sieht Hartleb als Beleg dafür, dass aus Hass im Netz Gewalt in der analogen Welt werden kann.

Eisenreich hatte mit Hartleb am 1. Januar 2020 Deutschlands ersten Hate-Speech-Beauftragten ernannt. Außerdem wurden in allen 22 bayerischen Staatsanwaltschaften Sonderdezernate für die Bekämpfung von Hassposts im Netz eingerichtet. "Wer die Meinungsfreiheit und die Demokratie schützen will, muss Hass im Netz konsequent bekämpfen", betonte Eisenreich.

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