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München

München: Ältestes Foto Deutschlands – was es zeigt, ist überraschend


Im Deutschen Museum
Ältestes Foto Deutschlands zeigt die Frauenkirche

Von t-online, gug

Aktualisiert am 28.05.2024Lesedauer: 3 Min.
urn:newsml:dpa.com:20090101:240528-911-008849Vergrößern des Bildes
Nur vier mal vier Zentimeter groß: Dieses Foto aus dem März 1837 schlummerte in den Archiven des Deutschen Museums und zeigt die Frauenkirche. (Quelle: Sven Hoppe)

Als Geburtsjahr der Fotografie gilt das Jahr 1839. Nun aber ist in München ein Foto aufgetaucht, das einen neuen Blick auf die Anfänge zumindest in Deutschland gibt.

Die Geschichte der Fotografie muss um ein entscheidendes Kapitel erweitert werden: Das erste Foto Deutschlands ist zwei Jahre älter als bisher angenommen. Nach Forschungen des Deutschen Museums stammt es aus dem Jahr 1837 und zeigt die Münchner Frauenkirche. Das Museum spricht von einer kleinen Sensation. Das nur vier mal vier Zentimeter große Foto des Mineralogen Franz von Kobell schlummerte in den Archiven, bis die Wissenschaftlerin Cornelia Kemp es bei Recherchen für ihr Buch "Licht – Bild – Experiment" entdeckte.

Bisher sei man davon ausgegangen, dass die ersten Fotos Deutschlands aus dem Jahr 1839 stammen – aus demselben Jahr, in dem Louis Daguerre seine Erfindung in Paris mit großer Öffentlichkeitswirkung bekannt machte, erläuterte das Museum. Nun ist klar: Die erste Fotografie Deutschlands – ein Salzpapier-Negativ – entstand im März 1837. Kobell hatte sein Werk handschriftlich auf der Rückseite mit Monat und Jahreszahl versehen. "Es ist das älteste deutsche Foto, das ist eindeutig", sagte Kemp am Dienstag.

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Fast schemenhaft hebt sich die Münchner Frauenkirche ab

Die Frauenkirche hebt sich darauf fast schemenhaft hell gegen den dunklen Himmel ab: Damals gab es keine Positive. Das Salzpapier, auf das Kobell seine Bilder bannte, war zu dick, um Abzüge davon herzustellen. Zudem ist das Foto seitenverkehrt. Um welche Uhrzeit es aufgenommen wurde, bleibt offen, die Zeiger der Turmuhren sind nicht zu erkennen. Die Belichtung habe sich über mehrere Stunden hingezogen, berichtete Kemp.

Bisher galten die Bilder von Franz von Kobell und von dem Physiker Carl August von Steinheil von 1839 als die ersten Fotos in Deutschland. Anders als dem Franzosen Daguerre sei es den beiden um "eine rein experimentelle Beschäftigung" gegangen. "Kobell hat kein Wort über diese Aufnahmen verloren", sagte Kemp.

Thema beschäftigte schon Dutzende Wissenschaftler

Steinheil und Kobell hätten die Bayerische Akademie der Wissenschaften über ihre Versuche erst im Jahr 1839 informiert – als in Paris Daguerres Erfindung der Fotografie auf Metall als Daguerreotypie vorgestellt wurde. Zudem berichtete der Engländer Henry Fox Talbot von seiner Entwicklung der Fotografie auf Papier, der Kalotypie.

Das Thema beschäftigte damals Dutzende Wissenschaftler und Forscher. Die Entwicklung der Fotografie zog sich über Jahre. Es gebe Lichtbilder, die noch früher entstanden seien. "Eine Aufnahme von einem Fenster in seinem Wohnsitz in Lacock Abbey hat Talbot bereits 1835 datiert und im gleichen Jahr erschien auch ein erster Pressebericht über Aufnahmen von Daguerre", sagte Kemp. Die älteste erhaltene Kamerafotografie von Nicéphore Niépce stamme von 1826.

Mit welcher Kamera die Aufnahme gemacht wurde, ist unbekannt

Neben den Türmen der Frauenkirche lichtete Kobell 1837 unter anderem das Bazargebäude am Odeonsplatz mit dem Café Tambosi ab. 1839 folgten Aufnahmen von der Glyptothek und von Schloss Nymphenburg. Unbekannt ist, mit welcher Kamera er die Aufnahmen fertigte.

Dass 1839 als Geburtsjahr der Fotografie gilt, erklärt Kemp mit dem geschäftstüchtigen Vorgehen des Franzosen Daguerre. "Daguerre war ein sehr schlauer Geschäftsmann. Er hatte seinen Schwager Alphonse Giroux damit beauftragt, Kameras zu bauen und sorgte dafür, dass es auch eine Gebrauchsanweisung für seine Art der Fotografie gab. Ab dem Moment, in dem die Erfindung in der Akademie der Wissenschaften in Paris bekanntgegeben war, konnten die Leute daher in den Laden gehen und eine Kamera und alles übrige Equipment kaufen."

Heute bekannt als Autor des "Brandner Kaspar"

Steinheil und Kobell hingegen hätten sich wieder anderen Themen zugewendet, als sie das Prinzip der Fotografie verstanden hatten. Kobell sei heute eher bekannt als Autor des "Brandner Kaspar", in dem ein Bayer dem Tod ein Schnippchen schlägt – und nicht als Vater der deutschen Fotografie. "Für Franz von Kobell aus der berühmten Malerfamilie der Kobells besaß die Fotografie offensichtlich künstlerisch keine Bedeutung", vermutete Kemp. "Er hat genau in dem Jahr angefangen zu dichten, als er mit der Fotografie aufgehört hat."

Seine Rolle bei der Entwicklung der deutschen Fotografie sei bisher unterschätzt worden, man habe die Hauptrolle Steinheil zugeschrieben. Die ersten Papieraufnahmen seien aber von Kobell allein gemacht worden. Dauerhaft ausgestellt werden kann seine älteste Fotografie Deutschlands aus konservatorischen Gründen allerdings nicht. Sie muss in einem Kühl-Depot aufbewahrt werden. Für die Öffentlichkeit wird sie deshalb im Original nicht zu sehen sein.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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