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München

Überall Warteschlangen und Orga-Chaos bei der NFL in München


Die NFL-Weltpremiere in München
Ein Spiel, 1.000 Warteschlangen

MeinungVon Christof Paulus

Aktualisiert am 14.11.2022Lesedauer: 4 Min.
Warteschlange vor der Allianz Arena am NFL-Spieltag in München: Als Belohnung für mehrere Minuten Geduld erhalten Fans hier die austauschbare Möglichkeit, ein Bild vor dem Stadion zu machen – zwar ohne echten Sinn, dafür mit einem Rahmen.Vergrößern des Bildes
Warteschlange vor der Allianz Arena am NFL-Spieltag in München: Als Belohnung für mehrere Minuten Geduld erhalten Fans hier die Möglichkeit, ein Bild vor dem Stadion zu machen – zwar ohne echten Sinn, dafür mit einem Rahmen. (Quelle: Christof Paulus)
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Darauf hat die Welt gewartet, oder zumindest Deutschland: Die NFL feiert eine riesige Party in München. Aber vorher blamieren sich die Organisatoren auf die Knochen.

Die NFL in München war ein riesiges Experiment, das stattfand, ohne dass die Teilnehmer darum wussten. Die zweifellos bewiesene These: Footballfans haben zu viel Geld und zu viel Zeit. Es ist kurz nach elf Uhr auf der Esplanade vor der Allianz-Arena, die der FC Bayern hier vor fast 20 Jahren mitten ins Niemandsland gesetzt hat. Rund um die Arena ist es immer noch öde und leer, aber einigen Tausend Footballfans ist das egal. Sie haben beschlossen, am heutigen Sonntagmorgen hier an einem der ungastlichsten Orte der Stadt ihre Zeit totzuschlagen.

Um 15.30 Uhr soll das allererste NFL-Spiel auf europäischem Festland starten. Ein historisches Ereignis in München, in einem Stadion, in dem schon Fußball-WM-Spiele und ein Champions-League-Finale stattgefunden haben. Bei so viel Erfahrung muss man es eigentlich vorsätzlich versemmeln wollen, um die Organisation derart in den Sand zu setzen, wie Stadioneigner FC Bayern und Veranstalter NFL es hier getan haben.

NFL in München: Spektakel vor dem Spiel nur unfreiwillig

Eine kleine Entschuldigung für die Organisatoren vorab: Dass die Massen bereits über vier Stunden vor dem Spiel zum Stadion strömten, konnte man kaum erwarten. Was sie rund um die Arena tun wollten, hätte man aber ahnen können. Und sich wenigstens ein bisschen Mühe dabei geben können, die Gelddruckmaschine NFL in München auch für ihre Gäste zu einem schönen Erlebnis zu machen.

Was zur Gastfreundschaft dazugehört hätte: mehr als die drei Getränkestände für fast 70.000 Zuschauer rund ums Stadion aufzustellen, die Getränke dort für weniger als sieben Euro pro Spezi (inklusive Pfand) zu verkaufen und etwas mehr als Cola, Limo und Wasser anzubieten. Die Nerven, bei einer Sportveranstaltung in München rund ums Stadion kein Bier anzubieten, muss man erst einmal haben.

Oder am Einlass, der immerhin ob des großen Andrangs eine halbe Stunde früher öffnete als angekündigt, ein besseres Tempo vorzulegen, als etwa zwei Personen pro Minute ins Stadion zu lassen. Dafür hätte man bei der Körperkontrolle auf den Griff in den Schritt verzichten können. Aber vielleicht war das ja alles gewollt, um das Bild des Tages so präsent zu machen, wie irgendwie möglich: nämlich Menschen, die in Schlangen warten. Auf alles.

Was die NFL rund ums Spiel in München bietet: Nippes

15 Minuten für einen Kaffee etwa. Zehn Minuten, um ein Foto vor einer dekorierten Wand oder einem sinnlosen Rahmen vor dem Stadion zu machen. Eine gute Stunde, um in den Fanshop auf der Esplanade zu kommen. Und davor noch mal ein paar Minuten in der Warteschlange für die Warteschlange für den Fanshop. Man konnte den Eindruck bekommen, die NFL würde sich einen Spaß daraus machen, den deutschen Fans an diesem Tag eine lange Nase zu drehen.

Denn im Fanshop waren die begehrten Spielschals, eines der wenigen Utensilien, die es grundsätzlich nur hier als Souvenir und nicht im Netz zu kaufen gibt, schon über drei Stunden vor dem Spiel ausverkauft. Stolz hatte die NFL vor dem Spiel damit angegeben, drei Millionen Ticketanfragen für das Spiel gehabt zu haben. Um es dann am Spieltag nicht einmal auf die Kette zu kriegen, ausreichend Ressourcen für ein Hundertstel dieser Menge bereitzustellen. Wobei hier natürlich gilt: Manche Fans bekommen genau das, was sie verdienen.

Immerhin steht es jedem frei, sich nicht in eine der zig Warteschlangen zu stellen, seine Zeit in der Stadt zu genießen, statt in Kälte und Nebel draußen in Fröttmanning zu frieren und sein Geld in einen klischeehaften Schal zu investieren. Aber Footballfans in Deutschland sind ein bisschen speziell. Die Angst, irgendetwas verpassen zu können, etwas nicht gesehen, erlebt oder gekauft zu haben, ist überall so spürbar, dass die Leute auch in München alles mitnehmen, was man ihnen unter die Nase hält.

Deshalb nehmen erwachsene Männer an kleinen Football-Wettkämpfen vor dem Spiel teil, man kann um die Wette laufen, springen oder werfen – natürlich musste man sich dafür vorher anstellen. Im Stadion wird nicht nur Football geschaut, sondern vor allem gefeiert. Und Fans, die es mit keinem der beiden Kontrahenten Seattle oder Tampa Bay halten, gehen trotzdem in den Trikots völlig unbeteiligter Teams ins Stadion, Hauptsache dabei sein beim NFL-Spiel in München.

Wie US-Reporter das Football-Publikum in München feiern

Footballfans sind Eventfans (der Autor dieser Zeilen nimmt sich dabei übrigens nicht aus). Im Wissen darum war das Thema Organisation der NFL dann wohl egal. Bring den Boomsport nach Deutschland, es wird schon laufen – war wohl die Devise. Zu Recht.

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Einmal drin im Stadion, ist all der Ärger davor vergessen. Es ist angerichtet in der Allianz Arena, eine Stunde vorm Spiel ist das Stadion schon voll, beide Teams spielen zwar mittelmäßig, aber immerhin ist es spannend. Je näher es dem Ende zugeht, desto überragender wird die Stimmung, über den entscheidenden Spielzug kurz vor Schluss singen die Fans so überschwänglich "Country Roads" von John Denver, dass die US-Reporter von Bildern des Glücks sprechen, die um die Welt gehen. Offiziell ist es noch nicht, aber die Zeichen deuten darauf hin: 2023 dürfte die NFL zurückkommen nach München. Ein Jahr Zeit, um vieles zu lernen.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
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