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Oligarch Usmanow am Tegernsee: Schuldet er dem Staat eine halbe Milliarde Euro?


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Möglicher Wohnsitz am Tegernsee
Steuerfahnder schlagen erneut bei Oligarch Usmanow zu

Von Klaus Wiendl

Aktualisiert am 18.12.2022Lesedauer: 3 Min.
Der russische Milliardär Alischer Usmanow besitzt mehrere Immobilien am Tegernsee (Archivbilder): Er steht unter Sanktionen in der EU, seine Schwester nicht mehr.Vergrößern des Bildes
Der russische Milliardär Alischer Usmanow soll mehrere Immobilien am Tegernsee genutzt haben (Archivbilder): Er steht unter Sanktionen in der EU. (Quelle: pivat / Wolfgang Maria Weber / Imago Images)

Alischer Usmanow soll nicht nur Immobilien in Bayern genutzt haben, sondern auch Dauergast in einem Nobelhotel sein – dort schlugen nun Steuerfahnder auf.

Vier Immobilien in Rottach-Egern werden dem usbekisch-russischen Oligarchen Alischer Usmanow zugeschrieben. Doch die genügten ihm offenbar nicht. Viele Tage und Nächte verbrachte er auch im nahegelegenen Luxushotel "Überfahrt". "Ich mietete dort Zimmer wie andere Gäste auch", ließ der mehrfache Milliardär im August t-online ausrichten. Er habe sich im "einzigartigen Ort Rottach-Egern wie zu Hause gefühlt".

Dies könnte ihm nun zum Verhängnis werden. Denn Steuerfahnder forschten am Mittwochmorgen nach Belegen, so die "Süddeutsche Zeitung", wie lange Usmanow die Annehmlichkeiten des Hauses zu schätzen wusste. Sie interessiert vor allem die Frage, wie lange er am Tegernsee seinen Wohnsitz hatte. Wenn es pro Jahr mehr als 182 Tage waren, hätte Usmanow dies dem zuständigen Finanzamt Rosenheim anzeigen müssen, dem er dem Vernehmen nach 555 Millionen Euro an Einkommen- und Schenkungssteuer schulden soll.

Geldwäsche und Steuerhinterziehung

Denn Usmanow landete wegen seiner Nähe zu Putin auf der EU-Sanktionsliste. Seit dessen Überfall auf die Ukraine sind es etliche Delikte, die Usmanow von der Staatsanwaltschaft München II vorgehalten werden: Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz und die Sanktionsbestimmungen. Konkret soll es auch um 90 Geldwäscheverdachtsanzeigen von Banken gehen. Über sie soll Usmanow Zahlungen der ihm zuzurechnenden Offshore-Firmen in Steueroasen abgewickelt haben.

Eine dieser Banken war offensichtlich die Schweizer UBS. Anfang November durchsuchte ein Großaufgebot an Ermittlern des Bundeskriminalamtes und der Task-Force "Ukraine" die Bankfilialen in Frankfurt und München. Erst am 21. September hatten rund 250 Mitarbeiter verschiedener Strafverfolgungsbehörden seine Zweitwohnsitze am Tegernsee durchkämmt und dort Papiere und Wertgegenstände beschlagnahmt.

Dauergast im Luxushotel: Suiten und eigener Fahrstuhl

Und nun stand auch sein Lieblingshotel "Überfahrt" im Visier der Fahnder. Überliefert ist zumindest, dass Usmanow jahrelang ganze Suiten in der dritten Etage des Hotels als Dauergast angemietet hatte, mit eigenem Fahrstuhl in die Tiefgarage, wie die "SZ" unter Berufung auf Aussagen von Hotelmitarbeitern berichtet. Sollten für Usmanow allerdings ganzjährig Zimmer vorgehalten worden sein, wäre dies für die Fahnder ein Indiz dafür, dass er sich in Deutschland seit Jahren eingenistet hatte. Denn der schwerreiche Unternehmer ging dort ein und aus, unternahm Spaziergänge am Tegernsee und trank danach "ein Bier mit Freunden. Dinge eben, die ich liebe", so Usmanow im August zu t-online.

Mehr als ein Bier gab es offenbar bei seinen Feiern im Hotel: Viel Wodka und Champagner sei hier gereicht worden. Die Flaschen hätten stilecht vom Personal mit Säbeln geköpft werden müssen, erzählen Augenzeugen. Die Direktion gibt dazu keine Auskunft. Nach eigenen Angaben traf sich in dem Hotel Usmanow 2011 auch mit Russlands Ex-Präsident Michail Gorbatschow, der dort mit seiner Tochter Irina speiste. Sie besaß seinerzeit das nahe Hubertus-Schlößl, eine Villa mit vielen Türmchen.

Auf t-online-Anfrage konnte die Staatsanwaltschaft München II keine näheren Angaben zu Einzelheiten machen, da die Ermittlungen nicht abgeschlossen seien. "Allgemein gilt, dass die Strafverfolgungsbehörden verpflichtet sind, die geltenden Gesetze und die hierzu ergangene Rechtsprechung anzuwenden. Weiterhin sind die Strafverfolgungsbehörden verpflichtet, bei der Aufklärung des Sachverhaltes sowohl belastenden als auch entlastenden Hinweisen nachzugehen", so die Oberstaatsanwältin.

"Fühle mich in Rottach-Egern wie in Usbekistan"

Rottach-Egern hatte Usmanow 2008 erstmals nach einer Augenoperation in München besucht. Ab 2011 ließ er angeblich über die britische Steueroase Isle of Man von Vertrauten eine Villa nach der anderen am Tegernsee aussuchen – mit einem geschätzten Gesamtwert von 50 Millionen Euro. "Der Zauber dieses einzigartigen Ortes Rottach-Egern ist, dass ich mich wie in Usbekistan gefühlt habe", hatte Usmanow t-online über den Tegernsee-Ort gesagt. Mit den Gipfeln seiner Heimat könne der Wallberg zwar nicht mithalten, aber "ich habe es geliebt, den Drachenfliegern dort oben beim Start zuzusehen – ich war fasziniert".

Der Oligarch soll sich vielfach über Wochen mit Sicherheitsleuten und einem Tross von bis zu 30 Mitarbeitern am Tegernsee aufgehalten haben. Aus der "Überfahrt" ließ sich Usmanow auch das Essen mit eigenem Fuhrpark liefern. Der Komfort nahm abrupt ein Ende, als Putin am 24. Februar die Ukraine überfiel. Der Milliardär packte seine Koffer und verschwand vier Tage später aus Rottach-Egern. Seither sind die vier Villen verwaist und das Hotel "Überfahrt" hat einen Milliardär als Dauergast weniger.

Verwendete Quellen
  • Anfrage an die Staatsanwaltschaft München II
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