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Roger Waters darf in München aufftreten – trotz Antisemitismus-Vorwürfen


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Pink-Floyd-Gründer
München toleriert Auftritt von Roger Waters

Von Christof Paulus

Aktualisiert am 22.03.2023Lesedauer: 4 Min.
Pink-Floyd-Mitbegründer Roger Waters bei einer Rede in New York (Archivbild): Die Stadt München wird das Konzert des häufig kritisierten Musikers nun doch nicht verhindern.Vergrößern des Bildes
Pink-Floyd-Mitbegründer Roger Waters bei einer Rede in New York (Archivbild): Die Stadt München wird das Konzert des häufig kritisierten Musikers nun doch nicht verhindern. (Quelle: IMAGO / ZUMA Wire)
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Er unterstützt Russland und fällt immer wieder antisemitisch auf: Dennoch soll Roger Waters in München auftreten. Die Stadt hat offenbar keine Handhabe – aber Ärger.

Der Münchner Stadtrat wird anders als beabsichtigt das Konzert von Roger Waters in der Olympiahalle nicht verhindern. Statt dem Konzert einen Riegel vorzuschieben, beschloss das Gremium am Mittwoch, "sich klar gegen antisemitische und verschwörungsideologische Äußerungen von Roger Waters" zu positionieren. Eine schärfere Reaktion, etwa ein Verbot, sei aus rechtlichen Gründen nicht möglich gewesen.

Schon am Vormittag hatte Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) auf Nachfrage von t-online das Vorgehen bestätigt. Die Beschlussvorlage für den Stadtrat, in der Waters' Auftritt eigentlich ein Riegel vorgeschoben werden sollte, habe er entsprechend geändert, sagte er. Und das, obwohl es seiner persönlichen Meinung "zu 1.000 Prozent widerspricht". Für Waters fand er klare Worte.

Auftritt in der Münchner Olympiahalle: Probleme mit Roger Waters

Waters, Mitbegründer von Pink Floyd und aktuell mit seiner "This is not a drill"-Tour unterwegs, werden immer wieder massive Grenzüberschreitungen vorgeworfen. So unterstützt er die Boykottbewegung BDS, die von Kritikern als antisemitisch betrachtet wird. Außerdem trat er auf Einladung Russlands vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen auf und gab der Nato die Schuld am russischen Überfall in der Ukraine.

Aus diesem Grund hätte der Münchner Stadtrat am Mittwoch darüber abstimmen sollen, ob Waters in der Olympiahalle auftreten darf oder nicht. Doch nach einer Stellungnahme der Regierung von Oberbayern, die t-online vorliegt, wäre ein Verbot rechtlich nicht durchsetzbar. Es bestehe ein "öffentlich-rechtlicher Zulassungsverschaffungsanspruch, der einer entsprechenden Weisung entgegensteht", heißt es dort.

Eine Konzertabsage würde zudem das Grundrecht auf Meinungsfreiheit verletzen. In Frankfurt hingegen fand man einen Weg, das Konzert abzusagen: Stadt und Land einigten sich dort. Wirtschaftsreferent Baumgärtner hätte sich auch für München gewünscht, Waters keine Bühne zu bieten. "Offenbar nutzt er seine Konzerte auch, um seinen Antisemitismus loszuwerden", sagt Baumgärtner.

Historischer Hintergrund der Olympiahalle in München

Das störe ihn ohnehin, aber in München vor allem aus zwei Gründen: Immerhin fand 1972 das Attentat auf israelische Sportler während der Olympischen Spiele auf dem gleichen Gelände statt wie das nun geplante Konzert. Und außerdem verweist Baumgärtner darauf, dass die ukrainische Hauptstadt Kiew Partnerstadt Münchens ist. Waters, der den russischen Angriff auf die Ukraine verharmlost, solle sich einmal ansehen, wie die Menschen im Krieg sterben.

