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Bergwacht in Bayern: Was die Einsätze mit den Rettern machen


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Wieder dramatische Einsätze in den Alpen
Bergwacht: Die Helden der Gipfel


06.07.2023Lesedauer: 4 Min.
Ein Retter der Bergwacht in Bayern hängt an einem Seil (Archivbild): Bei ihren Einsätzen erleben sie jährlich zwei bis fünf Todesfälle.Vergrößern des Bildes
Ein Retter der Bergwacht in Bayern hängt an einem Seil (Archivbild): Bei ihren Einsätzen erleben sie jährlich zwei bis fünf Todesfälle. (Quelle: Bergwacht Rottach)

Eine spektakuläre Rettung, ein dramatischer Tod: Wieder gibt es in den Bergen viel zu tun. Ein Bergwachtler aus dem Tegernseer Tal erzählt, was das mit den Helfern macht.

Felsen und Nebel – und nur ein Helikopter mit sechs Bergrettern darin konnte helfen: Am Dienstag war am Hochstaufen im Berchtesgadener Land ein Soldat auf einem Gebirgsmarsch bewusstlos zusammengebrochen. Rund 100 Höhenmeter unterhalb des Reichenhaller Hauses am felsigen Gipfel des über 1.700 Meter hohen Berges bei Bad Reichenhall lag er nun und konnte sich nicht mehr helfen, wie der Bayerische Rundfunk unter Berufung auf das Rote Kreuz berichtet.

Eine Lücke im Nebel konnten die Retter schließlich nutzen, um am Gipfel zu landen, zu dem Gebirgsjäger herabzusteigen, ihn zu versorgen und zu retten. Nach letzten Informationen befindet er sich in der Klinik in Bad Reichenhall, sein Zustand sei stabil. Nicht jeder Einsatz endet so. Keine Chance hatten die Retter etwa am Mittwoch, als ein Kletterer in der Höllentalklamm im Landkreis Garmisch-Partenkirchen 150 Meter in den Tod stürzte.

Bergwacht in Bayern half bei Unfall von Manuel Neuer

Das ganze Jahr sind die Bergretter in den bayerischen Alpen gefordert, auch im Winter sind Wanderer in der Höhe unterwegs – dann oft mit Schneeschuhen oder Ski, so wie Nationaltorhüter Manuel Neuer im Dezember. Dort brach er sich am Roßkopf oberhalb des Spitzingsees bei einem Sturz das Bein, fiel die restliche Bundesligasaison aus.

Hier, in den dicht bewaldeten Bergen rund um Schliersee und Tegernsee, ist das Einsatzgebiet von Alexander Stern. Immer dann, wenn der Notruf eingeht, sind er und seine ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen von der Bergwacht gefragt. Wie hoch die Belastung ist, in welchen Situationen es eng wird, und wie sehr das Privatleben hinten ansteht, erzählte er im Gespräch mit t-online.

Einige Einsätze gibt es, an die er sich erinnert. "Manchmal fragt man sich: 'Hätte das jetzt sein müssen?'", sagt er. "Die Umstände machen es tragisch. In Tirol hat sich kürzlich einer für ein Foto angelehnt. Der Fels ist dadurch weggebrochen und er ist abgestürzt, tödlich verunglückt", schildert Stern, der zur Bergwacht Rottach-Egern gehört.

Wolfsschlucht am Tegernsee: Tücken für Bergsteiger und Wanderer

Bei zwei bis fünf Fällen pro Jahr im eigenen Einsatzgebiet kämen er und sein Team zu spät. Doch man gewöhne sich "definitiv nicht" daran, dass mitunter Menschen sterben, die man gerne gerettet hätte. "Es steckt immer ein Schicksal dahinter, ob 25 Jahre jung oder 85 Jahre alt. Er oder sie hat Familie und Freunde, die trauern", erklärt Stern: "Es lässt einen nie kalt. Wir kämpfen um jedes Quäntchen Hoffnung, damit der Bergsteiger überlebt. Manchmal soll es nicht sein."

