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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Fernsehkoch gesteht weitere Taten Für Schuhbeck geht es nur noch um die Höhe
Alfons Schuhbeck droht das Gefängnis. Am dritten Prozesstag räumt er weitere Taten ein. Aber eine Hürde lässt er den Ermittlern noch.
Für einen Angeklagten gibt es die harten Fakten: Freispruch, 60 Tagessätze, fünf Jahre Gefängnis, zwei Jahre Bewährung, all diese Dinge, die ein Richter am Ende eines Prozesses aussprechen kann. Doch in so einer Gerichtsverhandlung geht es gerade für den Angeklagten noch um andere Dinge, besonders wenn er so prominent ist wie Alfons Schuhbeck. Was hält die Öffentlichkeit von ihm? Wie geht er mit den Vorwürfen um, mit denen er konfrontiert ist? Und wie hält er den Druck aus?
Bei Schuhbeck sieht es ganz danach aus: Er musste den Druck rauslassen. Stand und saß er am ersten Prozesstag noch meist schweigend bei seinen Anwälten, wirkt er eine gute Woche später viel gelöster. Am Ende der Mittagspause plaudert er, während des Prozesses bringt die Richterin ihn zum Lachen. Und das alles, nachdem Schuhbeck zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage ein Geständnis abgelegt hatte – und in der Luft liegt, dass er ins Gefängnis muss. Der Verteidigung geht es nur noch um die Höhe der Strafe.
Wann wird das Urteil gegen Alfons Schuhbeck erwartet?
Gleich zu Beginn des dritten Verhandlungstages erweitert er sein Geständnis vom Mittwoch, liest vor, dass er auch in den "Südtiroler Stuben" Rechnungen manipuliert und so Steuern hinterzogen habe, und dass er dafür allein verantwortlich sei. Ähnliches hatte er bereits am Mittwoch zu seinem Restaurant "Orlando" ausgesagt. Und so könnte der auf Wochen angesetzte Prozess plötzlich in nur wenigen Tagen vorbei sein.
Denn alle Parteien einigten sich am Freitag darauf, beim nächsten Termin am 27. Oktober noch zwei Zeugen zu hören – einen Mitarbeiter Schuhbecks und eine Finanzbeamte – um dann zu Plädoyers und Urteil zu kommen. Alle weiteren geladenen Zeugen sollen nicht mehr notwendig sein. Sollte sich dann bestätigen, dass Schuhbeck, wie in der Anklage formuliert, mehr als eine Million Euro Steuern hinterzogen hat, muss er beinahe sicher ins Gefängnis.
So fordert es jedenfalls ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs, das Bewährungen bei einer Steuerschuld von mehr als besagter Million ausschließt. Und wohl genau deshalb feilschen Schuhbeck und seine Vertreter nun genau um die Höhe der hinterzogenen Steuern – und damit wohl auch um die Höhe der Strafe.
Verteidigung will offenbar Alfons Schuhbecks Strafe niedrig halten
Denn in seinem zweiten Geständnis vom Freitag sagt Schuhbeck, dass die Summe, die die Anklage ihm vorwirft, nicht zutreffend sei. Sie liege niedriger. Wie viel niedriger, das könne er nicht beziffern. Aber er bittet das Gericht, sich die Zahlen noch einmal anzusehen. Und dass die Verteidigung dabei gerne helfen möchte, ist in jeder Wortmeldung und Nachfrage von Schuhbecks Anwälten zu hören.
Ein Baustein ihrer Argumentation: Nicht jede fehlende Rechnung müsse ein Fall von Steuerhinterziehung sein. So könne es auch zu Fehlern im Kassensystem kommen, wenn ein Kellner etwa eine Rechnung storniert oder splittet. Und sie versuchen, zu errechnen, wie hoch etwa der Anteil der nicht angegebenen Einnahmen im Durchschnitt in Schuhbecks Restaurants war. Damit könnten sich neue Schätzungen und Rückschlüsse darauf ergeben, wie viel Geld Schuhbeck tatsächlich hinterzogen hat.
Dass die Verteidigung, nachdem Schuhbeck am ersten Tag noch geschwiegen hatte, nun vor allem auf Schadensbegrenzung aus zu sein scheint, dürfte an der Aussage seines Mitangeklagten am ersten Prozesstag liegen. Der hatte ein vollumfängliches Geständnis abgelegt und Schuhbeck schwer belastet. Dass es schwer werden dürfte, die Aussagen des Mannes zu widerlegen, der früher für ihn arbeitete, war schnell klar.
Alfons Schuhbeck spricht von klammen Kassen in seinen Betrieben
Am dritten Prozesstag stützte er jedoch Schuhbecks Argumentation, lieferte ein Beispiel für einen möglichen Fehler im Kassensystem. Dazu hatte er einen Beleg mitgebracht, in dem eine fehlende Rechnungsnummer in exakt der gleichen Minute hätte aufgeführt sein sollen, wie zwei weitere. Dass ein Kellner jedoch drei Rechnungen innerhalb einer Minute abgearbeitet haben könnte, hielt er für ausgeschlossen. Seine Schlussfolgerung: Die fehlende Rechnung müsse ein Fehler im System sein, für eine nachträglich mithilfe einer Manipulation unterschlagene Rechnung könne die Nummer nicht stehen.
Was die Verteidigung klarstellte: Um das Gros der fehlenden Rechnungen gehe es ihnen nicht, diese seien wie von der Anklage dargestellt tatsächlich manipuliert worden. Allerdings treffe das nicht auf jede Rechnung zu – und somit sei auch die tatsächlich hinterzogene Summe niedriger als von der Anklage veranschlagt.
Warum Schuhbeck Geld am Fiskus vorbeischummelte, dazu gab er am Freitag ebenfalls einen klaren Einblick. In den Jahren, Anfang des vergangenen Jahrzehnts, um die es im Prozess geht, habe er das Geld dringend benötigt, um seine Ausgaben zahlen zu können. An den vergangenen beiden Prozesstagen bot er Publikum und Gericht einen tiefen Einblick in seine Geschäfte und Gedanken. "Die Vorstellung Gefängnis macht mir Angst", sagte er etwa. Von einer großen Last scheint er sich mit den Geständnissen jedoch befreit zu haben.
- Reporter vor Ort