Kritisch äußerte sich nach der Entscheidung der Botschafter Israels in Deutschland, Ron Prosor, der in einem Tweet auf eine Zeile aus dem berühmten Pink-Floyd-Song "Another Brick in the Wall" anspielt. "Roger Waters glaubt 'We don't need no education', dabei hätte er Nachhilfe bitter nötig. Wer einen Davidstern auf ein Schwein malt & es erschießt, ist Antisemit", schrieb er auf Twitter. "Die Veranstalter sollten die Konzerte dieses Menschenfeindes absagen."

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, bezeichnete das Stattfinden des Konzerts als einen "Schlag ins Gesicht für die jüdische Gemeinschaft und für alle, die sich für ein respektvolles und tolerantes Zusammenleben einsetzen". Viele in der jüdischen Gemeinschaft fragten sich nun, "ob das Recht den Schutz für Antisemitismus höher gewichtet als den Schutz vor Antisemitismus". Sie forderte baldiges Handeln, damit Städte solche Auftritte verbieten können: "Hier muss sich schnell etwas tun, sonst steht uns das Problem bald erneut ins Haus."

Auch der bayerische Antisemitismusbeauftragte Ludwig Spaenle kritisierte Waters Auftritt in München und regte einen Boykott an. "Die konkrete Politik der israelischen Regierung darf man in einer Demokratie kritisieren", sagte der CSU-Landtagsabgeordnete. "Aber das Existenzrecht des Staates Israels ist nicht verhandelbar."

Waters hatte als Reaktion auf die Absage in Frankfurt juristische Schritte gegen mögliche Verbote angekündigt und sich auf die Meinungsfreiheit berufen. Zudem sei er nicht antisemitisch, teilte er über sein Management mit. "Meine allgemeinbekannten Ansichten beziehen sich ausschließlich auf die Politik und die Handlungen der israelischen Regierung und nicht auf die Menschen in Israel", sagte er demnach. "Antisemitismus ist abscheulich und rassistisch, und ich verurteile ihn ebenso vorbehaltlos, wie alle Formen von Rassismus."

Wie München in Zukunft Auftritte von Antisemiten verhindern will

Für die Zukunft will München besser gewappnet sein. Aktuell könne man derartige Auftritte in der Olympiahalle nur verhindern, indem man diese quasi frühzeitig vollbuche, erklärt Baumgärtner. In den freien Zeiträumen habe die Gesellschaft, die für die Olympiahalle zuständig ist, das Recht, die Halle mit Künstlern zu belegen, ohne dass die Stadt dort eingreifen könne.

Für den Termin mit Waters, der am 21. Mai geplant ist, soll die Olympiahalle nun auf Bitten der Stadt ein Zeichen "gegen Antisemitismus sowie für das Existenzrecht des Staates Israel und die Souveränität der Ukraine" setzen, wie es im Beschluss des Stadtrates heißt. Angedacht sind dazu ukrainische oder israelische Flaggen. Auch Vertragsstrafen oder ein Konzertabbruch steht im Raum, wenn Waters etwa antisemitische Äußerungen auf der Bühne tätigen sollte.

Ein Rechtsgutachten soll nun klären, wie künftig Auftritte von Künstlern mit "antisemitischen, verschwörungsmythischen oder Reichsbürgerbezügen", im Olympiapark zu verhindern seien. Es soll dargelegt werden, wie man Verträge mit Waters oder etwa Xavier Naidoo im Vorfeld verhindern kann.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Clemens Baumgärtner
  • Regierung von Oberbayern: Stellungnahme vom 21. März
  • Rolling Stone: "Roger Waters‘ Tourstart in Lissabon wird in den Medien abgefeiert"
  • Frankfurter Neue Presse: "Konzertverbot für Roger Waters erreicht neue Eskalationsstufe"
  • rnd.de: "Pink-Floyd-Gründer Roger Waters nennt Biden 'Kriegsverbrecher'"
  • Nachrichtenagentur dpa
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