Besonders ein Einsatz ist Stern bis heute in Erinnerung geblieben: 2018 hatte sich ein junges Pärchen, Anfang 20, in der Wolfsschlucht am Tegernsee verstiegen. "Die haben wir in einem Großeinsatz mit dem Hubschrauber gesucht. Sie sind im steilsten Gelände mit allen Vieren an der Wand gelehnt", erzählte der Bergwachtler: "Das war eine Rettung in allerletzter Sekunde. In dem Gelände hätten sie keine Chance mehr gehabt und wären abgestürzt." Stern räumt mit dem Klischee auf, dass man im Einsatz wie im Tunnel sei. "Das wäre schlecht", sagt er. Aber: "Man ist ganz klar fokussiert." Wenn es richtig ernst wird, rufe man sein Wissen und Gelerntes ab.

Nicht nur in puncto körperlicher Belastung gehen die Retter bei solchen Einsätzen an ihre Grenzen. Sie müssen mental so klar sein, dass sie selbst in Stresssituationen psychologischen Beistand leisten können. "Wenn Familienmitglieder beim Unfall dabei sind, sehen die Angehörigen teils schwerste Verletzungen. Wir haben geschulte Bergretter, die sie betreuen, sollte etwas passieren", erzählte der 30-Jährige, der in Kreuth lebt. Das Ehrenamt der Bergwachtler aber kennt diesbezüglich keine Rücksicht.

Bergwachten Tegernsee und Schliersee: Immer im Einsatzmodus

Jeder habe mal "Stress auf der Arbeit oder daheim", seinen "Alltag zu bewältigen", sagte er: "Aber wenn der Funkmeldeempfänger klingelt, versetzen wir uns in den Einsatzmodus. Die Familie steht da auch mal hinten an. Die Partnerin oder der Partner müssen das mitmachen, sonst geht es nicht. Man braucht eine starke Partnerin an der Seite." Und es bedarf einer gesunden Selbsteinschätzung. Heißt: Auf den Berg geht nur mit, wer sich in dem Moment auch bereit für den Einsatz fühlt.

"Ansonsten gefährdet man Patienten und Kameraden", erklärt Stern t-online: "Jeder darf sagen, wenn wir ausrücken, dass sie oder er es sich auch mal nicht zutraut. Während des Einsatzes müssen wir funktionieren." Deshalb schaue man bei der Bergwacht aufeinander, stelle sich laut Stern Fragen wie: "Verändert sich meine Kameradin oder mein Kamerad nach dem Einsatz?"

Bergsport in Bayern: Ausgekugelte Schultern und verdrehte Knie

Handgelenksfrakturen, Ellenbogenverletzungen, ausgekugelte Schultern, verdrehte Knie, Kreislaufzusammenbrüche – rund 200 Einsätze waren es 2022 für die Bergwacht Rottach-Egern. Viele davon rund um das Skigebiet Spitzing, in dessen Umfeld sich Bayern-Star Neuer derart verletzt hat, dass er immer noch um seine Rückkehr auf den Platz kämpft. Stern hat auch deshalb noch einen Rat an alle Bergsportler, Skitourengeher und Wanderer. "Wenn es nicht geht, muss ich eine Alternative suchen oder einfach unverrichteter Dinge heimfahren."

Er und seine Kollegen müssen ja nicht unnötig gefordert werden in ihrem harten Job. Der gar nicht entlohnt wird? Der Freistaat Bayern verspricht seinen Bergrettern zwar Aufwandsentschädigungen, ihre Arbeitgeber bekommen Einsatzzeiten gutgeschrieben. Laut Stern sei der bürokratische Aufwand dafür aber so hoch, dass man als Bergwachtler meist darauf verzichte. In der Firma werde man sich mit den Chefs schon einig, "man kennt sich hier", sagte er. Und so gehen Stern und die anderen Retter wieder ehrenamtlich auf den Berg. Ein ums andere Mal.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Alexander Stern, Bergwacht Rottach
  • Bayerischer Rundfunk: Am Hochstaufen kollabiert: Bergwacht rettet Soldat
  • Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa
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